Der Benchmark Stoxx 600 Banks befindet sich seit neun Wochen in Folge im Aufwind und ist mit einem Plus von 18 Prozent in diesem Jahr mit Abstand der beste Performer in Europa. Die Rally begann Ende 2020 und resultierte seither in einer Verdreifachung der Kurse.
Die Finanzinstitute haben die Gewinnsaison problemlos gemeistert und damit bewiesen, dass sinkende Zinsen ihrem Geschäft keinen Abbruch tun, während eine robuste Wirtschaft und grosse Aktienrückkaufprogramme die Dynamik verstärken. «Der europäische Bankensektor führt die Aktienmarktrally aus guten Gründen an», erklärte Roberto Scholtes, Strategiechef des Vermögensverwalters Singular Bank gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg.
Allerdings kämpfen einige Banken mit hohen Kosten, weshalb es in den letzten Wochen bei Barclays, Julius Bär, UBS oder UniCredit zu Gewinnmitnahmen kam. Anlegerinnen und Anleger griffen aber schnell wieder zu, weshalb sich die Kurse erholten. «Auf kumulativer Basis haben alle Banken beim Einkommen die Erwartungen übertroffen, 89 Prozent beim Gewinn vor Rückstellungen und 79 Prozent beim Gewinn vor Steuern», schrieben die Analysten der UBS in einer Kundennotiz. Die grösste Schweizer Bank bleibt weiterhin bei «Übergewichten». Bei besseren Erträgen sei es nicht überraschend, dass die Kosten höher ausfallen.
Die positive Stimmung unter Anlegerinnen und Anleger zeigt auch die Anfang dieser Woche veröffentlichte Umfrage unter Fondsmanagern der Bank of America. Zum ersten Mal seit Juli 2023 ist es die grösste Übergewichtung für Bankaktien in Europa, und der Sektor gilt immer noch als einer der am stärksten unterbewerteten. Allgemein wird erwartet, dass Finanzwerte in diesem Jahr zu den besten Performern gehören, wie die Umfrage zeigt.
JPMorgan traut europäischen Banken mehr zu
Die amerikanische Investmentbank JPMorgan erachtet die Bewertung des europäischen Bankensektors als relativ attraktiv und bevorzugt derzeit europäische gegenüber amerikanischen Banken. Die Finanzinstitute in Europa werden mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 8,1 gehandelt bei einem «Return on Tangible Equity» (Rote) von 14 Prozent im Jahr 2026. Der «Rote» ist eine Methode zur Ermittlung der Effizienz, mit der eine Bank allein durch den Einsatz ihrer Sachanlagen Gewinne erzielen kann.
Weiterhin macht JPMorgan ein Abwärtsrisiko für das Wachstum aus, zum Beispiel wegen der US-Handelspolitik. Zudem führt der Zinsausblick gegenüber dem erwarteten durchschnittlichen EZB-Zinssatzes von 175 Basispunkten ab 2026 dazu, dass JPMorgan Aktien ohne hohen Anteil an Zinserträgen bevorzugt. Daher konzentrieren sich die JPMorgan-Experten auf die Bottom-up-Aktienauswahl durch das Portfolio der Top-Picks europäischer Banken mit UBS, Deutsche Bank, Barclays, Intesa Sanpaolo und Natwest.
Weniger offensichtlich war jüngst das Thema der Schliessung der «Bewertungslücke», da die Anleger nach der nächsten Neubewertung Valoren mit einem niedrigen KGV suchten. Dazu gehört etwa Société Générale, die weiterhin die von der amerikanischen Grossbank bevorzugte französische Bank ist. «Zum jetzigen Zeitpunkt sind wir zufrieden damit, dass unsere europäischen IB-Engagements das Thema der ‹Neubewertung mit günstiger Bewertung› gegenüber dem breiteren europäischen Bankensektor sowie gegenüber US-Kollegen widerspiegeln», so die Experten von JPMorgan weiter.
Dann heisst es: «Wir hatten im Ausblick 2025 argumentiert, angesichts des günstigeren US-Zinsumfelds und der Deregulierungsagenda des neuen US-Präsident würden US-Grossbanken und amerikanische Investmentbanken kurzfristig eine bessere Performance erzielen. Wir gehen nun davon aus, dass diese Outperformance der US-Titel bald endet und wir bevorzugen derzeit europäische Banken gegenüber US-amerikanischen Pendants.»