Die russische Regierung hat signalisiert, dass sie jeden Verkaufsversuch von Bankhäusern, wie der Raiffeisen Bank International und der UniCredit, die ihre lokalen Einheiten an einen Käufer, der Gefahr läuft, sanktioniert zu werden, blockieren werden. Dies sagten mit der Angelegenheit vertraute Personen. Damit ist ein russischer Käufer praktisch ausgeschlossen, und angesichts des Widerstands westlicher Regierungen gegen den Einstieg eines externen Bieters wird ein Verkauf nahezu unmöglich.
Mubadala Investment, Abu Dhabis Staatsfonds, hat im vergangenen Jahr einen möglichen Kauf des russischen UniCredit-Geschäfts aufgegeben. Gemäss den mit der Angelegenheit vertrauten Personen,sei ein Einwand der US-Regierung der Grund dafür gewesen.
Raiffeisen und UniCredit suchen seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine vor über zwei Jahren nach einem Ausweg aus ihren Verstrickungen in Russland. Die beiden europäischen Banken gehören zu den grössten noch übriggebliebenen Finanzinstituten in Russland. Von der Regierung von Präsident Wladimir Putin werden sie als unverzichtbare Kanäle für Auslandszahlungen angesehen.
Unter dem Druck der Europäischen Zentralbank, ihren Abgang zu beschleunigen, hatten die Führungskräfte versucht, lokale Vermögenswerte zu verkaufen, das Risiko eines versehentlichen Verstosses gegen Sanktionen zu verringern und einen möglichen Imageschaden zu begrenzen. Aber Russland hat es internationalen Unternehmen zunehmend schwerer gemacht, das Land zu verlassen.
Aussichtslose Situation
Die Regierung hat eine Sonderkommission zur Genehmigung von Veräusserungen von Vermögenswerten eingerichtet. Gleichzeitig wurden Unternehmen verpflichtet, mit einem Abschlag zu verkaufen und eine zusätzliche Ausstiegssteuer zu entrichten. Letzte Woche beschloss die Regierung, diese Regeln weiter zu verschärfen, indem sie den Rabatt, den der Verkäufer akzeptieren muss, von 50 Prozent auf 60 Prozent anhob und die Ausstiegssteuer auf 35 Prozent mehr als verdoppelte. Geschäfte im Wert von mehr als 50 Milliarden Rubel (515 Millionen Dollar) müssen zudem von Putin selbst genehmigt werden.
Mit diesem Schritt will man verhindern, dass ausländische Vermögenswerte das Land verlassen, denn ein Verkauf würde einen zusätzlichen Kapitalabfluss bedeuten, so mit der Angelegenheit vertraute Personen.
Sowohl UniCredit als auch Raiffeisen haben zwar ihre Geschäftstätigkeit eingeschränkt, ermöglichen aber nach wie vor einige Zahlungen. Darunter fallen auch Transaktionen in Fremdwährungen, die von Sanktionen betroffen sind. Das macht sie zu wertvollen Finanzinstituten für Russland, das sich seit Juni in einer Krise des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs befindet.
UniCredit und Mubadala lehnten eine Stellungnahme ab. Die Regierung und die Bank von Russland reagierten nicht auf eine Anfrage. Ein Sprecher von Raiffeisen lehnte einen Kommentar ab und verwies auf die jüngsten Erklärungen der Bank, dass sie sich weiterhin um den Verkauf der Einheiten bemühe.
Ausschluss aus SWIFT
Citigroup sagt, dass sie fast alle ihre institutionellen Bankgeschäfte in Russland beendet hat. Das Unternehmen hat auch die Abwicklung ihrer lokalen Verbraucher- und Geschäftsbankgeschäfte weitgehend abgeschlossen, nachdem es ihr nicht gelungen war, diese Bereiche zu verkaufen. Das Unternehmen schätzt das Gesamtengagement in Russland zum Ende des dritten Quartals auf 9,1 Milliarden Dollar, wovon mehr als 80 Prozent auf «nicht übertragbare russische Unternehmensdividenden» entfallen, wie einer Investorenpräsentation entnommen werden kann.
Die russischen Behörden würden keinen Käufer - ob aus dem In- oder Ausland - genehmigen, der sanktioniert werden könnte. Dies würde die Zahlungskanäle abwürgen, womit nur die Gazprombank, das Zahlungen für Gasexporte abwickelt, als einzig grosses Finanzinstitut übrigbleiben. Die meisten grösseren russischen Kreditinstitute sind bereits von SWIFT, dem internationalen Zahlungsverkehrssystem, ausgeschlossen worden.
Die Androhung von Sanktionen gegen potenzielle Käufer ist real. Im Jahr 2022 verhängte die britische Regierung Strafmassnahmen gegen Wladimir Potanin, den milliardenschweren Bergbauunternehmer, nachdem er die Rosbank PJSC von der Societe Generale SA gekauft hatte. Der französische Kreditgeber hatte sich nach der Invasion von seinem Russlandgeschäft getrennt.
Ein potenzieller russischer Käufer lehnte es ab, das lokale Geschäft einer der beiden Banken in Erwägung zu ziehen, da er befürchtete, dass der Erwerb zu internationalen Sanktionen führen würde, so eine mit der Angelegenheit vertraute Person.
Mubadalas Versuch
Der 300 Milliarden Dollar schwere Staatsfonds von Abu Dhabi beschloss schliesslich, die Gespräche über den Kauf der russischen UniCredit-Einheit im Jahr 2023 abzubrechen. Das Risiko einer ablehnende Haltung der US-Aufsichtsbehörden war zu gross, so zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen.
Die russische Zentralbank habe jedoch Unterstützung für ein Geschäft signalisiert, sagten drei mit der Angelegenheit vertraute Personen.
Es ist jedoch sehr unwahrscheinlich, dass eine Vereinbarung zwischen Banken und Russen die Unterstützung des Westens findet. Und Vereinbarungen, die den westlichen Ländern gefallen - ein Verkauf an einen inländischen Käufer oder eine einfache Abwicklung - missfallen den Russen, so dass die Banken in der Mitte stecken bleiben.
In den vergangenen zwei Jahren hat Raiffeisen den Regulierungsbehörden mehrere potenzielle Käufer vorgeschlagen, wie eine mit den Verhandlungen vertraute Person berichtet. Einige von ihnen wurden vom Westen abgelehnt, während in einem anderen Fall der Käufer nicht die Zustimmung der Russen erhielt.
Die ausweglose Situation beim Verkauf hat Folgen für das Tagesgeschäft der Banken.
Die Kreditgeber sind zunehmend dem Risiko von Rechtsstreitigkeiten zwischen russischen und westlichen Unternehmen ausgesetzt. Im Mai fror ein russisches Gericht im Rahmen eines Rechtsstreits im Zusammenhang mit einem inzwischen genehmigten Erdgasprojekt mehr als 460 Millionen Euro der lokalen Vermögenswerte von UniCredit ein.
Zentraler Bestandteil der Wirtschaft
Die Einheiten der beiden Kreditgeber werden von Russland ebenso benötigt wie von europäischen Kunden, die noch immer mit dem Land Handel treiben - auch mit Rohstoffen - sagte eine der russischen Regierung nahestehende Person. Viele italienische Unternehmen sind nach wie vor in Russland tätig, und alle von ihnen tätigen ihre Zahlungen über UniCredit, sagte die Person.
Wie von der EZB gefordert, wird Raiffeisen sein Zahlungsverkehrsgeschäft in diesem Jahr deutlich einschränken und nur noch eine ausgewählte Gruppe von vorab genehmigten Kunden bedienen. Im Moment sind die Einheiten aufgrund der hohen Zinssätze in Russland hochprofitabel, die regulatorischen Einschränkungen bedeuten aber, dass die Gewinne nicht an die Muttergesellschaft übertragen werden können.
Wenn die derzeitige geopolitische Lage anhält, dürften die mit der Zeit entstandenen Verluste das Kapital aufzehren. UniCredit hat ausserdem Rückstellungen gebildet, um einen «extremen Verlust» abzudecken. In anderen Worten bedeutet dies die Verstaatlichung der russischen Einheit.
Der Vorstandsvorsitzende der UniCredit, Andrea Orcel, räumte im Mai ein, dass ein vollständiger Rückzug aus Russland schwer zu erreichen sein wird. «Wenn es eine Möglichkeit gäbe, unseren Rückzug weiter zu beschleunigen, würden wir das tun.»
(Bloomberg)
3 Kommentare
Dieses "wir können nicht gehen" ist eine faule und unaufrichtige Ausrede. Sie wollen nicht, weil sie noch hoffen, um einen Totalabschreiber herumzukommen. Mit anderen Worten: Sie kollaborieren lieber weiter mit Kriegsverbrechern als eine klare Linie zu ziehen und den Verlust zu akzeptieren. Dabei wussten sie alle, mit wem sie sich einlassen: Seit Putin an der Macht ist, gibt es kein Jahr, in dem Russland nicht irgendwo auf der Welt Krieg führt, kein Jahr, in dem die Bürgerrechte weiter eingeschränkt werden, in dem die Opposition weiter unterdrückt wird. Nennen wir es bei Namen: Wer in diesem Wissen mit solchen Diktaturen Geschäfte macht, unterstützt diese Diktaturen indirekt wissentlich. Und wer dann nicht den Schlussstrich ziehen kann, offenbar welch Geistes Kind er ist.
Hier die list of shame: https://som.yale.edu/stor…
Die Schweizer Firmen:
Business as usual: EMS Chemie, Liebherr, Zepter
Noch in Russland, keine neuen Investitionen, teilweise Teile des Geschäfts temporär ausgesetzt: Alcon, Barry Callebaut, HiPP, Nestlé, Novartis, Roche, SGS.
Es steht noch viele weitere Schweizer Unternehmen auf der Liste, die noch in Russland präsent sind, aber ihre Operations zurückgefahren oder ganz eingestellt haben, allerdings ohne sich zurückzuziehen. Swatch ist da zB auch darunter.
Bei den Pharmas kann ich's bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen, solange es sich um Produkte in einem Bereich handelt, die life critical sind. Und bei EMS habe ich nichts anderes erwartet.
The good guys (nicht mehr in und für Russland tätig, Liste nicht vollständig): ABB, Breitling, Coop, Geberit, GF, Holcim, Logitech, Oerlikon, Sulzer, Zurich.
Sollte man sich vielleicht als Aktionär bei der Titelauswahl auch im Kopf behalten - wer will schon Miteigentümer eines Unternehmens sein, das mit Kriegsverbrechern Geschäfte macht?
Seit spätestens Februar 2014 ist klar, dass eine weitere heisse Fortsetzungsfolge des am 28.9.1911 (Kriegserklärung Italiens für den Angriffs- und Eroberungskrieg gegen das formell zum osmanischen Grossreich gehörenden Tripolitanien [Libyen]) 3. Weltkrieges begonnen hat. Shell beispielsweise hat sich erst im März 2022 aus Russland zurückgezogen, BASF und die deutsche Autoindustrie investieren munter weitere -zig Milliardenbeträge in China ...
Sorry aber welche Kriege denn? Chechnien war eine interne Angelegenheit. Georgienkrieg falls man eine so kurze Auseinandersetzung überhaupt so bezeichnen kann, war mehr eine Intervention. Syrien beanstandete explizit die Intervention Russlands, was die UN Charta ausdrücklich erlaubt. Die Annexion der Krim verlief ohne blutvergissen und hatte geostrategisch eine so wichtige Rolle für Russland wegen Sevastopol. Der Ukrainekrieg ist der erste echte Krieg, dass Russland in diesem Jahrtausend effektiv angefangen hat. Zudem muss man sagen, dass die USA diesen Krieg nicht schon nach 2 Monaten beenden wollte auch aus rein geostrategischen Gründen... An diesem Krieg ist die USA genau so schuldig wie Russland. Sowohl am Beginn (2021 Juni warnte Putin Biden + 16. Februar begann die Ukr Armee bereits massivst die Gebiete zu bombardieren = definitive Provokation) wie mit dem weiteren Verlauf des Krieges (Istanbul + Maulkorb Selenskies für Verhandlungen). Aber natürlich ist es einfacher eine einzige Person für alle Probleme verantwortlich zu machen. Nur so, seit dem Vietnamkrieg befinden sich die USA ständig im Krieg oder verüben Coupe d'etats.
Plutos habe bereits oft Kommentare von Ihnen gelesen. Sie sind offensichtlich eine sehr clevere Person. Denke wenn Sie die Moral und Emotionen aus der Gleichung nehmen, fahren Sie, was Russland anbelangt, eine realpolitischere Schiene.