Die historisch starke Überperformance von europäischen Aktien gegenüber Aktien in den USA dürfte laut Morgan Stanley weitergehen. Neben besseren Gewinnaussichten und mehr Optimismus wegen des Wiederhochfahrens der Wirtschaft in China nennt die Bank auch eine Entspannung bei Konjunkturdaten als Grund. 

Beim MSCI Europe liegt der gleitende Durchschnitt über 100 Wochen - in Dollar gemessen - erstmals seit der Finanzkrise höher als beim US-Pendant. Der leitende Europa-Aktienstratege von Morgan Stanley, Graham Secker, nennt tiefere Gaspreise und eine widerstandsfähigere Wirtschaft als Treiber einer guten Performance an der Börse.

"In nächster Zeit wird die Geldpolitik straff und die Fiskalpolitik lockerer bleiben, womit Value-Aktien nicht mehr die zweite Geige nach den Wachstumstiteln spielen werden", schrieb Secker in einem Kommentar. "Dieser Hintergrund stellt für den europäischen Aktienmarkt einen grösseren Vorteil dar als dies in etwa dem vergangenen Jahrzehnt der Fall gewesen ist."

Der Stoxx Europe 600 - der auch viele Schweizer Blue-Chips und eine Reihe von Schweizer Mid-Caps enthält - hat seit Ende September in Dollar 30 Prozent Börsenwert gewonnen. Er übertrumpft damit den amerikanischen S&P 500, der 12 Prozent zugelegt hat. Dabei liegen die Bewertungen in Europa aber noch tiefer als in den USA. Vor dem Hintergrund dieser Daten sind auch Strategen der Wall-Street-Banken Citigroup und Goldman Sachs diesen Monat zu Europa-Aktien optimistisch geworden. 

Markt sieht Zinsen anders als Notenbank

Aus der Reihe bei den Europa-Aktienprognosen schert allerdings JPMorgan. Dort glaubt man, dass der Kursanstieg in Europa im Lauf des ersten Quartals zum Stillstand kommt, weil das Strategenteam um Mislav Matejak ein Risiko sieht, das besteht aus weiter straffenden Zentralbanken, volatiler Inflation und tiefer fallenden Unternehmensgewinnen. Auch bei der Bank of America warnte Stratege Sebastian Raedler kürzlich, dass die schwächeren Wachstumsaussichten voll in den Kursen enthalten seien. Dass unerwartet schwache Konjunkturdaten wie auch ein stärkerer Euro Gefahren darstellen, gesteht man auch bei den optimistischen Prognostikern von Morgan Stanley zu. 

Laut einer Bloomberg-Umfrage glauben Ökonomen, dass der Zins-Peak in Europa bei 3,25 Prozent schon im Mai erreicht sein wird. Im Juli dürfte gemäss dieser Prognose die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen wieder auf 3 Prozent senken. Hintergrund sind Annahmen, dass die Inflationsraten auf Höchstständen sind respektive, dass diese über die kommenden Monate sinken werden. 

Die EZB selbst geht hingegen von länger hoch bleibenden Zinsen aus. Ähnlich ist die Lage derzeit auch in den USA: Dort leitet sich aus den Finanzmarkt-Meinungen zusehends ab, dass die Zinsen der Fed im zweiten Halbjahr sinken werden. Die Fed selber betont ihrerseits, dass der Straffungskurs nicht zu Ende sei. 

(Bloomberg/cash)