Präsident Wladimir Putin kündigte am Mittwoch bei einer im Fernsehen übertragenen Kabinettssitzung an, die Zahlungsmethode für Lieferungen in "unfreundliche Staaten" umstellen zu wollen. Russland werde seinen vertraglichen Verpflichtungen bei Menge und Preisen natürlich nachkommen. Die Änderungen beträfen nur die Währung. Die genauen Details der Umsetzung würden die Regierung und Notenbank in Moskau innerhalb einer Woche klären. Der Energiekonzern Gazprom sei angehalten worden, die Verträge entsprechend zu ändern. Die Bundesregierung zeigte sich besorgt: "Die Ankündigung in Rubel zu bezahlen, ist erst einmal ein Bruch der Verträge", sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck. Der Gasverband "Zukunft Gas" sprach von einer großen Irritation.
Der österreichische Energiekonzern OMV will seine Zahlungen für russisches Gas vorerst nicht von Euro auf Rubel umstellen. "Ich dürfte so etwas gar nicht", sagte OMV-Chef Alfred Stern am Mittwoch dem TV-Sender Puls 24. Laut Vertrag seien die Rechnungen nämlich in Euro zu begleichen. Bislang sei die russische Seite noch nicht wegen dieser Angelegenheit auf die OMV zugekommen.
Russische Vermögenswerte im Ausland eingefroren
Wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine haben zahlreiche westliche Länder umfangreiche Sanktionen gegen Russland verhängt. Unter anderem wurden russische Vermögenswerte im Ausland eingefroren. Vor allem die EU ist aber stark abhängig von russischen Öl- und Gaslieferungen und zögert deswegen mit einem Energie-Boykott. Die deutsche Regierung hat mehrfach erklärt, diesen Schritt nicht gehen zu wollen.
Daten von Ende Januar zufolge wurden 58 Prozent der Gazprom-Lieferungen nach Europa und in weitere Länder in Euro abgerechnet. Auf der russischen Liste "unfreundlicher Staaten" stehen die Länder, die Sanktionen gegen Firmen und Individuen verhängt haben. Darunter sind die USA, die Mitglieder der EU, Großbritannien, Japan, Kanada, Norwegen, Singapur, Südkorea, die Schweiz und die Ukraine.
Als Reaktion auf die Putin-Ankündigung verteuerte sich der Rubel am Mittwoch. Er stieg zum Dollar zeitweise auf den höchsten Stand seit drei Wochen. Nach der Invasion in die Ukraine war er im März auf ein Rekordtief gestürzt, erholt sich seitdem aber etwas.
Eskalation des Wirtschaftskrieges
Jens Südekum, Professor am Institut für Wettbewerbsökonomie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, sprach von einer Zuspitzung. "Das ist eine Eskalation des Wirtschaftskrieges", sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. "Diese Breitseite haben nicht viele erwartet." Für Südekum stellt dies einen klaren Vertragsbruch dar. "Für Gaslieferungen gibt es langfristige Verträge, die auf Dollar lauten. Wenn Putin nun erklärt, er akzeptiere nur noch Rubel, bricht er diese Verträge." In irgendeiner Form werde der Westen nun reagieren müssen. "Ein Embargo von Energieimporten aus Russland ist nun wahrscheinlicher geworden."
Die deutsche Gaswirtschaft zeigt sich besorgt über die russische Ankündigung. "Wir haben die Meldung, dass Russland Gaslieferungen nur noch im Rubel abwickeln will, mit großer Irritation zur Kenntnis genommen", sagte der Geschäftsführer des Verbandes "Zukunft Gas", Timm Kehler. Die Auswirkungen seien noch nicht abzuschätzen. Es mache aber den Eindruck, dass die Sanktionen wirkten und Putin zunehmend unter Druck gerate.
Der russische Vize-Ministerpräsident Alexander Nowak warnte den Westen unterdessen vor einem Energie-Boykott. Die weltweiten Öl- und Gasmärkte würden zusammenbrechen, sollte es auch im Energiebereich zu umfangreichen Sanktionen gegen Russland kommen. Im Ölbereich gebe es derzeit einen Engpass auf den globalen Märkten von etwa einer Million Fässer pro Tag. Europa drohten Engpässe bei Diesel, hier seien die Vorräte auf dem niedrigsten Stand seit 2008.
Die EU erwägt weitere Sanktionen gegen Russland. Die Außenminister hatten dazu zuletzt aber keinen Konsens gefunden, am Donnerstag und Freitag tagen die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Länder. Die USA und Großbritannien, die weniger stark abhängig sind von Lieferungen aus Russland, haben auch im Ölbereich schon Maßnahmen angekündigt.
Der deutsche Industrieverband BDI warnte vor übereilten Maßnahmen mit unkalkulierbaren Konsequenzen. "Die EU ist nicht auf ein kurzfristiges, umfassendes Energie-Embargo vorbereitet", so BDI-Präsident Siegfried Russwurm. "Sie würde damit ihre Geschlossenheit und Handlungsfähigkeit wirtschaftlich und politisch aufs Spiel setzen."
(Reuters)