cash.ch: Der Baloise Kunst-Preis feiert 2024 sein 25-jähriges Jubiläum. Warum engagieren Sie sich in diesem Bereich?

Isabelle Guggenheim: Baloise besitzt eine Kunstsammlung mit über 2000 Werken, und das Thema Talentförderung ist in unserem Unternehmen von grosser Bedeutung. Daher ist es naheliegend, junge Kunstschaffende zu unterstützen und zeitgenössische Kunstwerke zu erwerben. Die Gewinner erhalten ein Preisgeld von 30.000 Franken zu ihrer freien Verfügung, und über die letzten 25 Jahre haben wir erlebt, welche faszinierenden Dinge die Preisträger mit diesem Geld gemacht haben.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Mary Reid Kelley hat den Preis 2016 gewonnen. Mit dem Geld konnte sie das undichte Dach ihres Ateliers reparieren. Martha Atienza aus den Philippinen gewann 2017. Sie setzte das Geld für ein Projekt mit den Bewohnern ihres Dorfes ein - für Filme und die dafür benötigte Ausrüstung.

Gab es Änderungen in der Auswahl der Gewinner?

Die Auswahl der Nominierten wird immer von der Art Basel vorgenommen, und es werden jeweils 18 internationale Positionen ausgewählt. Die Inhalte sind immer sehr aktuell und auf das jeweilige Jahr bezogen. Die Kunstschaffenden greifen das aktuelle Geschehen auf und wie sie damit umgehen, sei es in Bezug auf die Gesellschaft, Umwelt, Politik oder zum Beispiel auch Geschlechterfragen.

Was zeichnet die aktuellen Gewinner aus?

Ahmed Umar stammt aus dem Sudan und ist in Mekka aufgewachsen. Er musste seine sexuelle Orientierung geheim halten, was in unseren Breitengraden in der heutigen Zeit völlig unvorstellbar ist. Es scheint ihm praktisch abgesprochen zu werden, spirituell zu sein. Ich finde seine Umsetzung mit den religiösen Elementen, welche die Skulpturen in der rechten Hand halten, äusserst poetisch. Tiffany Sia präsentiert in Anlehnung an King Hu, einen Martial-Arts-Filmregisseur, der seine Filme in der taiwanesischen Landschaft drehte, eine visuelle Meditation über das, was Salman Rushdie einmal als "imaginäres Zuhause" bezeichnete.

Wie sind Sie zum ersten Mal in Kontakt mit Kunst gekommen?

Kunst hat mich schon immer angesprochen, obwohl meine Eltern nicht besonders interessiert waren, Kunstausstellungen zu besuchen. Bei uns stand die klassische Musik im Vordergrund.

Gibt es eine bestimmte Art von Kunst, die Sie persönlich besonders berührt?

Es ist der Inhalt, der mich anspricht.

Sie kaufen Kunstwerke von den Gewinnern des Preises und geben sie dann an Museen weiter. Was ist der Gedanke dahinter? Man könnte argumentieren, dass Sie die Werke behalten könnten.

Natürlich kaufen wir Kunstwerke für unsere Sammlung an. Die Idee hinter dem Ankauf und der Schenkung an ein Museum ist jedoch, den Preisträgerinnen und Preisträgern mehr als nur das Preisgeld von 30.000 Franken zu bieten. Die Werke sollen mit einer Ausstellung im beschenkten Museum einer breiteren Öffentlichkeit gezeigt werden.

Sie fördern nicht nur Künstlerinnen und Künstler, sondern auch Kuratorinnen und Kuratoren ...

Die Idee des Kunstforums besteht darin, jungen Kuratorinnen und Kuratoren Ausstellungen zu machen. Wir bieten ihnen die Chance, sich auszuprobieren. Im Kunstforum das Gewinnstreben nicht im Vordergrund.

Wie werden die Kuratoren ausgewählt?

Es erfolgt eine Art Kennenlernen. Wir sind noch relativ am Anfang. Bisher haben wir erst fünf Ausstellungen nach neuem Konzept organisiert, aber langsam spricht sich unser Programm herum.

Die Art Basel und der Kunstpreis von Baloise haben einen internationalen Kontext. Wie ist Ihre Beziehung zu den lokalen Künstlerszenen?

Ein Schwerpunkt unserer Sammlung liegt darin, junge Künstlerinnen und Künstler durch Ankäufe zu unterstützen. Das geschieht entweder über Galerien, Messen oder direkte Kontakte. Den Grundstein für unsere Firmensammlung legten ab Ende des Zweiten Weltkriegs zwei Direktionsmitglieder. Mitte der 1980er Jahre konstituierte sich eine Kunstkommission, die aus Vertretern jedes Konzernbereichs zusammensetzt. Eine externe Fachperson gibt Empfehlungen für den Kauf von Kunstwerken ab. Aktuell ist dies Frédérique Hutter aus Zürich. Wir berücksichtigen sowohl Künstlerinnen und Künstler aus dem Ausland als auch aus den Ländern, in denen wir tätig sind, wie Belgien, Luxemburg und Deutschland.  Die Werke unserer Sammlung hängen nicht nur in der Schweiz, sondern auch derzeit in unseren Niederlassungen in Luxemburg und Belgien.
 

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