Im Mai hatte der Kupferpreis bei über 10'850 Dollar je Tonne einen Hochstand erreicht. Seither hat er nachgegeben, eine Tonne Kupfer kostet aktuell rund 9000 Dollar. Der Verlust beträgt somit 20 Prozent in drei Monaten.

Im Langzeitvergleich sind die gegenwärtigen Kupfernotierungen allerdings noch immer beachtlich: Anfang der Nullerjahre war das Buntmetall weniger als 2000 Dollar je Tonne wert. Später gab es Hochs von über 9000 Dollar und Tiefs von unter 5000 Dollar.

Laut Marktbeobachtern wird Kupfer - trotz des gegenwärtigen Rücksetzers - bald schon wieder an Wert gewinnen. Geradezu euphorisch zeigt sich Hedgefonds-Manager Pierre Andurand mit seiner Ansage vom Mai, der Kupferpreis könne in den nächsten vier Jahren auf 40'000 Dollar klettern.

Wie die «Financial Times» berichtet, hat Andurands Überzeugung dazu beigetragen, dass sein Rohstoff-Fonds dieses Jahr einen Anstieg im hohen zweistelligen Prozentbereich verzeichnet hat - wobei die Gewinne aus einer Palette von Rohstoffen stammten.

Näher an den Erfahrungswerten als Pierre Andurand halten sich die Strategen von JP Morgan. Sie schreiben von einem Preisanstieg um 20 Prozent bis 2027. Der Bericht stammt von Ende Juni, weshalb das Plus von 20 Prozent nach damaligem Stand auf einen Kupferpreis von über 11300 Dollar in den nächsten Jahren hinausläuft.

In der kürzeren Frist ist ein Zuwachs von rund 11 Prozent zum aktuellen Kurs von 9000 Dollar realistisch: Etwa sieht die Zürcher Kantonalbank (ZKB) einen Kupferpreis von 10'000 Dollar per Ende Jahr.

Dekarbonisierung treibt Nachfrage an

Schwankungen des Kupferpreises spiegeln das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage, und zwar kurz- als auch langfristig.

Für 2024 geht der Vermögensverwalter VanEck von einem Anstieg der weltweiten Kupferminenproduktion um lediglich 0,5 Prozent aus. Eine frühere Prognose rechnete mit 3,7 Prozent. Gründe für die Abwärtsrevision sind Projektverzögerungen und Minenschliessungen.

2025 dürfte die Produktion wieder stärker anziehen. Erwartet wird ein Wachstum um 3,9 Prozent. Zugleich dürfte auch die Herstellung von raffiniertem Kupfer im laufenden und im kommenden Jahr positive Wachstumsraten verzeichnen.

Auch die Nachfrage wird den Jahren 2024 und 2025 voraussichtlich anziehen. Der Verbrauch von raffiniertem Kupfer dürfte im Jahr 2024 um etwa 2 Prozent und im Jahr 2025 um 2,5 Prozent steigen, schätzt VanEck. Das Nachfragewachstum bleibe also stark. Es werde durch Infrastrukturprojekte, Initiativen für saubere Energie und durch die Erweiterung der Produktionskapazitäten für Halbzeuge in Ländern wie Indien angetrieben.

Gemäss der Vorhersage dürfte der Verbrauch in China um etwa 2 Prozent im Jahr 2024 und 1,6 Prozent im Jahr 2025 steigen. Für den Verbrauch ausserhalb Chinas werden Wachstumsraten von 2,4 beziehungsweise 3,8 Prozent in den Jahren 2024 respektive 2025 veranschlagt.

Alles in allem dürfte der Kupfermarkt kurzfristig einen leichten Überschuss aufweisen, der sich mittelfristig verringern wird. «Der Preistrend könnte aufgrund der gestiegenen Nachfrage nach Infrastruktur- und Ökostromprojekten einen gewissen Aufwärtsdruck erfahren», schreibt VanEck. Der Überschuss könne jedoch erhebliche Preissteigerungen begrenzen und zu einem ausgewogeneren Markt führen.

Der Vermögensverwalter zeigt sich damit deutlich vorsichtiger als Hedgefonds-Manager Pierre Andurand. Dessen Ausblick auf einen Kupferpreis von 40000 Dollar impliziert eine Vervierfachung zum aktuellen Stand und damit eine erhebliche Verknappung des Buntmetalls.

Sollte sich Andurand beim Preisziel verschätzt haben, so liegt er doch mit einer anderen Überlegung offenbar nicht falsch. Er sieht in der «Elektrifizierung der Welt» einen Haupttreiber der Kupfernachfrage und damit des Preises. Beispiele für Elektrifizierung - respektive Dekarbonisierung - gibt es: Das Aufkommen von Elektrofahrzeugen sowie Solar- und Windkraftanlagen sind prominent.

«Durch die Dekarbonisierung und technologischen Entwicklungen wie der künstlichen Intelligenz oder Blockchain gewinnt Kupfer zunehmend an Bedeutung», schreibt Jens Schweizer, ZKB-Anlagespezialist in einem jüngst erschienen Beitrag. Entsprechende Projektionen reichen bis ins Jahr 2040 und sagen einen Nachfrageanstieg um rund 50 Prozent voraus.

Gleichzeitig stehen die Minengesellschaften vor mehreren Herausforderungen. Die Grenzkosten des Kupferabbaus in schon vorhandenen Minen steigen, es wird also immer teurer, weiteres Kupfer zu fördern. Zudem ist der Abbau energieintensiv und kaum umweltfreundlich. «Verschärfte behördliche Auflagen könnten die Kosten weiter in die Höhe treiben», sagt Schweizer. Er beschreibt eine zunehmende Versorgungsknappheit bis 2040. Und Knappheit spricht für höhere Preise.

Kommt es so, werden sich für Anleger Chancen ergeben. Denn die Aktienkurse von Kupferproduzenten korrelieren, wie Schweizer sagt, mit dem Kupferpreis. Und die erwarteten Dividendenrenditen seien mit 2 bis 3 Prozent ansprechend.

Reto Zanettin
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