Was ist morgen in den Läden oder auf Online-Portalen en vogue? Welche Produkte kauft die nächste Generation kaufkräftiger Konsumenten? Wer die Antworten auf diese Fragen kennt, dürfte an der Börse einen guten Job machen. Und mit einem neuen Ansatz versucht auch der Vermögensverwalter Zürisee Invest in Zusammenarbeit mit der Neuen Helvetischen Bank diese Trends vorzuspuren. Die beiden Finanzhäuser haben im Februar ein aktiv betreutes Zertifikat aufgelegt, das aktuelle und zukünftige Konsumententrends abbilden soll.
Das Neuartige daran ist, wie solche Trends aufgespürt werden. Mehrere hundert Konsumenten werden regelmässig über ihr Konsumverhalten, ihre Präferenzen oder Negativerfahrungen befragt. Momentan geschieht das vor allem per Mail. In Zukunft soll aber eine Homepage und eine App für das Smartphone die Umfragen erleichtern. Mögliche Fragen dabei: Finden Sie ein Investment in den Tabakkonzern Altria moralisch vertretbar? Oder: Haben Sie auf Ihrer letzten Reise besonders spannende Produkte gesehen? Die Antworten finden dann Niederschlag im Portfolio namens "Uvote – Consumer Stocks".
"Ist ein Feedback deutlich negativ, kippen wir den entsprechenden Titel aus dem Portfolio – und umgekehrt", sagt Michael Mazenauer, der das Portfolio bei Zürisee Invest betreut. Gleich geht Mazenauer auch vor, um Positionen zu erhöhen oder zu reduzieren. Im Moment beinhaltet das Zertifikat 23 verschiedene Konsumgüter-Aktien. Den grössten Anteil hält der amerikanische Tech-Riese Apple, gefolgt von Nike und Coca-Cola. Der erwähnte Tabakkonzern Altria kommt auf einen Anteil von 3,6 Prozent.
Fundamentaldaten unwichtig
Auch Schweizer Aktien sind im Portfolio zu finden: Neben den SMI-Titeln Richemont, Givaudan, Nestlé und Swatch sind es der Milchverarbeiter Emmi und der Schokoladenhersteller Lindt & Sprüngli (hier finden Sie die detaillierte Auflistung).
Der Strategie-Manager nimmt in diesem Prozess bewusst eine passive Rolle ein, ist also nicht vergleichbar mit dem klassischen Fondsmanager. "Die Signale der Konsumenten sind wichtiger als die Fundamentaldaten der Aktien im Portfolio. Somit nehmen wir Kundeninputs und Konsumententrends auch wirklich ernst", sagt Mazenauer zu cash. So ist es möglich, dass sogenannt "teure" Aktien mit einem hohen Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) trotzdem zum Zug kommen. Das zeigt sich beispielsweise bei Facebook (KGV 78), Google, (KGV 27), Givaudan (KGV 27) oder Lindt & Sprüngli (KGV 31).
Die These "Was heute viele Leute spannend finden, wird morgen häufig verkauft" hat aber an der Börse nicht nur Freunde. Dazu gehört der Yale-Professor Roger Ibbotson. Er vertritt die Meinung, unbeliebte Aktien seien oft erfolgreicher als beliebte. "Unpopuläre Aktien sind günstiger und man bekommt eine höhere Rendite. Alles Populäre ist teurer und dementsprechend kleiner ist der Gewinn", sagte er unlängst in einem Interview mit cash.
Verhaltene Performance
Seit seiner Lancierung im Februar geht das Uvote-Zertifikat performancemässig noch nicht durch die Decke. Einer der Gründe dafür: Titel aus dem Dollarraum machen 50 Prozent der Anlagesumme aus. Im Gegensatz zum Euro wird der "Greenback" aber nicht abgesichert. Der Rückgang der US-Währung hat somit auf die Performance gedrückt. Auf den positiven Februar folgten drei mässige Monate. Aktuell resultiert eine Performance, die nur wenig über dem Einstandskurs liegt.
Doch wichtiger ist den Initianten die langfristige Perspektive. Konsumgüter-Aktien gehörten in den letzten 50 Jahren zu den weltweit erfolgreichsten. "Wir glauben daran, dass das auch in Zukunft der Fall sein wird", sagt Portfolio-Manager Mazenauer.
Klugheit der Masse als Trend
Ob sich das demokratische Investment-Modell im direktdemokratischen Vorzeigeland Schweiz durchsetzt, bleibt dahin gestellt. Bislang wird das Zertifikat noch nicht mit Anlegergeldern überhäuft. Die Hürde von einer Million Franken Investments, die es braucht, um ein solches Produkt an die Börse zu bringen, wurde aber locker übersprungen.
Sicher ist hingegen: Die Investment-Idee von Uvote kommt in einer Zeit, da die Klugheit der Masse ("Wisdom of the crowd") ein grosser Trend ist. Ähnliche Tendenzen sind auch im Bereich Social Trading auszumachen, das als neuster Trend unter aktiven Tradern gilt. Vorreiter sind die Netzwerke wikifolio.com, ayondo.ch oder crowdinvest.ch. Auf diesen Plattformen machen Anleger ihr Depot öffentlich und diskutieren einzelne Aktien oder Marktbewegungen.