Für Edelmetallanleger waren die letzten zwölf Monate alles andere als einfach. Noch Mitte August sah es nach einem rabenschwarzen Jahr aus. Der Preis für eine Feinunze Gold (ca. 31,1 Gramm) fiel vorübergehend auf 1160 Dollar und damit auf den tiefsten Stand seit Januar 2017. Allerdings konnte das Edelmetall die Verluste auf zuletzt weniger als 3 Prozent eingrenzen. Im Zuge eines etwas höheren Dollar-Franken-Kurses fällt die Bilanz für die in Franken rechnenden Anleger sogar noch besser aus.
Dass die Gold-Unze die Verluste von ursprünglich 11 Prozent eingrenzen konnte, dürfte nicht zuletzt der Entspannung bei den langfristigen Dollar-Zinsen zu verdanken sein. Rentierten zehnjährige US-Staatsanleihen Ende September noch gut 3,25 Prozent, liegt die Rendite mittlerweile noch bei 2,86 Prozent.
Experten rechnen mit höherem Goldpreis
Es wird denn auch die Zinsentwicklung sein, die darüber entscheidet, ob Gold 2019 wieder glänzen wird. Das lässt sich einerseits damit erklären, dass das Edelmetall in physischer Form keine Erträge abwirft. Je höher also die Zinsen, desto unattraktiver ist Gold. Andererseits besteht seit Jahren eine Wechselwirkung zum Dollar. Steigt der "Greenback", fällt das Gold – und umgekehrt. Auch beim Dollar spielen die Zinsen mithinein. Höhere Zinsen machen den "Greenback" gegenüber anderen Währungen attraktiver, was wiederum für einen höheren Dollar-Kurs spräche.
Ein Gros der Edelmetallexperten rechnet im Laufe des nächsten Jahres jedenfalls mit einem höheren Goldpreis. Die Jahresendprognosen für die Feinunze reichen von 1300 Dollar (UBS) bis 1400 Dollar (ABN AMRO). Doch auch die UBS schliesst einen Vorstoss auf 1400 Dollar nicht aus, sollten Spekulanten ihre Wetten gegen das Edelmetall reduzieren. Das käme aus heutiger Sicht einem Aufwärtspotenzial von 10 Prozent gleich.
Preisentwicklung der Gold-Unze über die letzten 12 Monate (Quelle: www.cash.ch)
ABN AMRO argumentiert mit tieferen US-Anleihenzinsen, einem tieferen Dollar, einer Erholung beim chinesischen Yuan sowie einer höheren Goldnachfrage seitens von Schmuckhändlern. Alle diese Faktoren sprechen für einen höheren Goldpreis. Darüber hinaus verweist die niederländische Grossbank ebenfalls auf die spekulativen Wetten gegen das Edelmetall. Anleger hätten die Hoffnung auf einen höheren Goldpreis aufgegeben, so das Urteil.
Nimmt der US-Zinserhöhungszyklus ein Ende?
Ein entscheidendes Wort dürfte die US-Notenbank mitzureden haben. Sie erhöhte die Zielbandbreite für den Leitzins anlässlich des letzten Treffens in diesem Jahr um 25 Basispunkte auf 2,25 bis 2,5 Prozent. Gleichzeitig reduzierten die Notenbankverantwortlichen ihre Zinsprognosen für das kommende Jahr etwas. 2019 dürften nur noch zwei anstatt der bisher erwarteten drei Zinsschritte folgen.
Nach dem Zinsentscheid übte US-Präsident Donald Trump einmal mehr harsche Kritik am US-Notenbankvorsitzenden Jerome Powell. Presseberichten zufolge habe Trump gar in Erwägung gezogen, Powell als Vorsitzenden abzuwählen. Es bedurfte schon einem Dementi seitens des US-Finanzministers sowie des Wirtschaftsberaters des US-Präsidenten, um die Wogen wieder etwas zu glätten.
Die deutsche Commerzbank sieht den US-Zinserhöhungszyklus nun schon im kommenden Jahr enden. Ähnlich äussert sich Julius Bär. Die Zürcher Bank macht Anhaltspunkte für eine nachlassende Wechselwirkung vom Gold zum Dollar aus. Sie rechnet mit einer Abkoppelung des Edelmetalls und rät Anlegern auf lange Sicht zu einem Goldanteil im Wertschriftenportfolio.
Silber ein Opfer des Handelskriegs
Eigentlich müsste die Silber-Unze überdurchschnittlich stark von einer Erholung des Goldpreises profitieren können. Für gewöhnlich orientiert sich der Silberpreis nämlich am Gold, unterliegt aber stärkeren Kursschwankungen. Das zeigte sich auch im bisherigen Jahresverlauf: Wer auf Silber setzte, verlor viel Geld. Mit 15 Dollar wird für eine Unze noch immer rund 12 Prozent weniger bezahlt als zu Jahresbeginn.
Wie die Commerzbank schreibt, liegt das viel beachtete Gold/Silber-Verhältnis mit 86 auf dem höchsten Stand seit 25 Jahren (cash berichtete). Die deutsche Grossbank führt das schwächere Abschneiden des Silbers auf den Handelskonflikt zwischen den USA und China zurück. Sie erachtet Silber als besonders verwundbar, da die Industrienachfrage mehr als 50 Prozent der weltweiten Silbernachfrage ausmacht und viele industrielle Anwendungen wie beispielsweise Solarzellen vor allem in China produziert werden.
Die Gold-Silber-Ratio seit Anfang 1985 (Quelle: Bloomberg, DZ Bank)
Ebenfalls mit dem Handelsstreit argumentiert die DZ Bank. Wie der Dachverband deutscher Volks- und Raiffeisenbanken vorrechnet, liegt das Gold/Silber-Verhältnis um 60 Prozent über dem langjährigen Mittelwert. Auf ein Verhältnis von über 80 folgte in der Vergangenheit oft eine angleichende Preisbewegung. Sprich: Der Silberpreis erholte sich kräftig.
Anders als die DZ Bank erwartet die Commerzbank für Silber lediglich eine Entwicklung im Schlepptau von Gold und veranschlagt für Ende 2019 einen aus heutiger Sicht um knapp sieben Prozent höheren Unzen-Preis von 16 Dollar. Dem widerspricht man bei ABN AMRO entschieden. Die niederländische Grossbank traut Silber bis Ende nächsten Jahres einen Anstieg um 20 Prozent auf 18 Dollar je Unze zu. Das wäre wohl vor allem dann zu erwarten, sollten sich die USA und China im Handelsstreit einigen. Danach sieht es vorerst aber nicht aus.