Wenn Elektroautos als Stromspeicher genutzt würden, könnten die Kosten des Energiesystems einer Studie zufolge EU-weit um jährlich bis zu 22 Milliarden Euro sinken - und auch Verbraucher könnten kräftig sparen.
Beim sogenannten bidirektionalen Laden nehmen die Fahrzeuge tagsüber überschüssigen und dadurch günstigeren Sonnen- und Windstrom aus dem Netz auf und speisen ihn am Abend oder in der Nacht wieder ein. Die Kostenvorteile, die dieses Zwei-Richtungs-Laden für Netzbetreiber und Verbraucher bringen würde, haben die Fraunhofer-Institute für Solarenergie-Systeme (ISE) sowie für System- und Innovationsforschung (ISI) im Auftrag des EU-Interessenverbands Transport & Environment (TE) ausgerechnet.
Investitionsbedarf könnte um rund 100 Milliarden Euro sinken
Demnach würde durch die umfängliche Nutzung der E-Autos als Stromspeicher im vorteilhaftesten Szenario der Investitionsbedarf ins europäische Energienetz zwischen 2030 und 2040 um mehr als 100 Milliarden Euro sinken. Dafür müsste allerdings schon bis 2030 rund die Hälfte aller E-Autos und Batterielastwagen in der Lage sein, den Strom wieder einzuspeisen. Fliesst dieser direkt ins Gesamtnetz, spricht man von vehicle to grid (v2g, also vom Auto ins Netz).
Halter haben daneben insbesondere bei Einfamilienhäusern die Möglichkeit, den gespeicherten Strom in der Autobatterie für den eigenen Haushalt zu nutzen (vehicle to home, oder v2h). Das E-Auto könnte dann etwa in den besonders stromintensiven Abendstunden zum Energielieferanten werden und Stromkosten senken. Nachts lädt es dann wieder auf, wenn der Bedarf niedrig und der Strom günstig ist.
Mehrere hundert Euro Einsparungen für Verbraucher möglich
In Deutschland wären auf diese Weise bei einem Vier-Personen-Haushalt Einsparungen von mehr als 700 Euro im Jahr möglich, haben die Studienautoren errechnet. Bei der Einspeisung ins Gesamtnetz kämen etwaige Vergütungen für die Wagenhalter noch obendrauf.
Doch für die flächendeckende Verbreitung der Zwei-Richtungs-Technologie gibt es einige Hindernisse. Da wäre zum einen das Problem mit der Stromumwandlung. Der im Netz vorhandene Wechselstrom muss beim Laden der E-Autos in Gleichstrom umgewandelt werden und umgekehrt. Bei manchen Modellen geschieht das im Auto. Bei anderen ist dafür eine teurere Wallbox nötig, an die das Auto angeschlossen wird. Hier empfehlen die Studienautoren einen einheitlichen Standard, auf den sich die Hersteller einstellen können.
Habeck: Kommerzielle Verfügbarkeit ab 2025
Es fehlten zudem regulatorische und politische Rahmenbedingungen, um die bisherige Nischentechnik in grossem Umfang marktfähig zu machen. Bei einem Industrietreffen vor wenigen Tagen hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in Aussicht gestellt, dass bidirektionale Fahrzeuge und Dienstleistungen ab 2025 kommerziell verfügbar sein können.
«E-Autos können als mobile Stromspeicher enorm zur Stabilisierung des Stromsystems beitragen», teilte Habeck mit. «Ihre Batterien können zur Zwischenspeicherung elektrischer Energien genutzt werden und schaffen so zusätzliche Flexibilität.»
(AWP)
6 Kommentare
In der Schweiz haben wir zahlreiche Pumpspeicher und könnten weitere hinzu bauen. Teure Li- Ionen Batterien machen wenig Sinn.
Sofern die EV Autobatterien als Speicher genutzt werden verkürzt sich die Lebensdauer der E-Autos entsprechend. Es ist ein sehr teurer Speicher.
Sofern der gesamte Fuhrpark in Deutschland auf EV umgestellt würde könnten die Batterien einige Stunden den Stromverbrauch decken. Wenn wie vergangene Woche weder dreckiger Solarstrom, noch umweltschädlicher Windstrom produziert wird, dann wären die Batterien nach ein paar Stunden leer. Dann würden Industrie und Mobilität zusammen brechen.
Was spricht denn gegen eine dem Verstand geschuldete Stromversorgung mit modernen Kohlekraftwerken und umweltfreundlichen Kernkraftwerken?
Nach der ETH lässt sich nun auch das Fraunhofer Institut für politische Gefälligkeitsstudien missbrauchen. Dabei ist jedem Laien klar, dass Autoakkus als Haushaltspeicher zu verwenden eine Schnapsidee ist. Die Verluste durch Laden und Entladen Transformieren und Umwandeln sind riesig, weil die Autoakkus schlicht dazu nicht geeignet sind. Dazu kommen noch Standentladungen. Wenn schon müsste man eine slakierbare und dafür optimierte REDOX-Flow Batterie verwenden. Zudem sind die Ladevorgänge bei kalten Temperaturen gar nicht möglich, ohne die Batterie nachhaltig zu schädigen. Und auch bei normalen Temperaturen nutzt sich die Batterie durch ständiges Laden und Entladen schneller ab. An einem EV ist die Batterie das wertvollste und sensibelste Element und wenn diese am Ende ist, muss man auch das Auto entsorgen. So amortisiert sich das Auto viel zu schnell.
Es ist an der Zeit, realistisch zu werden und zu anerkennen, dass die 100%-EV-Welt wohl kaum realisierbar ist und schon gar nicht die Energieversorungs- und Netzwerkprobleme löst.
Und wenn das Auto tagsüber als Stromlieferant genutzt wird und ich will am Abend spontan wegfahren?
Man kann eine Grenzabgabe eingeben.
Für Eigenheimbesitzer mit Eigenverbrauch kann dies durchaus attraktiv sein und wurde teilweise ja schon umgesetzt. Für alle anderen gibt es wohl noch einen hohen Klärungsbedarf wegen Möglichkeiten, rechtlicher Rahmen und ggf verkürzte Lebensdauer der Batterie. Wunschdenken?
Die Eigenheimbesitzer sind regelmässig an das öffentliche Stromnetz angeschlossen. Sie speisen mit dreckigen Solarzellen wertlosen Zufallsstrom ins Netz und erhalten aus diesem bedarfsgerecht Strom. Insofern macht dieser Unsinn für die Eigenheimbesitzer sowenig Sinn wie für den Rest der Gesellschaft.