cash.ch: Ist die SNB-Leitzinssenkung auf 0,25 Prozent positiv oder negativ für den Immobilienmarkt?
Donato Scognamiglio: Es macht Immobilien für Investoren noch attraktiver, oder besser, wieder attraktiver. Jetzt muss man weniger für die Saron-Hypothek bezahlen, gleichzeitig bekommt man weniger Zinsen auf dem Sparkonto. Warum also das Geld nicht in eine Immobilie investieren? So gesehen wirkt die Zinssenkung wie ein Booster für Investoren.
Und was bedeutet die Senkung für jemanden, der jetzt an einem Eigenheim kaufen interessiert ist?
Das ist eine andere Geschichte. Für jemanden, der heute eine Hypothek sucht, ist es grundsätzlich eine gute Nachricht. Aber die Preise für Einfamilienhäuser oder Eigentumswohnungen werden dadurch nicht günstiger, und man muss nach wie vor Eigenkapital haben und die Tragbarkeitsregel erfüllen.
Dann wird ein Eigenheim zum Saron-Satz nicht attraktiver?
Die Zinssenkung ist eigentlich nur ein kleines Zückerli in einer Welt, in der Wohneigentum immer teurer wird. Ein tieferer Saron bedeutet nicht automatisch, dass ich mir ein Eigenheim leisten kann. Für viele wird es ein Traum oder eine Illusion bleiben.
Unter dem Strich befeuert die Zinssenkung die Immobilienpreise.
Ja, genau. Die Preise werden tendenziell noch teurer. Das ist der unmittelbare Effekt. Gleichzeitig aber sind die langfristigen Festhypotheken in der letzten Zeit gestiegen, weil diese die Unsicherheit des Kapitalmarkts abbilden. Alle, die eine Festhypothek haben, profitieren nicht von diesem SNB-Entscheid. Erst wenn sie ausgelaufen ist, kann man bei der Erneuerung nochmals über die Bücher.
Was heisst das für die Mieter?
Für den Mieter schlägt sich die Leitzinssenkung irgendwann im Referenzzinssatz nieder. Aber auch auf dem Mietermarkt, insbesondere in den begehrten Zentrumslagen, ist die Nachfrage so gross, dass es illusorisch ist, dass dadurch die Mieten sinken.
Haben Sie damit gerechnet, dass die Zinssenkung kommt?
Der Markt hat das mehr oder weniger erwartet, denn die Nationalbank hat ein Inflationsziel von unter 2 Prozent. Derzeit haben wir mit 0,3 Prozent praktisch keine Teuerung.
Man hätte den Leitzins unverändert lassen können.
Anstelle von Senken hätte man den Leitzins unverändert lassen können. Aber wann geht man mit den Zinsen runter? Wenn die Konjunkturaussichten nicht so rosig sind. Wir wissen nicht, was Trumps Entscheidungen, die ja täglich ändern können, für Auswirkungen auf die Schweizer Volkswirtschaft haben werden. Von daher war es schon verständlich, dass die SNB den Leitzins gesenkt hat. Einfach mit dem Hinweis, dass sie nicht mehr viel weiter runter kann. Ausser sie würde wieder Negativzinsen einführen, was wiederum dazu führt, dass die Leute noch mehr in Immobilien investieren, weil das halt einfach Stabilität gibt.
Die Zinssätze für Saron und Festhypothek driften auseinander. Was heisst das für Immobilienanlagen?
Für jemanden, der bereits ein Eigentum hat, heisst das im Klartext: Ich sitze jetzt in einer Stube, die mehr wert ist.
Wenn Sie jetzt eine Immobilie erwerben würden, würden Sie dies zum Saron- oder Festhypothek-Zinssatz abschliessen?
Vielleicht würde ich es so sagen: Jene, die jetzt kaufen wollen und viel Cash haben, die können mit Saron-Zinsen gehen. Für alle, die ein dünnes finanzielles Polster haben, und das sind die meisten gleich nach dem Kauf, ist es sicherer, eine Festhypothek mit einer längeren Laufzeit abzuschliessen, zum Beispiel zehn Jahre mit 2 Prozent Zins, auch wenn der Saron jetzt tiefer ist und vielleicht lukrativer erscheint. Die Festhypothek ist eine reine Absicherung.
In Ihrer Lagebeurteilung fürs laufende Jahr zeigen Sie sich unsicher, ob das Marktumfeld für Immobilien als Anlageobjekt weiterhin attraktiv bleibt. Die Balance von Teuerung und Zinsen seien fragil wegen der wirtschaftspolitischen und sicherheitspolitischen Herausforderungen. Was bedeutet das konkret, steigen die Baupreise?
Man muss das Ganze sehen. Die Schweiz ist stabil. Und das ist ihre Stärke, was sich wiederum auf die Immobilienwerte auswirkt. Denn das ist der Wert der Schweiz, also der Boden der Schweiz macht den Wert aus. Wenn sich die Welt um uns herum dreht, dann gehen die Leute dorthin, wo es sicher ist, und darauf müssen wir schauen.
Dass die Sicherheit und Stabilität hier in der Schweiz bleibt?
Ja, egal wer es macht, es muss einfach stabil, verlässlich und berechenbar sein. Und wenn das Umfeld unberechenbarer wird, dann steigt die Nachfrage nach sicheren Anlagen und das bietet aktuell ein Stück Land in der Schweiz. Unsicherheiten stützen also den hiesigen Immobilienmarkt.
Was bedeutet das für jene, die jetzt in den Immobilienmarkt einsteigen wollen?
Wer jetzt in den Markt einsteigen will, der muss einfach wissen, dass die Zinssituation, die er jetzt hat, in zwei, drei Jahren grundlegend anders sein kann. Dem empfehle ich einfach, das Risiko abzusichern, weil es wieder Inflation geben kann. Weil dann geht der Saron sofort wieder hoch und dann ist es wichtig, dass ich mich nicht zu stark verschulde. Denn wer überlebt eine Krise? Das sind die, die wenig Schulden haben. Unsicherheit heisst nicht Sorge, sondern Vorsorge. Also geringe Verschuldung, Zinsen möglichst binden und schauen, dass unser Schweizer System möglichst stabil bleibt.
Wie attraktiv ist der Schweizer Immobilienmarkt bei den aktuellen Marktgegebenheiten?
Massiv attraktiv. Mehr als vor einem Jahr. Weil wir vor einem Jahr noch höhere Zinsen hatten.
Unter welchen Gegebenheiten wäre der Schweizer Immobilienmarkt nicht mehr attraktiv?
Wenn wir zum Beispiel in eine Rezession reinlaufen, wenn es der Schweiz schlechter geht, als den Ländern rundherum. Wenn wir eine Abwanderung hätten. Sagen wir mal, würden pro Jahr netto rund 80’000 Menschen nicht zu-, sondern abwandern. Dann würden auch die Immobilien an Wert verlieren. Denn eine Immobilie hat nur Wert, wenn diese jemand nutzen will.
Das Marktpotenzial in der Schweiz ist sehr unterschiedlich, zum Beispiel Stadt gegen Land. Wo ist das Marktpotenzial bereits ausgeschöpft?
Das Problem ist, dass alle vom Gleichen träumen. Alle möchten eine Immobilie am Wasser in einer Gemeinde mit wenig Steuern, möglichst nahe bei einem urbanen Zentrum, wie zum Beispiel Muri bei Bern, Hergiswil, Zollikon, Meggen, Cologny, Gland. In diesen Gemeinden ist es halt einfach sehr attraktiv und damit teuer.
Und wo gibt es noch Potenzial für Wertsteigerung?
Ich glaube, dass die Entwicklung eher in den Agglomerationen stattfinden und der sogenannte «Speckgürtel» wachsen wird. Dort, wo man eher noch eine Chance hat, ein Grundstück zu kaufen.
Ist jetzt ein guter Zeitpunkt, um in Immobilien zu investieren - sei es eine Immobilie zu kaufen oder ein Bauprojekt zu starten?
Ja, aber es ist eine langfristige Investition. Und in dieser Zeit, also in 20 bis 30 Jahren, ändert sich die Welt noch x-mal. Das Einzige, was ich weiss, ist, dass die Schweiz nicht mehr Boden hat und nicht mehr Fläche haben wird. Und wenn wir das Korsett der Raumplanung so eng halten und die Schweiz so attraktiv bleibt, dann werden sich immer mehr Leute um Land oder Eigentum reissen.
Donato Scognamiglio ist Verwaltungsratspräsident und ehemaliger CEO & Teilhaber des Informations- und Ausbildungszentrums für Immobilien (IAZI) in Zürich.
1 Kommentar
Völlig widersprüchliche Aussagen. Was ist das Ziel von Herr Scognamiglio?
Die Immobilien sind leider für Investment nicht mehr interessant, da einerseits die Preise schon sehr hoch sind und die Renditen dadurch sehr schlecht sind. Warum soll ich Immobilien kaufen, wenn man mit Fonds das doppelte gewinnen kann?