Vergangenen Donnerstag fielen die Aktien von Novartis mit der Börseneröffnung in die Tiefe und schlossen den Handelstag mit einem Kursminus von 3,7 Prozent oder 3,28 Franken. Da erschraken viele Aktionäre erst mal beim Blick aufs Kurstableau.

Doch der Kurssturz hatte nichts Negatives an sich, im Gegenteil: Der Pharmakonzern hat an diesem Tag lediglich die Dividende von 3,3 Franken pro Aktie ausgeschüttet. Der Kurs der Aktie wird somit automatisch um die Höhe der Dividende gekürzt.

Die Aktien werden an diesem Tag, so der Börsenslang, "ex-Dividende" gehandelt. Bis der Betrag in den Depots der Aktionäre landet, vergeht nochmals eine gewisse Zeit. Bei Novartis war dies am Montag, den 11. März, der Fall.

Anfang März beginnt traditionell die Dividendensaison am Schweizer Aktienmarkt. Bis im Mai vergeht kaum ein Tag, an dem nicht ein Unternehmen an der Schweizer Börse mit dem Dividendenabschlag gehandelt wird. 

Roche hält zum Beispiel am Dienstag die Generalversammlung ab, ABB und Givaudan folgen am 21. März. Wer an der Generalversammlung in Besitz der Aktie der jeweiligen Gesellschaft ist, kriegt in der Regel auch die Dividende. Das ist auch der Grund, weshalb Aktien mit hoher und regelmässiger Ausschüttung im Vorfeld der Dividendenzahlung ansteigen (siehe dazu auch den cash-Artikel hier).

Diese Ausgangslage der sich nun häufenden Tage mit den ex-Dividenden-Tagen, auch "Dividendenknicks" genannt, bietet Investoren eine interessante Ausgangslage. Denn viele Aktien holen den Abschlag wieder auf, vor allem wenn das Börsenumfeld positiv ist wie heuer. Der Dividendenabschlag lockt auch oft Investoren an mit der Aussicht auf den "schnellen Gewinn".

Trotz Theorie: Es bieten sich attraktive Einstiegsmöglichkeiten

"In der Theorie spiegelt die Kursanpassung den Dividendenabgang wider und sollte nicht ausnutzbar sein", sagt zwar Hockenjos-Erni, Anlagechefin der BLKB, auf Anfrage von cash.ch. Oftmals entspricht die Höhe der Dividendenauszahlung aber bald nicht exakt der Kursreaktion. Daraus ergeben sich Opportunitäten. Einerseits können diese über die Reinvestition der Dividenden genutzt werden. Andererseits kann es bei Qualitätsaktien attraktive Einstiegsmöglichkeiten geben. Diese machen den Dividendenknick oftmals schnell wett, vor allem, wenn das Börsenumfeld günstig ist wie heuer.

Obwohl der Aktienkurs in den Monaten vor dem Dividendentermin meist ansteigt, da sich Anleger mit Papieren eindecken, kann sich in der Konsequenz ein Kauf auch kurz vor dem Auszahlungstermin immer noch lohnen. Und wer die Ausschüttungen Jahr für Jahr wieder nach dem Dividendenabschlag reinvestiert, macht sich den Zinseszinseffekt zu nutze. Albert Einstein soll einst gesagt haben: «Der Zinseszinseffekt ist das achte Weltwunder. Wer ihn versteht, verdient daran, alle anderen bezahlen ihn.» Dasselbe gilt auch für Dividenden.

Die untenstehende Tabelle zeigt ausgewählte Schweizer Unternehmen, die ab nächster Woche Generalversammlungen halten und dann Dividendenauszahlungen vornehmen. Die Dividendenrendite bezieht sich auf den Kurs vom 11. März und das «GV-Datum» referenziert auf das Datum der Generalversammlung:

Titel Dividendenrendite Kursentwicklung seit Jahresbeginn GV-Datum   Titel Dividendenrendite Kursentwicklung seit Jahresbeginn GV-Datum
Adecco 7,1 Prozent -14,9 Prozent 11. April   CPH Chemie & Papier Holding 4,7 Prozent +0,7 Prozent 20. März
Mobilezone 6,3 Prozent +5,8 Prozent 3. April   OC Oerlikon 4,6 Prozent +15,2 Prozent 21. März
Vontobel 5,6 Prozent -0,7 Prozent 9. April   Helvetia 4,6 Prozent +10,5 Prozent 24. Mai
Swiss Re 5,5 Prozent +15,3 Prozent 12. April   Swiss Life 4,6 Prozent +11,8 Prozent 15. Mai
Zurich Insurance 5,4 Prozent +8,8 Prozent 10. April   Allreal 4,6 Prozent +1,6 Prozent 19. April
Valiant 5,3 Prozent +9,0 Prozent 22. Mai   Burkhalter 4,5 Prozent +1,9 Prozent 14. Mai
Cembra Money Bank 5,2 Prozent +16,2 Prozent 24. April   Compagnie financière Tradition (CFT) 4,5 Prozent +3,0 Prozent 21. Mai
Julius Bär 5,2 Prozent +6,6 Prozent 11. April   Vaudoise Assurances 4,5 Prozent +1,8 Prozent 6. Mai
VP Bank 5,2 Prozent +8,7 Prozent 26. April   Intershop 4,3 Prozent +2,3 Prozent 27. März
Orell Fuessli 5,1 Prozent +0,8 Prozent 11. Mai   Swisscom 4,3 Prozent +0,3 Prozent 27. März
Bellevue Group 5,1 Prozent -9,2 Prozent 20. März   StarragTornos Group 4,2 Prozent -3,2 Prozent 20. April
Baloise 5,1 Prozent +10,2 Prozent 26. April   BB Biotech 4,1 Prozent +13,1 Prozent 21. März
APG SGA 5,1 Prozent +18,6 Prozent 25. April   Banque Cantonale Vaudoise 4,1 Prozent -2,5 Prozent 25. April
Glarner Kantonalbank 4,9 Prozent -2,2 Prozent 26. April   Kühne+Nagel 4,0 Prozent -15,6 Prozent 8. Mai
Basler Kantonalbank 4,8 Prozent +7,0 Prozent

Keine GV, Auszahlung am 26. März

  Holcim 3,7 Prozent +14,4 Prozent 3. Mai

Daten: Bloomberg (Stand 11. März, 10 Uhr)

Der Personalvermittler Adecco ist ein Beispiel dafür, dass trotz hoher Ausschüttung vor oder nach dem Dividendenabschlag am 12. April beim Dividendenknick kaum Aktien gekauft werden sollen. Die Aktie hat seit Jahresbeginn deutlich an Wert verloren. Und es besteht weiteres Abwärtsrisiko, da die Personalmärkte weiterhin eine sequenzielle Abschwächung aufweisen. Ins selbe Kapitel gehört die Banque Cantonale Vaudoise (BCV): Auf die Sicht der nächsten zwölf Monate sehen Analysten die Aktie der Bank, die traditionell hohe Dividenden ausschüttet, im Schnitt 12 Prozent tiefer. Denn die starke Performance der BCV-Aktie in den vergangenen zwei Jahren hat die Bewertung auf ein historisch hohes Niveau gehoben. 

"Wer auf eine kurzfristige Erholung einer Aktie nach ihrer Ausschüttung setzen will, sollte sich zunächst auch dem Enttäuschungspotential bewusst sein. Möglicherweise muss man die Aktien länger halten als geplant", warnt denn auch Thomas Urs Fischer, Anlagechef der Berner Kantonalbank (BEKB).

Der Handyanbieter Mobilezone konnte beispielsweise den letztjährigen April-Dividendenknick bis heute nicht nachhaltig übertreffen. Das Unternehmen aus Rotkreuz hat im Geschäftsjahr 2023 einen leicht höheren Umsatz eingefahren, aber weniger Gewinn erwirtschaftet. Ein Einstieg könnte sich wegen verbesserter Geschäftszahlen jetzt wieder lohnen, auch die Ausschüttungsquote soll für die kommenden Jahre erhöht werden. Bereits liegt die Dividendenrendite bei 6,3 Prozent. Allerdings hat die Aktie seit der Veröffentlichung der Geschäftszahlen am Freitag rund 8 Prozent zugelegt.

Swiss Re mit Momentum und hoher Dividende

Cembra, Swiss Life, Swiss Re, Zurich Insurance, Novartis, Roche, Holcim, Kühne+Nagel, Geberit und SGS - das sind Aktien, welchen Hockenjos-Erni von der BLKB überdurchschnittliches Potenzial zutraut, um absehbaren Knick ex-Dividende durch eine gute Performance rasch wettzumachen:

Insbesondere Swiss Re (Dividendenrendite von 5,5 Prozent) erscheint interessant: Der Rückversicherer hat alle wichtigen Ziele für 2023 erreicht, hat die Dividende erstmals seit vier Jahren angehoben und weist eine hohe Solvabilität (300 Prozent) auf. Das Momentum spricht auch für die Aktie. Seit Jahresbeginn ist der Titel um 15 Prozent auf das höchste Niveau seit dem Corona-Knick im März 2020 gestiegen. Mit einem vorwärtsgerichteten Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 9 ist der Rückversicherer auch günstiger bewertet als Zurich Insurance (13) oder Swiss Life (14).

Fischer von der Berner Kantonalbank sieht bei Zurich Insurance, Swiss Life, SGS und Novartis kurzfristig ein positives Momentum. So ist Zurich eine «klassische Dividendenperle mit solider Bilanz und breit diversifizierter Geschäftstätigkeit». Aber auch Swiss Life konnte in den letzten Jahren mit starkem Dividendenwachstum aufwarten, SGS ist wiederum so günstig bewertet wie selten und profitiert vom Nachhaltigkeitstrend als Wachstumstreiber.

Novartis überzeugt mit starker Entwicklungspipline, wurde aber wie erwähnt bereits am 7. März ex-Dividende gehandelt. Der jetzt noch ersichtliche Dividendenknick wird aber wohl schnell ausgebügelt sein, da Novartis die eigenen Prognosen für 2024 erfüllen dürfte - es besteht Raum für positive Überraschungen.

Zwei andere klassische Dividendentitel, Roche und Nestlé, brauchen in diesem Jahr wahrscheinlich mehr Geduld. Immerhin sind die Genussscheine von Roche im Vorfeld der Generalversammlung am Dienstag wieder in höhere Gefilde vorgestossen, bei Nestlé lässt eine solche Entwicklung noch auf sich warten. Es ist aber denkbar, dass im Jahresverlauf das Narrativ besser wird: Massnahmen seitens Management, Payout Ratio mit Luft nach oben der Wechsel von zyklischen zu defensiven Titeln dürften für Auftrieb sorgen.

Für Fischer sind Roche und Nestlé trotz der aktuellen Schwäche sowieso zwei Kerntitel für ein Portfolio. "Roche" ist führend in der Onkologie und überzeugt langfristig mit einem robusten Dividendenwachstum», sagt der Anlagechef der BEKB. Nestlé sei wiederum Marktführer im Bereich der Nahrungsmittelherstellung und hat einen starken "Track Record" beim Dividendenwachstum.

Diversifikation und Wachstum bedeutend

Bei Dividendenstrategien ist es grundsätzlich ratsam, ein diversifiziertes Portfolio zu konstruieren: Anstatt also lediglich nach der Höhe der zu erwartenden Ausschüttung zu optimieren, bieten sich weitere Nebenbedingungen an. Dazu gehören die Kontinuität der Dividendenentwicklung - stabil oder steigend über Jahre hinweg - sowie oder Ausschüttungsquote.

Zudem sollte darauf geachtet werden, dass auch bezüglich Sektoren keine übermässig grossen Wetten eingegangen werden, um Konzentrationsrisiken zu vermeiden. Aktien in gesättigten Märkten mit wenig Wachstumspotenzial zählen selten zu den Turbos nach der Ausschüttung, was die Swisscom Jahr für Jahr beweist.

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