"Die Unternehmen befürchten, dass das Schlimmste noch kommt", sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben am Mittwoch bei der Vorlage der bundesweiten IHK-Konjunkturumfrage unter mehr als 24'000 Betrieben aus allen Branchen und Regionen. Danach gehen mehr als die Hälfte der Unternehmen (52 Prozent) davon aus, dass sich ihre eigenen Geschäfte in den nächsten zwölf Monaten verschlechtern werden. Nur noch acht Prozent rechnen mit Besserung. "Das ist der schlechteste Wert, den wir jemals seit Beginn der Erhebung im Jahr 1985 gemessen haben", betonte Wansleben.

"Selbst in den Zeiten von Corona und der Finanzmarktkrise lag der Anteil der Optimisten bei mehr als zehn Prozent." Deshalb sehe der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) seine sehr gedämpfte Konjunkturerwartung vom Frühjahr bestätigt: "In diesem Jahr erwarten wir ein Plus von 1,2 Prozent beim Bruttoinlandsprodukt." Denn wirtschaftlich sei das erste Halbjahr noch ordentlich gewesen. Zudem hätten viele Betriebe in diesem Jahr erstmals wieder ohne Lockdown-Einschränkungen ihre Geschäfte öffnen können. "Diese Wachstumsimpulse werden aber von der Energiepreiskrise, der Inflation und der trüben Weltkonjunktur seit Monaten aufgezehrt", sagte Wansleben. Der deutschen Wirtschaft steht nicht nur ein harter Winter bevor, sondern auch ein schwieriges Jahr. "2023 erwarten wir aufgrund der konkreten Meldungen und Einschätzungen aus den Unternehmen einen Rückgang der Wirtschaftsleistung von rund drei Prozent."

In diesem und im nächsten Jahr rechnet der DIHK mit jeweils rund acht Prozent Inflation. Die Energiekrise belaste die Wirtschaft über fast alle Branchen hinweg. 82 Prozent aller Betriebe - und damit so viel wie nie - stufen die Energie- und Rohstoffpreise als Geschäftsrisiko ein. Besonders die Industrie sei von höheren Energiepreisen und Unsicherheit bei der Energieversorgung betroffen. "Die Auswirkungen sind konkret spürbar: Besonders die energieintensiven Hersteller von Vorleistungsgütern schränken ihre Produktion ein", sagte Wansleben.

In der chemischen Industrie sehe sich mehr als jeder vierte Betrieb zu Drosselungen gezwungen, in der Gummi- und Kunststoffindustrie mehr als jeder fünfte. Auch in der Automobilindustrie verringern 16 Prozent der Unternehmen - und damit jeder sechste Betrieb - ihre Produktion. Etwa 17 Prozent der Automobilfirmen planten wegen der hohen Energiepreise, Produktion ins Ausland zu verlagern.

Lobbyist Wansleben appellierte an die Politik, den Standort Deutschland attraktiver und wettbewerbsfähiger zu machen. "Es muss alles dafür getan werden, dass Unternehmen wieder Vertrauen fassen und hier in die Zukunft investieren." Der DIHK-Hauptgeschäftsführer wiederholte auch das Mantra der Wirtschaft, die Regierung dürfe die Unternehmen in der Krise nicht mit zusätzlicher Bürokratie belasten.

(Reuters)