Der Hype rund um Künstliche Intelligenz (KI) hat zwar nachgelassen, aber Nvidia ist noch immer führend im anhaltenden KI-Goldrausch. Die Umsätze steigen weiter rasant und die Auftragsbücher für die Hopper-Chipreihe des Unternehmens und seinen Nachfolger - Blackwell - sind gefüllt.

Allerdings ist der Börsenüberflieger aus Kalifornien kein Selbstläufer. Der Geschäftserfolg hängt stark davon ab, ob Technologiefirmen wie Microsoft und Google KI kommerziell nutzen und so mit ihren Investitionen in Nvidia-Chips letztlich Gewinne erzielen können. Zudem hat Nvidias Marktmacht die Kartellbehörden auf den Plan gerufen. Sie prüfen, ob der Chipriese seinen Kunden einen Anbieterwechsel erschwert hat.

Nun gehen Analysten von einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate des Umsatzes von fast 33 Prozent bis zum Kalenderjahr 2026 aus. Das ist bemerkenswert, da einige Anleger begonnen haben, sich wegen des Wachstumspotenzial von Nvidia zu sorgen - dies insbesondere angesichts eines weniger ausgeprägten Umsatzanstiegs im letzten Quartal und Fragezeichen zu den Ertragsaussichten von KI-Ausgaben der relevanten Kunden.

Offen ist, ob ein längeres Durchatmen gibt. Unternehmen, die viel in neue Hardware investiert haben, wollen zunächst einmal Gewinne aus KI-bezogenen Produkten und Dienstleistungen einfahren, bevor sie aufs Neue Geld in die Hand nehmen.

Hinzu kommt: Die Konkurrenz. Wenn ein Unternehmen wie Nvidia einen grossen und lukrativen Markt bearbeitet, zieht dies andere Firmen an. Sie wollen auch einen Teil vom üppigen Kuchen haben, sprich: sich Marktanteile sichern.

SolarEdge, Wolfspeed und Silicon Laboratories dürften Nvidia hinter sich lassen

Aus Anlegersicht lohnt sich folglich, den Blick zu weiten. Dazu hilfreich ist ein Vergleich der durchschnittlichen Wachstumsraten der Akteure in der Halbleiterindustrie und weiteren Teilen des Technologiesektors; die folgende Berechnung deckt den Zeitraum der nächsten zwei Jahre ab.

Unternehmen Zweijahres-Umsatz-CAGR bis 2026 
SolarEdge Technologies  45,1
Wolfspeed 39,8
Silicon
Laboratories
33,2
Nvidia 32,9
Enphase Energy 30,1
Cohu 28,4
SiTime 26,5

Quelle: Marketwatch / CAGR = Compound Annual Growth Rate, durchschnittliche jährliche Wachstumsrate

Die Liste wird nicht von Nvidia, sondern von drei anderen Technologieunternehmen angeführt: SolarEdge Technologies, Wolfspeed und Silicon Laboratories. Gemessen am Umsatz dürften sie in den kommenden zwei Jahren stärker wachsen als Nvidia.

Die Aktien von SolarEdge Technologies haben allerdings ein extrem schwaches Börsenjahr hinter sich. Sie fielen bis heute um mehr als 80 Prozent. Das Unternehmen stellt Technologien für die Solarstromerzeugung her und leidet unter einem schwachen Solarmarkt und dem allgemeinen Branchendruck. Gemäss den Prognosen seht nun aber ein schnelles Umsatzwachstum bevor. Die positiven Aussichten werden getrübt durch Daten von FactSet. Demnach ist das Unternehmen unter Leerverkäufern beliebt geworden.

Wolfspeed belegt den zweiten Platz der Liste des erwarteten Umsatzwachstums bis 2026. Das Unternehmen ist auf die Herstellung elektronischer Komponenten aus Siliziumkarbid für Elektrofahrzeuge spezialisiert. Darüber hinaus werden Komponenten für Lade- und Stromspeichergeräte bereitgestellt. Den Konsensschätzungen von FactSet zufolge wird das Unternehmen voraussichtlich erst in den nächsten zwei Jahren Gewinne ausweisen, und die meisten Analysten bewerten die Wolfspeed-Aktie neutral. Zuversichtlich stimmt, dass Experten Bedenken über die finanzielle Gesundheit des Unternehmens fallen gelassen haben. Zudem winken öffentliche Gelder aufgrund des europäischen Chip-Gesetzes.

Als nächstes folgt mit Silicon Laboratories ebenfalls ein Chip-Unternehmen. Es wird im Jahr 2024 voraussichtlich das zweite Kalenderjahr in Folge mit rückläufigen Umsätzen verzeichnen wird, bevor es bis 2026 einen deutlichen Aufschwung erlebt. Dies entspricht dem generellen Muster im Halbleitersektor.

AMD könnte von Nicht-KI-Geschäft Rückwind erhalten

Unterdessen liegt Advanced Micro Devices (AMD) in Bezug auf die erwartete Umsatzwachstum bis 2026 knapp ausserhalb der ersten zehn Firmen in der Rangliste. Dieses Unternehmen greift Nvidia direkt an, indem es versucht, Marktanteil zu erobern. Rückenwind könnte es erhalten, wenn sich einige seiner nicht KI-Marken erholen. Das Gaming-Geschäft von AMD verzeichnete beispielsweise im letzten Quartal einen Umsatzrückgang von 61 Prozent. Es dürfte auch in den nächsten beiden Quartalen starke Rückgänge verzeichnen, bevor es dann aber wieder in den positiven Wachstumsbereich zurückkehrt. Zudem gibt es auch im KI-Bereich eine Reihe von Chancen für AMD. Zu beobachten wird sein, ob die Firma den Takt der Produktneuerungen so hoch halten kann, dass es Nvidia bedrängen kann.

Bei Nvidia liegen weiterhin grosse Erwartungen auf der neuen Chip-Generation Blackwell. Das Management um CEO Jensen Huang hat für dieses Jahr «viele» Einnahmen angekündigt. Zuvor wurde die Produktion aufgrund technischer Probleme gebremst.

(cash/Bloomberg)