Seit der Unternehmenssteuerreform II im Jahr 2011 sind steuerbefreite Dividenden in der Schweiz möglich. Dabei können die Ausschüttungen ganz oder teilweise aus den Kapitaleinlagenreserven (KER) des Unternehmens stammen. Weiter können Unternehmen ohne zurückbehaltene Gewinne ebenfalls steuerfreie Dividenden ausschütten.
Kapitaleinlagereserven entstehen, wenn Anleger für eine Aktie mehr als den Nennwert zahlen, beispielsweise durch Kapitalerhöhungen, Nennwertreduktionen oder Börsengänge. Verlustvorträge entstehen, wenn ein Unternehmen durch Verluste alle zuvor angehäuften Gewinnvorträge in der Bilanz aufgebraucht hat.
Da Kapitaleinlagereserven sowie Verlustvorträge über die Jahre hinweg aufgebraucht werden, können Unternehmen nur über eine bestimmte Zeit steuerfreie Dividenden ausschütten. Unternehmen, die Verlustvorträge nicht durch neue Gewinne eliminieren können, fallen längerfristig in die Liquidation.
Kurz nach der Unternehmenssteuerreform II wurde dieser Mechanismus rege genutzt. Seither hat sich die Liste der Unternehmen, die solche Ausschüttungen vornehmen können, bei etwas weniger als zehn Unternehmen eingependelt. Da Unternehmen steuerbefreite Dividenden nur über einen begrenzten Zeitraum ausschütten können, ändert sich diese Liste fortwährend.
Eine kleine heterogene Gruppe
Das Aktien-Research der Bank Vontobel hat in einer Studie Schweizer Aktien ausfindig gemacht, die einen erheblichen Teil ihrer Dividendenzahlungen von maximal 50 Prozent steuerfrei an Schweizer Anleger ausgegeben werden kann. Im Anlagejahr 2025 dürfte dies sieben oder acht Unternehmen betreffen. Wichtig zu beachten ist, dass die «Steuerfreiheit» auf Schweizer Gesetzgebung basiert und deshalb nur für Schweizer Privatanleger gilt.
Gemäss Vontobel ist eine der Firmen mit der attraktivsten Gesamtausschüttung der Zementhersteller Holcim. Hier können Schweizer Anleger in den nächsten fünf Jahren von steuerfreien Dividenden profitieren, bis die ausländischen Kapitalreserven aus der Fusion mit Lafarge im Jahr 2029 aufgebraucht sind.
Bei gleichbleibenden Ausschüttungen liegt die Nachsteuerrendite bei 3,3 Prozent. Hebt Holcim, wie von Analysten erwartet, in 2025 die Ausschüttungen leicht an, liegt die Rendite beim derzeitigen Kursniveau bei etwa 3,4 Prozent. Mit Dividendenerhöhungen reduziert sich jedoch die Dauer der steuerbefreiten Dividenden.
Rendite auf unveränderte Dividenden 2024 |
Rendite auf erwartete Dividenden 2025 |
|
Holcim | 3,3% | 3,4% |
SIG | 2,6% | 2,6% |
Landis + Gyr | 3,8% | 4,3% |
EFG International | 4,2% | 4,7% |
Avolta | 1,9% | 1,9% |
u-blox | 1,5% | 0% |
Siegfried | 0,4% | 0,4% |
Clariant | 4,2% | 4,5% |
Quelle: LSEG und Vontobel.
SIG, der Hersteller von Verpackungslösungen, schüttet ebenfalls Dividenden ohne Steuerabzug aus. Die Firma hat mit einer Kapitalerhöhung für die Übernahme von Evergreen Asia über 200 Millionen Euro eingenommen, wodurch sich die ausländischen Kapitalreserven erhöhten.
Unter der Annahme, dass die Dividenden auf dem Niveau von 2024 bleiben, können Schweizer Anleger in den nächsten neun Jahren mit steuerfreien Zahlungen rechnen. Die Rendite liegt bei 2,6 Prozent. Jedoch kann SIG, nachdem die ausländischen Kapitalreserven aufgebraucht sind, «immer noch 50 Prozent steuerfreie Dividenden aus inländischen KER ausschütten», so Vontobel.
Unternehmen mit negativen Gewinnrücklagen oder Herabsetzung Nennwert
Zu den Unternehmen mit negativen Gewinnrücklagen gehören Landis + Gyr, EFG International und Avolta. Zu den Unternehmen mit einer Herabsetzung des Aktien-Nennwerts u-blox, Siegfried und Clariant.
Landis + Gyr zahlt seine Dividenden vollständig aus der inländischen KER. Die negativen Gewinnrücklagen ermöglichen dies. Würden die Ausschüttungen auf dem Niveau von 2024 beibehalten werden, so läge die Nachsteuerrendite bei 3,8 Prozent. Gemäss Daten von LSEG erwarten Analysten eine Erhöhung der Dividende pro Aktie um etwa 13 Prozent. Die vorwärtsgerichtete Dividendenrendite läge damit bei etwa 4,3 Prozent.
Das gleiche gilt bei EFG International und Avolta. Gemäss Vontobel kann der Finanzdienstleister Ausschüttungen aus seiner inländischen KER für maximal elf Jahre tätigen. Avolta kann ebenfalls aufgrund der kumulierten Verluste der Pandemie auf das inländische KER zurückgreifen.
Während bei Avolta die Nachsteuerrendite bei 1,9 Prozent liegt und mit einer unwesentlichen Dividendenerhöhung in diesem Jahr gerechnet wird, beträgt die Rendite bei EFG 4,2 Prozent. Der Marktkonsens geht wie bei Landis + Gyr von einem deutlichen Anstieg der Ausschüttungen aus - dies liesse die vorwärtsgerichtete Rendite auf 4,7 Prozent ansteigen.
Der Chip- und Halbleiterhersteller u-blox verfügt über keine nennenswerten Kapitaleinlagereserven. Aufgrund einer Herabsetzung des Nennwerts der Namenaktien von 11,5 Franken auf 10,5 Franken kann das Unternehmen gemäss Vontobel jedoch für die nächsten «fünf bis sechs Jahre» steuerfreie Dividenden ausschütten. Aber Achtung: Gemäss Daten von LSEG dürfte u-blox die Ausschüttungen im Geschäftsjahr 2024 für ein Jahr aussetzen.
Auch der Pharmazulieferer Siegfried hat den Nennwert von 14,6 Franken auf 10,5 Franken herabgesetzt. Bei konstanten Ausschüttungen dürfte dies Spielraum für steuerfreie Dividenden für die nächsten drei Jahre lassen. Die Rendite liegt derweil bei niedrigen 0,4 Prozent.
Auch der Spezialitätenchemiehersteller Clariant kann durch eine frühere Reduzierung des Nennwerts weiterhin steuerfreie Dividenden für die nächsten vier Jahre an die Aktionäre zurückführen. Mit einer Nachsteuerrendite gehörten sie zu den Aktien mit der höchsten Rendite.
Achtung beim Vergleich von unterschiedlichen Renditen
Gemäss dem Vontobel-Analysten Manuel Lang sind besonders die Ausschüttungen von Holcim und SIG Group attraktiv. Die steuerfreien Ausschüttungen werden «mit einem möglichen Rückkaufprogramm (Holcim) ergänzt und können über eine lange Zeitdauer (SIG Group) weitergeführt werden». Das Rückkaufprogramm dürfte zum Zeitpunkt der Abspaltung des US-Geschäfts angekündigt werden.
Weiter weist der Experte auf die Vergleichbarkeit von steuerfreien und nicht-steuerfreien Renditen hin: «Einerseits muss keine Verrechnungssteuer zurückgefordert werden und andererseits unterliegt diese Dividende nicht der Einkommenssteuer. Dasselbe gilt für Ausschüttungen durch Nennwertherabsetzungen.» Aus diesem Grund, sollte die Dividendenrendite von Unternehmen mit steuerfreien Ausschüttungen nur mit der Dividendenrendite nach Steuer von anderen Unternehmen verglichen werden.