Der Technologiesektor bietet hervorragende Wachstumschancen. Diese Aussichten hat der Markt während den vergangenen zwei Jahre eingepreist. Der US-Technologiesektor, gemessen am XLK-ETF, stieg in dieser kurzen Periode um knapp 85 Prozent. Dies steht im Vergleich mit den Kursavancen des S&P 500 von gut 50 Prozent. 

Klar: Diese Kursperfromance nimmt viel von der bisherigen fundamentalen Entwicklung des Sektors vorweg. Im gleichen Zeitraum stiegen nämlich die Gewinne pro Aktie (EPS oder Earnings per Share) des US-Tech-Sektors um nur 24 Prozent. Das Gros der Gewinnsteigerungen soll erst ab dem dritten Quartal dieses Jahres bis Ende 2025 erfolgen. Marktexperten gehen von einem EPS-Wachstum von knapp 80 Prozent aus.

Entsprechend teuer ist der Bereich geworden. Von einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von gut 20 im Januar 2023 ist die Bewertung aufgrund der Entwicklung im Gebiet der künstlichen Intelligenz auf derzeit über 36 angestiegen. Dieses Bewertungsniveau liegt zwar noch immer unter den Rekordjahren der Dotcom-Blase, aber auf dem Niveau der Übertreibungen der Jahre 2020 und 2021.

Ungleiche Entwicklung und Nische «Schweiz»

Diese Bewertungsexpansion wurde jedoch ungleich getragen. Unternehmen mit einer sehr grossen Marktkapitalisierung haben deutlich mehr zugelegt als kleinkapitalisierte Werte. Auf der Suche nach Technologieunternehmen in der Schweiz stösst cash.ch auf zwei Unternehmen, die von den Entwicklungen in der KI und der Erholung des Halbleitersektors profitieren dürften und dieses Wachstum noch nicht vollständig eingepreist ist.

Es handelt sich um den Technologieanbieter Also und den Elektronikproduzent Cicor. Sie fallen beide mit einem erwarteten Umsatzwachstum von über 30 Prozent bis Ende des nächsten Jahres auf, sind aber deutlich günstiger als die bekannteren Tech-Werte wie VAT oder Comet. Die letzteren beiden gehören gemäss Finanzanalysten auch zu den am stärksten wachsenden Schweizer Tech-Werten, sind aber mindestens doppelt so teuer wie Cicor oder Also.

Gemäss Marktexperten eignet sich besonders der Schweizer Markt, um Informationsineffizienzen auszunutzen. Da über viele kleinere Werte in der Schweiz nur spärlich berichtet wird, können dieses Marktineffizenzen anhand der tendenziell hohen Volatilität bei Small-Caps-Titeln ausgenutzt werden.

Also: Mit KI zu Mehreinnahmen bei einem etablierten Ökosystem

Also ist ein Technologieanbieter, der anhand seines Ökosystems eine Vielzahl von Hard- und Softwareprodukten von Drittanbietern den eigenen Kunden anbietet. Bei den unterschiedlichsten Dienstleistungssegmenten sieht Also einen Mehrwert durch die Integration von KI.

Im Softwarebereich könnte das zusätzliche Monetarisierungspotenzial bei bis zu 7 Prozent liegen. In der Cybersecurity und Infrastruktur dürfte das Potenzial bei etwa 36 Prozent respektive einer Verdoppelung liegen und im Bereich Device as a Service sieht Also ein Potenzial von gut zwei Drittel.

Finanzanalysten erwarten bis Ende 2025 ein Umsatzwachstum von knapp 40 Prozent. Zwar ist diese Entwicklung teilweise auf eine Gegenreaktion auf die seit 2021 dauernde Marktkonsolidierung zurückzuführen - der Umsatz von Also fiel um gut 15 Prozent - doch dürfte der Technologieanbieter gestärkt diese Phase verlassen.

Ein EPS-Wachstum von fast 50 Prozent gegenüber dem letzten Jahresabschluss 2023 fällt auf. Aber auch Ebitda-Margen von über 31 Prozent - vor der Sektorkonsolidierung betrug das Margenniveau knapp 29 Prozent - deuten auf eine gestärkte Verfassung hin. Auch der freie Cashflow dürfte sich vervielfachen. Derzeit beträgt er 66 Millionen Euro und deckt knapp die Dividendeausgaben. Bis 2026 gehen Analysten von einem freien Cashflow von gut 220 Millionen Euro aus.

Günstig bewertetes Ökosystem ohne Schulden

Der Technologieanbieter verfügt über keine Nettofinanzverbindlichkeiten - das heisst, die kurzfristigen liquiden Mittel sind grösser als die Schulden - und aufgrund des Geschäftsmodells sind die Investitionsausgaben (Capex) für eine Beurteilung nicht relevant. Der erzielte Cashflow dürfte zu einem grossen Teil für zusätzliches Wachstum eingesetzt werden oder den Aktionären zugutekommen. Besonders bei kleineren Unternehmen wirkt sich dies positiv auf den Aktienkurs aus.

Kursverlauf von Also in Franken.

Nachdem die Valoren von einem Intraday-Rekordhoch im Januar 2022 von über 300 Franken auf etwa 130 Franken fielen, nehmen sie die erwartete Erholung in den Fundamentaldaten bereits vorweg. Die Aktien notieren derzeit bei knapp 260 Franken. 

Dieses Kurslevel entspricht einem vorwärtsgerichteten KGV von 19. Das ist nicht billig - der langjährige Bewertungsschnitt von Also liegt bei 13. Aber es ist auch nicht teuer. Der amerikanische Tech-Sektor handelt mit einer vorwärtsgerichteten Bewertung von 35, VAT mit einer von 40 und Comet mit 27. Selbst im eigenen historischen Vergleich war die Rekordbewertung vor vier Jahren von 23 ein fünftel höher als heute. Es gibt also noch Luft nach oben - besonders wenn sich die Rahmenbedingen erneut zugunsten von Also wenden.

Cicor: Ein übersehener Wachstumstitel

Den Zulieferbetrieben der Zulieferbetriebe fehlt meist das Rampenlicht. Dennoch handelt es sich nicht zwingend um schlechtere Investments. Cicor ist so ein Fall. Mit einer Börsenkapitalisierung von 160 Millionen Franken gehört das Unternehmen zu den kleineren kotierten Werten an der Schweizer Börse.

Cicor stellt eine Vielzahl von Produkten her, die von Leiterplatten über Netzteile, Elektronik oder sogar Gesamtlösungen wie das Supply Chain Management reichen. Die Produkte und Lösungen finden unter anderem Anwendung in der Medizintechnik, Luft- und Raumfahrt sowie Verteidigung und Wearables. Forschung und Entwicklung spielen für die Entwicklung des Unternehmens eine zentrale Komponente.

Bis auf wenige Ausnahmen stieg der Umsatz des Unternehmens in den vergangenen 15 Jahren kontinuierlich an. 2009 setzte das Tech-Unternehmen noch 160 Millionen Franken ab, dieses Jahr werden es voraussichtlich 490 Millionen Franken sein. Bis Ende 2026 rechnen Analysten mit einem weiteren Umsatzwachstum von knapp 16 Prozent.

Und doch ist das Unternehmen enorm günstig bewertet. Lediglich ein KGV von 9 bringt Cicor auf die Waage. Selbst im eigenen historischen Vergleich liegt das unter dem 15-jährigen Durchschnitt von circa 12. Weshalb?

Kursverlauf von Cicor in Franken.

Die tiefen Margen und die volatilen Gewinne könnten eine Erklärung sein. Obwohl das Unternehmen jedes Jahr den Umsatz steigert, sind die Ergebnisse volatil und nicht im gleichen Tempo angestiegen. In den letzten 15 Jahren schwankte das EPS zwischen minus 1,4 Franken und plus 3,3 Franken. Dieses Jahr dürften die Resultate aus der mehrjährigen Bandbreite ausbrechen und 4 Franken erreichen. 

Obwohl die Ebitda-Margen stabil sind, erreichten sie in den besten Jahren nur ein Niveau von knapp 12 Prozent - auch mit Blick auf die nächsten zwei Jahre dürfte sich dies nicht ändern. Für Technologieunternehmen ist dies ein tiefes Niveau. «Hardware»-Unternehmen wie VAT, Comet oder Apple erzielen Ebitda-Margen zwischen 20 bis 30 Prozent. «Software»-Konzerne wie Microsoft erreichen Margen von sogar über 50 Prozent.

Als weiterer Bremsklotz entpuppt sich das Capex. Da das Unternehmen investieren muss, um wettbewerbsfähig zu bleiben, leisten die Investitionsausgaben einen dauerhaften negativen Beitrag an den Cashflow - mit leicht steigender Tendenz. Dies führt dazu, dass der freie Cashflow in schlechten Jahren ins Minus fällt. 

Mit Akquisitionen den Markt bereinigen

Seit einigen Jahren verfolgt der Elektronikproduzent eine aktive Akquisitionsstrategie. Gemäss eigenen Angaben ist der EMS-Markt mit über 1’700 Unternehmen fragmentiert und für eine Konsolidierung prädestiniert. Skaleneffekte sowie die eigentlich hohen Eintrittsbarrieren aufgrund komplexer Technologien dürften den Unternehmen, die Akquisitionen durchführen können, zum Vorteil verhelfen. Die Leadership-Position im Markt hat noch kein Unternehmen beansprucht. 

Die Nettoschulden des Unternehmens sind im Verhältnis zum Ebitda weiterhin tief (circa 1,5). Cicor kann somit neben dem organischen Wachstum über Zukäufe wachsen und diese M&A-Strategie über Jahre hinweg weiterverfolgen. Falls es Cicor im jetzigen (schwachen) Marktumfeld möglich ist, günstig Unternehmen zuzukaufen, dürfte sich der Zinseszinseffekt der reinvestierten Mittel - also via Akquisitionen oder Innovation - langfristig überproportional auf den Aktienkurs auswirken.

Durch die erzielten Skaleneffekte der Übernahmen dürfte damit nicht nur das operative Ergebnis ansteigen, sondern auch die tiefe Bewertung auf oder über den langfristigen Durchschnitt ansteigen. Der Aktienkurs hätte damit zwei starke Treiber.

Dies sehen auch die Unternehmensanalysten so. Zwar wird das Unternehmen von nur fünf Experten abgedeckt, doch sind diese unisono zuversichtlich über den künftigen Geschäftsverlauf sowie Aktienkursentwicklung. Das einjährige Kursziel sehen sie über 50 Prozent höher und alle empfehlen die Cicor-Titel zum Kauf. Gleichzeitig heben sie seit fast zwei Jahren die Umsatz-, Ebit- und Gewinnerwartungen abermals an.

Luca_Niederkofler
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