Dividendenzahlungen sind die gängigste Form, mit der börsenkotierte Schweizer Unternehmen überschüssige Liquidität an die Aktionäre zurückführen. An zweiter Stelle folgen Aktienrückkauf-Programme, die je nach Marktlage genauso populär sind.
Der Vorteil dieser Art von Kapitalrückführung ist zweierlei: Einerseits sind diese Aktienrückkäufe für die Aktionärinnen und Aktionäre im Gegensatz zu den ausgeschütteten Dividenden steuerneutral. Zweitens sinkt die Anzahl der sich im Umlauf befindlichen Aktien, wodurch der Gewinn pro Aktie steigt. Man spricht hier von einer sogenannten Gewinnverdichtung. Dies tritt allerdings nur ein, falls der Unternehmensgewinn gleich bleibt oder steigt und die zurückgekauften Aktien vom Unternehmen vernichtet werden.
Im ersten Quartal 2024 haben mit ABB, Geberit, Holcim, Logitech, Lonza, Mobilezone, Nestlé, Novartis, Sonova und Swiss Life neun Schweizer Unternehmen für 4,64 Milliarden Franken eigene Aktien zurückgekauft, wie die Zürcher Kantonalbank ZKB) errechnet hat. Die grössten Brocken entfallen dabei auf Nestlé mit 1,88 Milliarden Franken und Novartis mit 1,52 Milliarden Franken, gefolgt von Lonza mit 401 Millionen Franken.
Setzt man das aktuelle Rückkauf-Volumen 2024 in Relation zur Börsenkapitalisierung, so steht Lonza an oberster Stelle. Der Pharma-Auftragsfertiger hat für 1,56 Prozent der ausstehenden Börsenkapitalisierung Aktien zurückgekauft, gefolgt von Logitech mit 0,96 Prozent. Nestlé und Novartis bringen es je auf 0,71 respektive 0,76 Prozent.
Das Aktienrückkauf-Programm von Sonova ist für den Moment sistiert. Omar Brem, Leiter Research bei der Zürcher Kantonalbank geht davon aus, dass das Programm im zweiten Halbjahr 2024/25 ab 1. Oktober aufgenommen wird - sofern keine grösseren Akquisitionen durch den Hörgerätehersteller getätigt werden.
Neben diesen Programmen wird dasjenige der UBS und der Zurich Insurance demnächst aufgenommen, wie untenstehende Tabelle zeigt. Dies dürfte den Kurs bei beiden Firmen in den nächsten Monaten unterstützen.
Unternehmen | Total Grösse in Millionen Franken | Bisheriges Volumen 2024 in Millionen Franken | in Prozent der Marktkapitalisierung | Start | Ende | Performance 2024 |
ABB | 1’000 | 267,7 | 0.39% | Apr. 24 | Jan. 25 | 29,2 Prozent |
Geberit | 650 | 63,5 | 0.35% | Juni 22 | Juni 24 | 5,1 Prozent |
Holcim | 1’000 | 216,7 | 0.58% | März 24 | Dez. 24 | 20,2 Prozent |
Logitech | 1’000 | 132,0 | 0.96% | Juli 23 | Juli 26 | 1,1 Prozent |
Lonza | 2’000 | 401,1 | 1.54% | Apr. 23 | Juni 25 | 50,4 Prozent |
Nestlé | 20’000 | 1’887,9 | 0.71% | Jan. 23 | Dez. 24 | -2,0 Prozent |
Novartis | 15’000 | 1’527,1 | 0.76% | Juli 23 | Dez. 25 | 9,9 Prozent |
Sonova | 1’500 | 0,0 | 0.00% | Apr. 22 | Apr. 25 | 8,4 Prozent |
UBS | 2’000 | 0,0 | 0.00% | März 24 | offen | 6,0 Prozent |
Zurich | 1’100 | 0,0 | 0.00% | Mai 24 | offen | 3,1 Prozent |
Total 1.1. bis 13.5.2024 | 4'645,9 |
Quelle: Zürcher Kantonalbank, Vontobel, Bloomberg-Daten
In Bezug auf die Kursperformance fällt das Verpuffen eines Effekts bei Nestlé auf, wo der Kursrückgang seit Anfang Jahr trotz Programm nicht gestoppt werden konnte. Zu negativ fielen die Analysteneinschätzungen aus, nachdem sowohl der Jahresabschluss 2023 als auch die Zahlen zum ersten Quartal 2024 nicht zu überzeugen vermochten.
Auf der anderen Seite wissen die Überflieger-Titel ABB, Lonza und Holcim nicht nur bei den Aktienrückkäufen, sondern auch bei den operativen Zahlen zu überzeugen. Insofern kann diesbezüglich klar festgestellt werden: Stimmen die fundamentalen Daten nicht, so führen Aktienrückkäufe nicht per se zu steigenden Kursen.
Bei Logitech ist das Aktienrückkaufprogramm dagegen nicht wirklich zum Vorteil der Investoren. Die vom Maushersteller zurückgekauften Titel werden nicht vernichtet, sondern für Aktien- und Optionsprogramme des Managements und der Mitarbeiter verwendet. Damit bleibt die Anzahl der ausstehenden Aktien gleich.
Weniger Programme als vor Jahresfrist
Einige Aktienrückkauf-Programme wurden per Ende 2023 - so von Lindt & Sprüngli, Meier Tobler und Vaudoise - sowie Swiss Life per Anfang April 2024 abgeschlossen und hernach keine neuen Programme aufgelegt.
Ein Blick zurück in die Vergangenheit zeigt eine rückläufige Entwicklung. Mit Swisscom und Julius Bär fielen zwei prominente Vertreter weg. Ersterer hat aufgrund der geplanten Übernahme von Vodafone Italia derzeit keinen Spielraum und zweiterer nach dem Benko-Abschreiber kurzfristig auch nicht.
Der Rückgang der Anzahl hängt gemäss Manuel Lang, Aktienanalyst bei Vontobel, damit zusammen, dass ein Grossteil der Programme 2022 ins Leben gerufen wurde - also zu jener Zeit, als die Aktienkurse nach dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs im Keller lagen. «Heute sind die Bewertungen wesentlich höher und Unsicherheiten bezüglich der Entwicklung von Geopolitik, Inflation und Wirtschaft sichtbar. Das lässt die Unternehmen zurückhaltender werden bei der Auflage von neuen Aktienrückkaufprogrammen», so der Vontobel-Experte.
Es zeigt sich zudem ein Gefälle auf. Die Aktienrückkaufprogramme der im Swiss Market Index (SMI) vertretenen Unternehmen sind wesentlich zahlreicher als die der Mid und Small Caps. Derzeit hat mit Mobilzone nur ein Small Cap ein Aktienrückkaufprogramm offen.
Stärkerer Fokus in den USA
Die US-Unternehmen kaufen in diesem Jahr für fast eine Billion Dollar eigene Aktien zurückzukaufen, wie cash.ch hier berichtete. Im Jahr 2025 dürfte der Betrag gemäss Goldman Sachs gar die Marke von einer Billion Dollar überschreiten.
Aktienrückkäufe sind das Rückgrat der US-Aktienmärkte. Mit Abstand am meisten eigene Aktien kauft Apple zurück. Jüngst kündigte der Technologiekonzern mit 110 Milliarden Dollar den grössten Aktienrückkauf aller Zeiten an. Die Gesamtrechnung mit in den letzten zehn Jahren zurückgekauften Aktien im Wert von 625 Milliarden US-Dollar kann sich sehen lassen.
Dagegen stehen die Aktienrückkäufe in der Schweiz weniger im Fokus, wie Matthias Geissbühler, Anlagechef der Raiffeisen, auf Anfrage von cash.ch erklärt. «Schweizer Firmen sind dafür in der Regel als sehr zuverlässige Dividendenzahler bekannt.»
Aktien werden auf verschiedene Art zurückgekauft
Es gibt verschiedene Methoden, wie ein Unternehmen eigene Aktien zurückkaufen kann: Entweder erfolgt der Rückkauf an der Börse oder direkt von den Aktionären. Am verbreitetsten ist der Rückkauf über eine sogenannte zweite Handelslinie. Das ist eine speziell eingerichtete Handelslinie an der Schweizer Börse SIX, an der ausschliesslich die zurückkaufende Unternehmung als Käufer auftritt.
Ein Hauptgrund für den Rückkauf eigener Aktien ist die höhere Flexibilität im Vergleich zu einer Dividendenerhöhung. Das Rückkaufprogramm kann jederzeit gestoppt werden, während viele Unternehmen eine Kürzung der Dividenden vermeiden möchten. Es gibt jedoch auch andere Gründe für Aktienrückkäufe: Aktiengesellschaften können sich auf diese Weise vor feindlichen Übernahmen schützen oder die Gesellschafterstruktur ändern, indem sie die Anzahl der Aktionäre reduzieren.
Wie problematisch sind Rückkaufprogramme?
Aktienrückkäufe sind nicht unproblematisch und werden zuweilen auch von Anlegerinnen und Anlegern kritisiert. Einerseits verringern diese automatisch das Eigenkapital des Unternehmens, was das Risiko einer Pleite erhöhen kann. Andererseits werden diese Rückkäufe oftmals durch Fremdkapital finanziert. Das heisst, das Unternehmen nimmt Kredite auf, um Aktien von den Aktionären zurückzukaufen. Dies ist nur solange tragbar, wie das Unternehmen freie Cashflows erzielt.
Ferner kann ein kurzfristiger Anstieg des Aktienkurses aus Eigeninteresse des Managements angestrebt werden - besonders, wenn deren Vergütung von der Börsenperformance abhängt.
Zudem kann die sogenannte Strategie der Gewinnverdichtung - weniger Aktien heisst ein steigender Gewinn pro Aktie - auf den ersten Blick vorteilhaft für die Aktionäre erscheinen, jedoch auf Kosten von Investitionen in die Zukunft des Unternehmens gehen. Langfristig fehlende Investitionen können das Wachstum des Unternehmens beeinträchtigen, besonders wenn die Konkurrenz sich weiterentwickelt und das Unternehmen überholt.
Steuerlicher Vorteil
Trotz dieser Bedenken ist es für die meisten Anlegerinnen und Anleger in der Schweiz finanziell vorteilhafter, Kursgewinne statt Dividenden zu erzielen. Dividenden sind in der Schweiz steuerpflichtig, während Kapitalgewinne in Form von Kursgewinnen nicht versteuert werden müssen. Ausserdem müssen die Anleger die ausgeschütteten Beträge nicht neu investieren, da das bestehende Investment durch die Gewinnverdichtung im Idealfall an Wert gewinnt.
3 Kommentare
Oft werden Aktienrückkäufe getätigt wenn der Aktienkurs schon hoch ist, wenn der Kurs jedoch tief ist, und man für den gleichen Betrag viel mehr Aktien kaufen könnte ist das Pulver verschossen. Bestes Beispiel in jüngster Zeit ist Adecco.
Aktienrückkäufe sind eine großartige Maßnahme, die in der Schweiz und Europa oft kritisch betrachtet werden. Sie werden häufig negativ bewertet, obwohl sie entscheidend zur Erzielung von Mehrrenditen beitragen. Für mich persönlich sind sie ein sehr wichtiges Kaufkriterium. Ohne Aktienrückkäufe wäre der Aktienkurs von Roche nicht auf dem heutigen Niveau. Unternehmen würden weniger teure und sinnlose Übernahmen durchführen, wie es bei Hochdorf und Bayer der Fall war, was zu massiver Wertvernichtung führte. Auch Novartis musste jahrelang den überteuerten Kauf von Alcon und anderen Firmen verkraften, was die Rendite der Aktionäre beeinträchtigte. Solche Übernahmen verdecken oft interne Probleme, wie das Beispiel Cisco mit dem Kauf von Splunk für beeindruckende 28 Milliarden zeigt.
Der einzige Fall, in dem Aktienrückkäufe keinen Sinn ergeben, ist, wenn das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) viel zu hoch ist.
Ein sehr guter Artikel mit den Vor- und Nachteilen beleuchtet, vielen Dank.