Die Zölle, die US-Präsident Donald Trump vergangene Woche angekündigt hatte, sind seit Mittwoch in Kraft. Schaden wurde bereits reichlich angerichtet, der Ausverkauf an den Börsen weltweit zeigt dies. Weiteres Ungemach droht, zum Beispiel konjunkturell - oder wenn die Vereinigten Staaten auch auf Pharmaprodukte Zölle erheben sollten.
In solchen Zeiten zähle vor allem eines, sagt Roman Przibylla, Leiter Investments bei Maverix Securities: Resilienz, Widerstandskraft in schwierigen Situationen also. «Zölle können einzelne Sektoren treffen, aber sie sind kein Grund, ein solides langfristiges Anlagekonzept über Bord zu werfen», sagt Przibylla. Volatilität sei temporär, Disziplin zahle sich aus.
Wohl sind die Märkte in den vergangenen Tagen stark unter Druck geraten. Allein der Schweizer Leitindex SMI büsste seit der US-Zollankündigung mehr als 13 Prozent oder rund 1700 Punkte ein. Kaum eine Aktie kam ungeschoren davon. «Aber mittelfristig gibt es Sektoren und Unternehmen, die von den US-Zöllen nicht oder nur sehr gering betroffen sind, sogenannte ‹Zollfreie Aktien›», erklärt der Maverix-Investmentchef. Zu diesen Aktien zählt er SGS, Geberit sowie Versicherungstitel wie Baloise und Swiss Re.
SGS dürfte laut Analystin weiterwachsen
Der Warenprüfkonzern SGS profitiere sogar indirekt von Handelsbarrieren: Da bei Handelskonflikten der Prüf- und Zertifizierungsbedarf steigt, zum Beispiel für Import- und Exportwaren, kann SGS weltweit von mehr Geschäft profitieren - «unabhängig von Zollrisiken».
Przibyllas These wird durch eine aktuelle Einschätzung der US-Bank JPMorgan gestützt. Sie senkt zwar das Kursziel um einen Franken auf 102 Franken, stuft SGS aber weiterhin «Overweight», also mit Übergewichten, ein. Zur Begründung heisst es, die SGS-Aktien seien meist sehr widerstandsfähig.
Die zuständige Analystin geht weiterhin von einem soliden organischen Wachstum und steigenden Margen des SPI-Unternehmens aus. Sie rechnet nicht damit, dass das Management die Guidance für 2025 anpassen muss. Diese Einschätzung ist nicht unangefochten. Es gab schon früher Bedenken, dass SGS unter einer Verlangsamung der Exporte - etwa von Asien nach den USA - erfasst werden könnte.
Ein anderer SPI-Titel, der mit den Zöllen zurecht kommen dürfte, ist Medacta. Am Mittwoch hat die Privatbank Berenberg das «Buy»-Rating und das Kursziel von 160 Franken für das Tessiner Orthopädieunternehmen bestätigt. Gegenüber dem Schlusskurs vom Dienstag ergibt sich ein mittelfristiges Gewinnpotenzial von knapp 40 Prozent. Die US-Zölle seinen eindeutig eine Herausforderung für Medacta. Aber das Management habe aufgezeigt, was es zum Ausgleich tun könne.
Dazu zählt die kürzlich erfolgte Übernahme des US-Unternehmens Parcus Medical, das auf Sportmedizin und Arthroskopielösungen spezialisiert ist. Die Akquisition eröffne die Möglichkeit, einige Prozesse in die USA zu verlagern, schreibt der zuständige Berenberg-Analyst. Ebenfalls könne die Produktion mittelfristig in die Vereinigten Staaten ausgedehnt werden. Bislang produziert Medacta in den Tessiner Ortschaften Castel San Pietro und Rancate und plante schon zum Zeitpunkt der Übernahme, die Produktionsstätte von Parcus in Florida zu übernehmen, wie es in der Mitteilung von Anfang März hiess.
Geberit «kaum betroffen»
Unter den von Przibylla als zollfrei herausgehobenen Aktien befindet sich auch das Sanitärtechnikunternehmen Geberit. Die Rapperswiler machen nur 3 Prozent des Nettoumsatzes in Amerika. «Daher wären mögliche US-Zölle oder Handelskonflikte für das Unternehmen kaum relevant», sagt der Maverix-Investmentspezialist.
Zu Geberit ist auch die US-Bank Goldman Sachs positiv gestimmt. Am Dienstag hat sie das «Buy»-Rating bestätigt und das Kursziel auf 615 von 597 angehoben. Damit traut sie den Valoren des Sanitärtechnikers mittelfristig einen rund 20-prozentigen Kursgewinn zu.
Versicherungsaktien sind relativ gut vor Zöllen geschützt
Offensichtlich haben Versicherungsaktien wie Swiss Re und Baloise in den vergangenen, vom Zollstreit geprägten Tagen gelitten, der Rückversicherer mit einem Minus von 15 Prozent, das Unternehmen aus Basel mit einem Verlust von gut 12 Prozent. Grundsätzlich aber sieht die Lage besser aus: «Versicherungen sind geografisch breit diversifiziert und nicht zollpflichtig», erklärt Przibylla.
Auch laut der Zürcher Kantonalbank sind die US-Zölle für die Versicherungsunternehmen nicht direkt relevant. «Die Versicherer sind grundsätzlich lokal tätig», schreiben die Analysten in einem Branchenfokus dieser Woche.
Die Unternehmen sind aber den Sekundäreffekten wie einer schwächer werdende Wirtschaft, tieferen allgemeinen Kapitalmarktzinsen oder der Entwicklung der Corporate Credit Spreads ausgesetzt. Bei letzteren handelt es sich um die Renditedifferenz zwischen zwei Anleihen. Eine Ausweitung der Spreads deutet auf eine erhöhte Ausfallwahrscheinlichkeit von Bondanlagen hin.
«Versicherer sind umfangreiche Bondinvestoren, weshalb ein Anstieg der Credit-Spreads ein erhöhtes anlageseitiges Geschäftsrisiko bedeutet», schreiben die Analysten der Zürcher Kantonalbank.
1 Kommentar
Versicherungen sind eine gute Empfehlung. Ich würde auch wichtige Infrastrukturfirmen dazu nehmen, ABB (da auch USA-Produktion) oder ganz klar Burkhalter (da spielt die US kaum eine Rolle.