Die Folgen des Ukraine-Kriegs für die globale Wirtschaft werden langsam greifbar: weniger Wachstum, höhere Inflation wegen der gestiegenen Energiepreise und bald wohl auch höhere Zinsen - aller Voraussicht nach wird die US-Notenbank Fed diesen Mittwoch die Leitzinsen anheben. Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnt davor, dass sich die Weltwirtschaft auf schockierendes Terrain zubewegt.
An den weltweiten Börsen hat sich seit dem Kriegsausbruch am 24. Februar grosse Unsicherheit breit gemacht. Der Swiss Market Index verlor seit dem Beginn der Invasion 2,5 Prozent. Das Kursminus seit Jahresbeginn summiert sich auf knapp 10 Prozent. Es erstaunt wegen der anhaltenden Krise nicht, dass die Analysten die zukünftige Entwicklung an den Märkten pessimistischer sehen und in immer höherer Kadenz ihre Kursziele für einzelne Titel zusammenstreichen.
Eine Auswahl der Kurszielreduktionen vom Montag:
Dufry
Die Grossbank UBS senkt das Kursziel für den Reisedetailhändler Dufry von 48 auf 46 Franken. Gegenüber dem aktuellen Kurs von 36 Franken entspricht dies trotzdem einem Aufwärtspotenzial von 28 Prozent. Die Einstufung lautet weiterhin "Neutral".
Die Covid-19-Pandmie dürfte den Reisedetailhändler im laufenden Jahr noch stärker belasten als zuvor angenommen, schreibt UBS-Analyst Joern Iffert. Auch wirke sich die steigende Inflation negativ auf die Geldbörsen der Konsumenten aus und zudem könnten die Flugtickets teurer werden. Weitere Gegenwinde seien die höheren Lohnkosten und die gestiegenen geopolitischen Risiken, so der Experte weiter. Insgesamt sehe er derzeit bei Konsenserwartungen eher einen Revisionsbedarf gegen unten als gegen oben.
Die Analysten der Bank Vontobel sind pessimistischer und senken das Kursziel für Dufry von 48 Franken auf 42. Die Einstufung lautet weiterhin "Hold". Im Januar und Februar hätten die positiven Trends im globalen Reiseverkehr trotz Omikron angehalten, schreibt Vontobel-Analyst Pascal Furger. Die Erholung werde sich im Jahresverlauf fortsetzen, aber die geopolitischen Unsicherheiten hätten die Risiken bei den Titeln erhöht. Auch bleibe die Präsenz im wichtigen Wachstumsmarkt Asien gering, so der Experte weiter.
Lindt&Sprüngli und Barry Callebaut
Die US-Grossbank Goldman Sachs senkt das Kursziel für den Schokoladenhersteller Lindt&Sprüngli im Rahmen einer Branchenstudie von 129'000 auf 125'000 Franken. Der anvisierte Kurs entspricht einem Aufwärtspotenzial von 23 Prozent. Die Einstufung lautet weiterhin "Buy".
Goldman Sachs senkt das Kursziel für Barry Callebaut im Rahmen der gleichen Branchenstudie von 2700 auf 2600 Franken. Das implizierte Aufwärtspotenzial liegt bei knapp 25 Prozent. Die Einstufung für den Kakao- und Schokoladeproduzenten lautet weiterhin "Buy".
Sowohl Russland als auch die Ukraine spielten eine wichtige Rolle für das weltweite Getreideangebot, was die Inflation in den von ihnen beobachteten Warenkörben weiter in die Höhe treibe, schreiben die Experten von Goldman Sachs. Getreide allein spiele für die in der Studie betrachteten Markenunternehmen zwar keine grosse Rolle, wegen des insgesamt erhöhten Inflationsdrucks von Energie bis hin zu landwirtschaftlichen Rohstoffen schätzen sie jedoch die durchschnittliche Inflation für die Unternehmen im laufenden Jahr auf fast 15 Prozent. Dies sei ein Anstieg gegenüber 9 Prozent im Dezember. Sie gehen derzeit davon aus, dass die jüngste Inflation bis ins Jahr 2023 anhalten werde.
Sie seien der Meinung, dass der wichtigste Teil der Debatte nicht die Frage sei, wer von den einzelnen Rohstoffen abhängig sei, sondern vielmehr, welche Unternehmen über die Preisgestaltungsmacht verfügten, um Preiserhöhungen im Einzelhandel durchzusetzen. Innerhalb ihres Universums bevorzugten die Analysten von Goldman Sachs Nestlé, Barry Callebaut und Lindt&Sprüngli, während sie bei Danone und Essity vorsichtiger seien.
Credit Suisse
JPMorgan senkt das Kursziel für die Grossbank Credit Suisse in einer Studie zu europäischen Banken von 9,50 auf 7,90 Franken. Da die Aktie seit Jahresbeginn mit minus 18 Prozent korrigiert hat, liegt das anvisierte Kursziel trotz der deutlichen Zusammenstreichung 9 Prozent über dem aktuellen Kurs. Die Einstufung lautet weiterhin "Underweight".
Aufgrund der geopolitischen Unsicherheiten, den höheren Rohstoffpreisen und den Marktturbulenzen senken die Experten ihre Gewinnschätzungen für 2022 bis 2024 sektorweit um durchschnittlich 15 Prozent. Bei Credit Suisse erscheine das Chancen/Risiko-Profil derzeit nicht attraktiv, heisst es.
Das Management habe angesichts der Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie und der instabilen geopolitischen Lage auf eine Guidance für das laufende Jahr verzichtet, schreibt Analystin Britta Simon. Der Start ins 2022 sei mit Blick auf die Umsatzentwicklung geglückt, allerdings dürfte die EBITDA-Marge von 31 Prozent aus den Jahren 2020 und 2021 in diesem Umfeld nicht erreichbar sein.
(cash/AWP)