Die ersten drei Monate des Jahres waren über weite Strecken geprägt von einem Regierungswechsel in den USA, Zollkonflikten sowie erhöhtem Stress an den globalen Finanzmärkten. US-Präsident Donald Trump habe seinen Erfolg in der ersten Amtszeit daran gemessen, ob der S&P 500 steigt oder nicht, sagt Yves Bonzon, Anlagechef der Bank Julius Bär. «Jetzt, in seiner zweiten Amtszeit, dreht sich alles um die ‹Main Street› und nicht mehr um die ‹Wall Street›.»
In Europa wirft ein Hunderte Milliarden Euro schweres deutsches Fiskalpaket Fragen auf, insbesondere: Wird dieses Paket eher die Konjunktur beflügeln oder eher die Inflation nach oben treiben - mit der Folge, dass die Leitzinsen wieder steigen oder zumindest nicht weiter sinken können.
Alles in allem ist die Vermutung: Nach einem turbulenten Jahresbeginn müssen Anleger auch weiterhin mit Unwägbarkeiten rechnen. Investitionen in Gold, den eher defensiven Schweizer Markt oder global in konservative Aktien bieten sich an, sind aber nicht der einzige Weg.
«Nebenwerte sind weniger volatil als börsengehandelte Aktien, weshalb sie den Anlegern einen besseren Schutz gegen Kursschwankungen bieten», sagt Björn Zern, Gründungspartner und Geschäftsleiter von schweizeraktien.net sowie Verwaltungsratsmitglied des Analyseunternehmens Research Partners.
Nebenwerte - damit sind Aktien nicht börsenkotierter Unternehmen gemeint. Sie werden über ein separat organisiertes Handelssystem gekauft und verkauft. Ein solches System ist OTC-X, das von der Berner Kantonalbank (BEKB) betrieben wird.
Regionalbanken sind «ein Fels in der Brandung»
Jene Unternehmen sind laut Zern überwiegend regional ausgerichtet und daher weniger stark von geopolitischen Einflüssen betroffen. Zudem gebe es keine Derivate auf Nebenwerte.
Beispiele sind Regionalbanken, die «ein Fels in der Brandung» seien, wie der Experte sagt. «Sie dürften weiterhin vom stark laufenden Immobiliengeschäft profitieren.» Allerdings würden nach den Leitzinssenkungen die Zinsmargen wieder etwas enger.
Der entsprechende Branchenindex, der OTC-X Banken, hat seit Anfang Jahr rund 0,5 Prozent verloren. Diesem Trend hat sich eine Reihe von Finanzinstituten aber widersetzt, etwa die SB Saanen Bank, deren Valoren seit Jahresbeginn 6,1 Prozent gestiegen sind. Zuletzt wurden sie zu 5100 Franken gehandelt. Aktionäre erhalten eine Dividende von 54 Franken, nach 51 Franken im Vorjahr.
Ein Plus von 3,9 Prozent seit Jahresbeginn verzeichnet die Aktie der Spar- und Leihkasse Bucheggberg (SLB). Zurzeit wechselt sie für 8000 Franken den Besitzer oder die Besitzerin. Mit einem Kurs-Buchwert-Verhältnis von 0,57 ist die SLB-Aktie indes niedrig bewertet.
In den letzten Jahren habe man die Nachfrage nach den Aktie aus dem Eigenbestand bedienen können, sagt CEO Thomas Vogt in einem Interview von Mitte März. «Aktuell übersteigt die Nachfrage jedoch das Angebot, wodurch sich die Unterbewertung tendenziell verringern wird.»
Gemessen an den Geschäftszahlen ist die Bank solide unterwegs: 2024 betrug der Gewinn 1,52 Millionen Franken, nach 1,46 Millionen Franken im Jahr 2023. Das Cost-Income-Ratio ist auf 47,38 von 47,74 Prozent gesunken, die Bank ist also etwas kosteneffizienter geworden.
Stabile Werte aus dem Tourismussektor
Nebenwerte aus dem Tourismusbereich sind zwar von Gästen und damit der wirtschaftlichen Entwicklung im Ausland abhängig. Doch: «Die bekannten Destinationen haben sich gut diversifiziert, zudem leben sie zu einem guten Teil auch von Schweizer Gästen.» Das helfe den Unternehmen in diesem Sektor, sagt Björn Zern.
Zu diesen Unternehmen zählen zum Beispiel die Rigi Bahnen, die mit einem Jahresgewinn von 5,1 Millionen Franken im Jahr 2023 und knapp 4,4 Millionen Franken im Jahr 2022 das Corona-Tief zügig und deutlich überwunden hatten. Von 2019 auf 2020 war der Jahresgewinn von 3,4 Millionen auf 354'000 Franken geschmolzen.
Stabiler zeigte sich die Aktie. Seit Ende 2018 wurde sie selten für weniger als 8 Franken wert. Zurzeit wird sie für 11,20 Franken gehandelt. Damit aber liegt sie deutlich über dem Stand, den sie vor 15 Jahren hatte. Damals wurde sie für unter 4 Franken gehandelt - und ist dann über die Zeit hinweg gestiegen.
Die Seilbahn Weissenstein hat den Gewinn seit 2017 Jahr für Jahr gesteigert, von damals 334'429 Franken auf 566'819 Franken im Jahr 2023. Auch 2020, dem ersten Pandemiejahr, stieg der Gewinn, und zwar um über 70'000 Franken.
Das Ergebnis sei «zu einem guten Teil unserer Preispolitik geschuldet, welche auf moderate Preise und attraktive Angebote für Familien setzt», schrieb der Verwaltungsratspräsident den Aktionären. Die Betriebsstatistik bestätigt diese Aussage: Die Anzahl transportierter Personen war 2020 zwar geringer als 2019, aber höher als 2018.
Ende 2019 war die Aktie 100 Franken wert. Danach sank sie nie unter 90 Franken und überquerte zwischenzeitlich die 130-Franken-Marke. Gegenwärtig wird sie für 119 Franken gehandelt und zählt zu den liquidesten Titeln der Plattform OTC-X.
Cham Group: Aussicht auf Fusion und Börsengang
Kurz vor einem Meilenstein steht die Cham Group. Durch die Fusion mit Ina Invest soll eine der führenden Immobiliengesellschaften der Schweiz entstehen, wie das Unternehmen Ende Februar mitteilte. Zern bestätigt dies. Die neu geschaffene Immobiliengesellschaft werde landesweit 20 Areale entwickeln - «was Zeit braucht, aber stabile Gewinne verspricht».
Die Fusion muss durch die Generalversammlungen der Cham Group und der Ina Invest gutgeheissen werden. Die Aktien der neuen Gesellschaft, der Cham Swiss Properties, sollen ab dem 9. April an der Schweizer Börse gehandelt werden.
Auch weltweit aktive Unternehmen können Nebenwerte sein
Nicht alle ausserbörslich gehandelten Unternehmen sind so stark regional verankert, wie es beispielsweise Regionalbanken sind. Ein Beispiel aus der Industrie ist die Bobst Group, eine Herstellerin von Verpackungsmaschinen. Das Unternehmen ist weltweit aktiv. Über 40 Prozent des Umsatzes macht es in Europa, mehr als 30 Prozent erzielt es in Amerika. Der restliche Umsatz wird in Asien, Ozeanien und Afrika erwirtschaftet.
Somit ist das Unternehmen auch internationalen Einflüssen ausgesetzt. Für 2025 erwartet das Management ein weniger günstiges Jahr. Dies sei hauptsächlich auf Unsicherheiten zurückzuführen, «die aus der gesamtwirtschaftlichen Lage in verschiedenen Märkten sowie der Vielzahl der geopolitischen Spannungen resultieren», wie es in der Mitteilung zum Geschäftsergebnis 2024 heisst.
Allerdings: Die Bobst-Aktie könne man auf Dauer halten, sagt Zern. Sie bietet den Anlegern eine Dividendenrendite von 7,3 Prozent. Das ist mehr als klassische Dividendentitel wie Nestlé (3,4 Prozent) und Swisscom (4,1 Prozent) liefern.
Zurzeit werden die Bobst-Valoren zu 68,10 Franken gehandelt, seit Jahresbeginn sind sie um 4,8 Prozent gestiegen. Damit haben sie den Top-50-Index der OTC-X-Plattform geschlagen; dieser Index stieg seit Anfang Januar zirka 1,2 Prozent, was vergleichsweise mässig, aber solide ist.
In der Regel geringere Liquidität
Aktien wie jene des Zoologischen Gartens Basel oder des Opernhauses Zürich werden oft als Lieberhaber-Aktien gehalten. Rasches Kaufen und Verkaufen ist zudem deshalb schwierig, weil Nebenwerte weniger liquide sind als börsenkotierte Aktien.
Wer aber eine gewisse Liquidität sucht, findet sie in Aktien des OTC-X-Liquidity-Index. In diesem Index sind die liquidesten Werte des ausserbörslichen Handels enthalten - mitunter die Spar- und Leihkasse Bucheggberg, die Saanen Bank, die Seilbahn Weissenstein, die Rigi Bahnen sowie die Cham Group und die Bobst Group.
Titel, die einen besonders liquiden Handel und eine mit börsenkotierten Unternehmen vergleichbare Berichterstattung bieten, sind im OTC-X-Premium-Index zusammengefasst. Beispiele sind die Spar- und Leihkasse Bucheggberg, die Saanen Bank, die Cham Group und die Bobst Group.