"Die Transaktion ist zwar abgeschlossen, aber die wichtigste Phase beginnt erst jetzt", hiess es am Montag in einer internen Mitteilung von UBS-Konzernchef Sergio Ermotti und Verwaltungsratspräsident Colm Kelleher an die Belegschaft. Auf den Konzern warten nun drei bis vier Jahre Knochenarbeit. Mit der Integration müssen sie das Versprechen einlösen, dass sich die staatlich orchestrierte Fusion für die Aktionäre auszahlt und die Schweizer Steuerzahler nicht auf den Kosten sitzen bleiben. Kelleher warnte bereits mehrfach, dass die Zusammenführung der beiden Organisationen mit rund 120'000 Beschäftigten enorme Risiken mit sich bringt. Dass dies keine leeren Worte sind, zeigt die Erfahrung: "Zwei von drei Transaktionen scheitern", sagt Lars Schweizer, Finanzprofessor an der Universität Frankfurt, gestützt auf mehrere Studien.

Nachfolgend einige mögliche Hindernisse:

Bleiben die Kunden?

Mit dem Deal wird die UBS zur weltweiten Nummer zwei im Geschäft mit Reichen, auf dem Papier kommen die Institute auf verwaltete Vermögen von mehr als fünf Billionen Dollar. Doch nicht alle Kunden dürften all ihr Geld bei der neuen Megabank lassen. Gerade Millionäre und Milliardäre unterhalten üblicherweise drei, vier oder fünf Bankbeziehungen, um die Risiken zu streuen. Wer bereits bei beiden Banken Kunde ist, dürfte zögern, das ganze Geld bei der neuen UBS zu lassen. "Eins plus eins wird nicht zwei ergeben", erläutert Alan Mudie, Anlagechef des Vermögensverwalters Woodman. Ein beträchtlicher Teil der Vermögenswerte werde der Bank verloren gehen.

Jede Woche kündigen zudem rund 200 der zuletzt rund 48.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Credit Suisse. Damit sich die Transaktion lohnt, müssen viele Tausend Stellen gestrichen werden. Der Umbau schaffe Unruhe bei allen Beschäftigten, auch bei den Top-Performern, sagt Finanzprofessor Schweizer. "Das führt regelmässig dazu, dass die guten Leute in den Unternehmen von Headhuntern Angebote zum Wechseln bekommen." Die Bank verliere damit Leute, die sie eigentlich halten wolle. "Wir haben sehr viele Anfragen von CS-Leuten, zum Teil auch von UBS-Leuten", sagt ein Manager bei einem Schweizer Vermögensverwalter. "Wir machen Cherry Picking." Wechselt ein Kundenberater die Bank, folgt ihm üblicherweise rund ein Fünftel des betreuten Vermögens.

Bekriegen sich die Beschäftigten?

UBS und Credit Suisse waren jahrzehntelang scharfe Konkurrenten. Nun soll eine neue Einheit entstehen. "Wir dürfen nicht an alten Rivalitäten festhalten", ermahnten Kelleher und Ermotti die Mitarbeiter. Viele Angestellte stemmen sich aber grundsätzlich gegen Veränderungen, zeigt die Erfahrung von Personalabteilungen. "Das heisst, dass es auf der Ebene des Personals Widerstand gegen die Übernahme gibt, was wiederum die Integration erschweren wird", erklärt Mudie.

Bei Fusionen kümmern sich viele Mitarbeiter mehr um ihre eigene Position im neuen Unternehmen als um die Kunden. Um in der Branche herauszustechen, müssten Banken in Wachstum und Innovation investieren, in Bereiche wie Fintech und Künstliche Intelligenz, erklärte Arturo Bris, Professor an der Lausanner Kaderschmide IMD. "Ich glaube nicht, dass dies in den nächsten Jahren die Hauptpriorität sein wird, während sich die Bank auf die Integration konzentriert. Das ist ein grosses Risiko." Bei Zusammenschlüssen zwischen etablierten Banken werde üblicherweise für die Aktionäre kein Wert geschaffen.

Staatliche Fesseln?

Die Mehrheit des Schweizer Parlaments reagierte feindselig auf den Deal. In den vergangenen Wochen haben sich die Abgeordneten mit Vorschlägen überboten, wie eine mögliche erneute Rettung einer Grossbank in Zukunft vermieden werden kann. Die neue UBS kommt auf eine Bilanzsumme, die doppelt so gross ist wie die jährliche Wirtschaftsleistung des Landes. Eine erneute Schieflage könnte deshalb die Kräfte der Schweiz übersteigen. Die Forderungen der Politik reichen von Bonusbeschränkungen und höheren Eigenkapitalanforderungen bis hin zur Einführung eines Trennbankensystems oder der Abspaltung des Schweizer Geschäfts der CS. Über dessen Zukunft will Ermotti bis Ende Sommer entscheiden.

Die Sozialdemokraten etwa schlagen eine Gesetzesänderung vor, wonach die Bilanzsumme einer Bank nicht grösser als 50 Prozent des Bruttoinlandproduktes sein darf. Forderungen wie diese haben wohl auch mit den im Herbst anstehenden Wahlen zu tun. Trotzdem ist klar: Ignoriert die Bank die Bedenken der Öffentlichkeit, muss sie mit einem Reputationsschaden rechnen. Ganz ohne zusätzliche regulatorische Einschränkungen wird die UBS zudem kaum davonkommen. So hat Finanzministerin Karin Keller-Sutter in Aussicht gestellt, dass die Finanzmarktaufsicht Finma gestärkt werden soll. RBC-Analystin Anke Reingen geht davon aus, dass die UBS in eine höhere Risikoklasse kommen dürfte und damit über die Zeit zusätzliche Kapitalpuffer bereitstellen muss.

Weitere Leichen im Keller?

Vollen Einblick in die CS-Bücher erhält die UBS erst mit dem Vollzug der Übernahme. Erst jetzt kann sie klären, ob dort nicht doch noch böse Überraschungen schlummern. Vontobel-Analyst Andreas Venditti rechnet gemäss einer Studie vom vergangenen Monat mit Kosten zur Beilegung der CS-Rechtsstreitigkeiten von drei bis fünf Milliarden Dollar, rund drei Mal mehr als die Bank beiseite gelegt hatte. Zudem veranschlagt er Restrukturierungskosten von acht bis zehn Milliarden Dollar und Verluste in Zusammenhang mit dem Eindampfen von CS-Geschäftsbereichen von fünf bis zehn Milliarden Dollar. "Es besteht das Risiko, dass Verbindlichkeiten bestehen bleiben, während Vermögenswerte und Mitarbeiter abwandern", fasst Venditti zusammen. Pannenanfällig ist auch die Zusammenführung der Informatiksysteme, wie ein Blick nach Deutschland zeigt: Rund 15 Jahre nach der Übernahme der Postbank kämpft die Deutsche Bank immer noch mit der vollständigen Integration der IT-Plattformen.

(Reuters)