Historisch spielen Dividenden für den langfristigen Anlageertrag eine wichtige Rolle, da gut ein Drittel der Gesamtrendite von dort stammt. Dabei kommt den starken Dividendentiteln zugute, dass die Zinsen von den November-Höchstständen zurückgekommen sind und der geldpolitische Gegenwind in einen Rückenwind umschlagen sollte. Gleichzeitig dürfte die Volatilität am Markt angesichts der geldpolitischen, konjunkturellen und geopolitischen Unsicherheit im Jahresverlauf hoch bleiben, was nachhaltige Dividenden-Aktien noch attraktiver macht. Diese bieten ein regelmässiges passives Einkommen. Gleichzeitig sichern diese das Portfolio im Normalfall gegen unten ab.

Dies aus einem guten Grund: Unternehmen, die über Jahre grosszügig Dividenden ausschütten, verfügen meist über eine solide Bilanz mit vergleichsweise hohen Eigenkapitalquoten, einer niedrigen Verschuldung und einer guten Cash-Position. Gute Dividendenzahler finden Anlegerinnen und Anleger dabei nicht nur in der Schweiz oder den USA, sondern, wie untenstehende Tabelle zeigt, auch in Europa.

Italienische Grossbank führt das Feld an

Die Massgebende Richtzahl ist die Dividendenrendite. Sie errechnet sich mit der Dividende pro Aktie eines Unternehmens geteilt durch den Kurspreis der Aktie. Von den 50 grössten Unternehmen aus der Eurozone - im Euro Stoxx 50 abgebildet - bieten die 30 besten Dividendenzahler eine Ausschüttungsrendite von mehr als 2,8 Prozent. Mit 10,7 Prozent abgeschlagen die höchste Dividendenrendite bietet die italienische Grossbank Intesa Sanpaolo, deren Aktien auf Jahressicht gleichzeitig 13 Prozent höher stehen. Die Turiner haben 2023 den Nettozinsertrag stark gesteigert. Neben der üppigen Dividende winkt Investoren auch ein Aktienrückkaufprogramm. 

Ebenfalls grosszügige Dividendenzahler unter den europäischen Banken sind ING Groep (8,9 Prozent), BNP Paribas (8,4 Prozent), Nordea Bank (8,4 Prozent), Banco Bilbao Vizcaya Argentaria (6,1 Prozent), UniCredit (6 Prozent) oder Banco Santander (3,8 Prozent). Obwohl der tiefere Zinsausblick Bankentitel im Allgemeinen im weniger interessanten Licht erscheinen lässt, sehen von Bloomberg befragte Analysten bei allen erwähnten Titeln im Schnitt Kurspotenzial - beispielsweise je plus 33 Prozent bei BNP Paribas oder Banco Santander.

In der Schweiz sind im Gegensatz zum nahen Ausland vor allem Versicherer wie Zurich Insurance, Swiss Life oder Swiss Re als beständige und gute Dividendenzahler bekannt. Axa aus Frankreich und Allianz aus Deutschland landen mit 5,5 und 4,6 Prozent nur im europäischen Mittelfeld. Bei den Veröffentlichungen der 2023er-Jahreszahlen in den kommenden zwei Wochen könnte Axa bei den Aktienrückkäufen und Allianz bei der Dividende laut Marktstimmen positiv überraschen - was den Aktienkurs wohl nach oben treiben würde. 

Titel Dividendenrendite

Dividendenwachstum (Ø 5 Jahre)

Titel Dividendenrendite

Dividendenwachstum (Ø 5 Jahre)

Intesa Sanpaolo 10,7 Prozent +3 Prozent TotalEnergies 5,0 Prozent +3 Prozent
ING Groep 8,9 Prozent +2 Prozent Iberdrola 4,8 Prozent +9 Prozent
BNP Paribas 8,4 Prozent +5 Prozent Allianz 4,6 Prozent +7 Prozent
Nordea Bank 8,4 Prozent +3 Prozent Sanofi 4,4 Prozent +3 Prozent
Bayer 8,3 Prozent -3 Prozent Deutsche Post 4,3 Prozent +10 Prozent
BMW 8,2 Prozent +16 Prozent Koninklijke Ahold Delhaize 4,1 Prozent +11 Prozent
Mercedes-Benz Group 7,7 Prozent +7 Prozent Nokia 4,0 Prozent -9 Prozent
Volkswagen 7,3 Prozent +17 Prozent Vinci 3,9 Prozent +10 Prozent
Enel 7,3 Prozent +9 Prozent Banco Santander 3,8 Prozent -8 Prozent
BASF 7,3 Prozent +2 Prozent Deutsche Telekom 3,5 Prozent +1 Prozent
Stellantis 6,4 Prozent - Danone 3,3 Prozent +1 Prozent
Eni 6,3 Prozent +2 Prozent Kering 3,2 Prozent +13 Prozent
Banco Bilbao Vizcaya Argentaria 6,1 Prozent +13 Prozent Pernod Ricard 3,0 Prozent +15 Prozent
UniCredit 6,0 Prozent +25 Prozent Saint-Gobain 2,9 Prozent +9 Prozent
Axa 5,5 Prozent +6 Prozent Siemens 2,8 Prozent +4 Prozent

Daten: Bloomberg, Stand 16. Februar 2024.

Ausschüttungsquote, Dividendenwachstum und Verschuldungssituation

Es ist aber nicht sinnvoll, eine hohe Dividendenrendite als einziges Kriterium für die Auswahl einer Aktie heranzuziehen und andere Qualitätsfaktoren wie Verschuldungsgrad, Wachstum oder Technologiestand ausser Acht zu lassen. So ist es beispielsweise möglich, dass der Aktienkurs eines Unternehmens aufgrund von fundamentalen Problemen deutlich weniger Cashflow erzielt. So bietet der Chemie- und Pharmakonzern Bayer, gerade weil die Aktie seit einem Jahr wegen einem Misserfolg bei einer wichtigen Medikamentenstudie und den Glyphosat- und PCB-Klagen in den USA um mehr als 50 Prozent abgestürzt ist, eine Dividendenrendite von 8,3 Prozent. Immerhin ist der in Umstrukturierung befindende Konzern günstig zu haben - das vorwärtsgerichtete Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) beträgt 5.

Ein Krisenkandidat ist auch der Telekomausrüster Nokia, der sich gleich zu Beginn des Jahres von den Jahreszielen verabschiedet hat und dessen Aktien seit Anfang 2022 tendenziell in die Tiefe gehen. Gleichzeitig hat sich die Dividende (4 Prozent) in den letzten fünf Jahren durchschnittlich um 9 Prozent reduziert. Nokia zeigt exemplarisch die Relevanz des Pay-out Ratios (das heisst die Ausschüttung im Verhältnis zum Gewinn): Ist die Ausschüttungsquote zu hoch, drohen Dividendenkürzungen. Als Richtgrösse sollte das Pay-out Ratio - zumindest bei zyklischen Aktien - nicht mehr als 66 Prozent betragen. Bei den Finnen beträgt das Verhältnis 108 Prozent.

Dies im Gegensatz zum deutschen Autobauer Volkswagen, der in derselben Zeitperiode mit einer durchschnittlichen Dividendenerhöhung von 17 Prozent und einer Ausschüttungsquote von 29 Prozent glänzt. Insbesondere betreffend der Verschuldung ist Volkswagen mit einer Quote von 140 Prozent gegenüber der Konkurrentin Stellantis (38 Prozent) aber im Hintertreffen. Der niederländische Automobilhersteller mit Marken wie Peugeot, Citroen oder Chrysler hat an der Börse auf Jahressicht dank gut laufender Geschäfte bereits um 50 Prozent zugelegt. Das weitere Kurspotenzial ist daher wohl limitiert. 

Beim Dividendenwachstum auf die letzten fünf Jahre ist im europäischen Leitindex mit plus 34 Prozent der niederländische Halbleiterzulieferer ASML am stärksten, wobei dort wie oft bei einem Wachstumsunternehmen die Dividendenrendite mit 0,7 Prozent verschwindend klein ist. Die grössten Dividendenschrumpfer sind hingegen mit je minus 23 Prozent die belgische Brauereigruppe Anheuser-Busch InBev und der deutsche Sportartikelhersteller Adidas.

Versorger, Telekom und Pharma als defensive Alternative

Anlegerinnen und Anleger, die eher defensive und starke Dividendenaktien bevorzugen, bietet sich ein Investment beim italienischen Energiekonzern Enel an. Mit rund 54 Gigawatt gehören die Italiener weltweit zu einem der grössten Anbieter von grünem Strom. Und die Entschuldung schreitet voran, was Raum für eine grössere Rentabilität öffnet. Der spanische Energieriese Iberdrola spielt hingegen ganz vorne mit bei der Produktion von grünem Wasserstoff und ist weltweit führend in der Erzeugung von Strom aus Windenergie. Eine Alternative zu den reinen Versorgern sind die Mineralöl- und Energiekonzerne Eni oder TotalEnergies.

Von der Beständigkeit gleichwertig interessant sind der französische Pharmakonzern Sanofi, die Deutsche Telekom oder Nestle-Konkurrent Danone. Mit einem vorwärtsgerichteten KGV ist insbesondere Sanofi günstig bewertet. Die von Bloomberg befragten Analysten sehen den Titel dann auch im Schnitt um 22 Prozent höher. Die Aktien kamen zuletzt unter Druck, als der französische Arzneimittelhersteller sein Margenziel für 2025 aufgab. CEO Paul Hudson will insbesondere die Ausgaben für die Medikamentenentwicklung erhöhen und Konsumentensparte des Konzerns auslagern. Das bietet Chancen.

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