Der Hype um die sogenannten Meme-Stocks, also Zockerpapiere, war im ersten Halbjahr 2021 auch bei Schweizer Anlegerinnen und Anlegern ein grosses Thema. Eine Auswertung von Daten des Trading-Partners von cash.ch, der bank zweiplus, zeigt: Die meistgehandelte ausländische Aktie im ersten Halbjahr 2021 war die Mutter aller Meme-Stocks, nämlich Gamestop (siehe Tabelle).
Die Aktie des US-Computerspiele-Händlers explodierte Anfang Jahr plötzlich und ohne nennenswerte fundamentale Grundlage. In Reddit-Foren hatten sich Kleinanleger gegenseitig dazu angestachelt, die Aktie nach oben zu treiben.
Kursentwicklung der Gamestop-Aktie seit Anfang Jahr, Grafik:cash.ch.
Was anfangs als "Revolution" von Kleinanlegern gegen Leerverkäufer, die auf fallende Kurse bei Firmen wie Gamestop wetten, proklamiert worden war, stellte sich rasch als pure Zockerei heraus. Auf sozialen Medien wie Twitter riefen plötzlich auch Prominente wie etwa der US-Erotikstar Mia Khalifa dazu auf, Gamestop nach oben zu kaufen. Erstaunlich ist, dass die Aktie noch immer weit über ihrem Niveau von Anfang Januar notiert. Optimisten argumentieren, dass sich die Geschäftsaussichten des kriselnden Unternehmens verbessert hätten. Für das Gros der Analysten hat der aktuelle Kurs nichts mit dem fundamentalen Geschäft zu tun.
Bei der Aktie des US-Kinobetreibers AMC lässt sich ein ähnliches Phänomen beobachten. Die Titel sind ebenso in das Visier von Reddit-Tradern geraten und schaffen es auch auf cash.ch auf Platz 4 der meistgehandelten ausländischen Aktien. Frühere Auswertungen von cash zeigten übrigens ähnliche Resultate wie bei der SIX, als die Schweizer Börse zu diesem Thema noch eine Statistik führte (was heute nicht mehr der Fall ist).
Die meistgehandelten Ausland-Aktien 2021 der Schweiz bei cash
Aktie | Branche | Land | Performance seit 1.1. 2021 | |
1 | Gamestop | Handel | USA | +1012 Prozent |
2 | Plug Power | Fintech | USA | -6 Prozent |
3 | Nio | Elektroautos | China | -7,5 Prozent |
4 | AMC | Unterhaltung | USA | +2450 Prozent |
5 | Moderna | Pharma | USA | +110 Prozent |
6 | Tesla | Elektroautos | USA | -5 Prozent |
7 | Apple | Technologie/ Hard- und Software | USA | unverändert |
8 | Shell | Erdöl- und Erdgas | Niederlande | +15 Prozent |
9 | Sundial Growers | Marihuana | Kanada | +105 Prozent |
10 | Biontech | Pharma | Deutschland | +182 Prozent |
11 | Coinbase | Krypto | USA | -32 Prozent* |
12 | Palantir | Datenanalyse | USA | +14 Prozent |
13 | Alibaba | Onlinehandel/ Technologie | China | -2 Prozent |
14 | FuelCell Energy | Brennstoff- zellen | USA | -21 Prozent |
15 | Volkswagen | Autobauer | Deutschland | +42 Prozent |
16 | Tui | Reise | Deutschland | +40 Prozent |
17 | Ballard Power | Brennstoff- zellen | Kanada | -23 Prozent |
18 | Microsoft | Technologie, Software | USA | +19 Prozent |
19 | Ocugen | Biotech | USA | +356 Prozent |
20 | Bayer | Pharma, Agrar | Deutschland | +8 Prozent |
Daten: bankzweiplus/cash.ch *seit IPO vom 14.04.21
Neben Gamestop auf dem Siegertreppchen befinden sich zwei Aktien, die bereits im letzten Jahr in den Top-20 der meistgehandelten ausländischen Aktien auftauchen - jedoch weiter hinten. Auf Platz zwei liegt Plug Power (vormals Platz 14), Nio (9) hat es auf den dritten Rang geschafft.
Mit dem US-Wasserstoff-Titel Plug Power haben Anlegerinnen und Anleger insbesondere Anfang Jahr hohe Kursgewinne einstreichen können. Ähnlich wie andere Brennstoffzellen-Hersteller wie FuelCell Energy (Platz 14) oder Ballard Power (Platz 17) profitierte das Unternehmen vom Wasserstoff-Hype und der Zukunftsphantasie einer grünen, emissionsfreien Mobilität.
Allerdings folgte dem Hype an der Börse ab dem Frühjahr ein böser Kater. Plug Power und andere Wasserstoff-Titel stolperten über ihre hohe Bewertung und krachten während weniger Wochen um bis zu 70 Prozent nach unten. Besonders die steigenden Anleiherenditen und die damit aufkommende Zins-Diskussion wirkten sich belastend für hoch bewertete Aktien aus. Grund: In deren Kurse sind Gewinne eingepreist, die sich erst in der Zukunft einstellen sollen.
Weniger gefragt: Tesla und US-Big-Techs
Schaut man sich die "Verlierer" im Ranking der meistgefragten ausländischen Aktien an, fällt insbesondere Tesla auf. Die Aktie des E-Autobauers hatte im letzten Jahr noch die Spitzenposition inne, wurde aber im ersten Halbjahr 2021 bis auf Position 6 durchgereicht.
Ein Vergleich der Kursperformances in den jeweiligen Zeitperioden dürfte als Erklärung dienen. Während die Tesla-Aktie im letzten Jahr noch die Kursrakete schlechthin war (Jahresplus: 720 Prozent), weisst der Titel in diesem Jahr ein Minus von fünf Prozent aus. Der Kurs liegt aktuell bei 670 Dollar und damit rund 24 Prozent unter seinem Hoch aus dem Januar von knapp 900 Dollar. Auch die Tesla-Aktie hatte unter dem sich verschlechternden Umfeld für Wachstumstitel gelitten und im Februar seine seit dem Herbst 2019 andauernde Rally gestoppt.
Auffällig ist, dass die Aktien der grossen US-Technologie-Aktien die Aktienmärkte zuletzt offenbar weniger beschäftigt haben. Von den bekannten Big-Techs befindet sich nur noch Apple in oberen Rängen. Doch auch der iPhone-Hersteller rutscht dieses Jahr vom dritten auf den siebten Rang ab. Auch hier dürfte der Grund zumindest teilweise darin liegen, dass die Kursperformance im ersten Halbjahr 2021 bisher eher mau gewesen ist. Die Apple-Aktie weisst ein Jahresplus von gerade mal 3 Prozent auf, nachdem sie 2020 noch 80 Prozent hinzugewonnen hatte.
Kursentwicklung der Apple-Aktie seit Anfang Jahr, Grafik:cash.ch.
Ähnlich verhält es sich mit Amazon. Die Aktie des Online-Riesen und Cloudanbieters dümpelt nun seit nunmehr zwölf Monaten vor sich hin (mehr hier). Doch zuletzt scheinen die Titel einen Ausbruch nach oben zu wagen - das Allzeithoch von 3531 Dollar ist nicht mehr weit. Trotzdem fliegt die Aktie aus den Top-20 der meistgefragten ausländischen Aktien raus, und fällt dabei tief: 2020 hat sie noch Platz 4 im Ranking belegt.
Ebenso rausgeflogen sind Alphabet und Facebook. Microsoft hat es gerade so noch auf Platz 18 geschafft. Dabei laufen diese drei Titel in diesem Jahr durchaus gut. Besonders mit Alphabet (Jahresplus: 42 Prozent) konnte Anlegerinnen und Anleger eine ansehnliche Rendite erwirtschaften. Allerdings hat sich die Aktie vergleichsweise leise zum Kursperformer unter den Big-Techs gemausert. Die Aktie profitierte stark von der Erholung der Werbewirtschaft, hatte während der Hochphase der Corona-Pandemie aber auch am wenigsten zulegen können unter den grossen US-Tech-Aktien.