Im Sommer 2023 berichtete Siemens Energy von «schwerwiegenden Hochlaufprobleme im Windgeschäft». Zwar konnten die Umsatzerlöse gesteigert werden, doch die auf Windkraft spezialisierte Tochter Siemens Gamesa beeinträchtigte die Ergebnisse - ein Zustand, der anhielt. So war der Auftragseingang bei Siemens Gamesa im Geschäftsjahr 2024 rückläufig, einen Gewinn erwartet das Management erst für 2026.

Passend zu den Problemen sank der Aktienkurs von Siemens Energy im Herbst 2023 auf 6,40 Euro ab - ein Rekordtief. Jedoch war damit zugleich ein Wendepunkt erreicht. Die Aktie kletterte und kletterte seither. Allein seit Anfang Januar beläuft sich der Zuwachs auf 320 Prozent. Im selben Zeitraum hat der deutsche Leitindex Dax 19 Prozent zugelegt; die Valoren von Rheinmetall gewannen 116 Prozent hinzu, jene von SAP rund 71 Prozent.

Inzwischen notiert die Aktie von Siemens Energy bei 50 Euro, das absolute Hoch von 53,30 Euro wurde Anfang Dezember erreicht. Die Entwicklung ist begründbar. Abgesehen von den Schwierigkeiten der Windkraftsparte ist der Gesamtkonzern solide unterwegs. Im Geschäftsjahr 2024 verzeichnete Siemens Energy einen Umsatzerlös von 34,5 Milliarden Euro, das sind 11 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Auftragseingang blieb bei rund 50 Milliarden Euro so gut wie stabil und führte zu einem - laut Management: rekordhohen - Auftragsbestand von 123 Milliarden Euro.

Zur weiteren Entwicklung des Unternehmens und der Aktie gibt es indessen verschiedene Hinweise. Der CEO, Christian Bruch, ist zuversichtlich, da die weltweite Stromnachfrage auch in den kommenden Jahren deutlich wachsen werde, wie er die Investoren zum Geschäftsbericht 2024 wissen liess. Dieses Wachstum erfordert zusätzliche Infrastruktur, und von den dazu notwendigen Investitionen - die Rede ist von mehreren hundert Milliarden bis einigen Billionen Euro - dürfte Siemens Energy profitieren.

So geht das Unternehmen von profitablem Wachstum in den kommenden Jahren aus. Bis 2028 sollten sich, so das erklärte Ziel des Managements, die durchschnittlichen jährlichen Umsatzerlöse im hohen einstelligen bis niedrigen zweistelligen Prozentbereich entwickeln. Für die Ergebnismarge strebt Siemens Energy im Geschäftsjahr 2028 eine Spanne von 10 bis 12 Prozent an. Das spricht für weiterhin steigende Notierungen an der Börse.

Ob es tatsächlich so kommt, ist allerdings fraglich. Zuversichtliche Analysten trauen der Aktie zwar den Sprung über die 60-Euro-Marke zu auf neue Rekordhochs. Pessimisten sehen hingegen einen Kursverfall auf unter 40 Euro und empfehlen, die Titel zu verkaufen. Während die Dekarbonisierung respektive Elektrifizierung Siemens Energy Chancen bietet, können sich in den Beschaffungsmärkten Risiken materialisieren - so etwa eine Verknappung des Angebots spezieller Rohstoffe. Wie das Unternehmen schreibt, will es solchen Risiken Rechnung tragen, zum Beispiel mit langfristigen Lieferverträgen oder zusätzlichen Zulieferern.

Reto Zanettin
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