Seit Jahren lädt CVC Capital Partners seine leitenden Mitarbeiter an sonnenverwöhnte Orte wie Südafrika, die Türkei oder die Côte d’Azur ein. Die Veranstaltungen beginnen in der Regel mit morgendlichen Besprechungen und gehen dann in den Teambuilding-Modus über, der Aktivitäten von Mountainbiking bis Stand-Up-Paddeln umfasst. Dort wird auch die Auszeichnung "Shark of the Year" ("Haifisch des Jahres") verliehen, mit dem die Person ausgezeichnet wird, die den beeindruckendsten Deal für den Private-Equity-Riesen erbeutet hat.
Für ein Unternehmen, das für seine knallharte Unternehmenskultur und sein Streben nach Profit bekannt ist, könnte die Symbolik kaum treffender sein. Im Laufe mehrerer Jahrzehnte hat CVC die Kunst der Jagd perfektioniert. Von einer kleinen Bude aus Finanzprofis ist CVC zu einer der grössten Private-Equity-Firmen Europas aufgestiegen. Sie verwaltet Investitionen in Höhe von 133 Milliarden Euro verwaltet und beschäftigt 700 Mitarbeiter in 25 Niederlassungen.
Und obwohl viele seiner Beteiligung wohlbekannt sind - vom Schweizer Uhrenhersteller Breitling bis zum Six Nations Rugby-Wettbewerb - ist CVC selbst und seine Geschäftspraxis weitgehend unter der Oberfläche geblieben.
Über CVC und seine Mitarbeiter ist nur wenig bekannt. Die wenigen privaten Einblicke, die es gibt, zeichnen ein testosterongeschwängertes Bild. Rob Lucas, der zum Chief Executive Officer ernannt werden soll, dokumentiert in den sozialen Medien seine Besteigungen einiger der höchsten Gipfel der Welt, darunter den Mount Everest im Jahr 2016. Deutschland-Chef Alexander Dibelius ist auf Instagram beim Bankdrücken zu sehen - mit seiner Frau als Gewicht.
Im Jahr 2016 geriet das männerdominierte Unternehmen in die Schlagzeilen, weil eine Mitarbeiterin vor Gericht klagte und behauptete, sie sei Opfer von Sexismus geworden. Die Klage wurde ohne Eingeständnis eines Fehlverhaltens seitens CVC beigelegt.
Börsennotierung bringt Vorzüge mit sich
Nach langem internen Gerangel plant CVC nun, sein Geheimniskrämer-Image abzulegen und in Amsterdam oder London mit einer möglichen Bewertung von mehr als 20 Milliarden Euro an die Börse zu gehen. Die Führungsriege erhofft sich davon die langfristige Sicherung der Zukunft des Unternehmens, wie mit den Plänen vertraute Personen berichten.
CVC lehnte es ab, sich zu seinen Plänen für einen Börsengang zu äussern.
Mit einer Börsennotierung würde CVC es Konkurrenten wie Blackstone und EQT gleichtun und Deals sowie neue Investitionsstrategien leichter finanzieren können. Immobilien und Infrastruktur seien zwei Bereiche, in denen das Unternehmen expandieren möchte, so einige der Befragten.
Aber ein Börsengang wird CVC ins Rampenlicht der Öffentlichkeit rücken und damit auch seine Geschäftspraktiken, sein Personalwesen und sein Vergütungsmodell. Nachdem sich die Firma und ihre Gründer in den letzten 30 Jahren bemerkenswert bedeckt gehalten haben, ist diese Bereitschaft zur Transparenz nicht unriskant.
Keine Eile
"Eine Börsenotierung ändert bei einer Private-Equity-Firma auch die Ziele", sagt Geoffrey Geiger vom Universities Superannuation Scheme, einem 90,8 Milliarden Pfund schweren Pensionsfonds, der seit 2008 regelmässig Geld in CVC-Fonds steckt. "Wenn sich der Anlageausschuss ablenken lässt von dem Streben nach Gebührenerträgen und vielen neuen Produkten, dann könnte das der Performance des Fonds schaden."
CVC hat es vorerst nicht eilig, eine Börsennotierung voranzutreiben. Lieber wartet man ab, bis sich die Stimmung am Markt verbessert, als zu riskieren, dass die Aktie bei ihrem Debüt abstürzt. Derzeit hat es Vorrang, rund 25 Milliarden Euro für den neuesten Fonds einzusammeln - der damit der grösste von CVC überhaupt wäre, und das in einer Zeit, in der die Anleger hochgradig nervös sind.
Diese Geschichte über die Geschäftspraktiken von CVC basiert auf Interviews mit mehr als einem Dutzend Personen, die darum baten, nicht namentlich genannt zu werden.
Ein Börsengang wäre die Krönung des drei Jahrzehnte währenden Aufstiegs der CVC, die 1993 aus der Citigroup ausgegliedert wurde. Heute erwirtschaftet CVC Erträge von mehr als 1 Milliarde Euro pro Jahr - vor 15 Jahren waren es noch weniger als 250 Millionen Euro, wie mit der Angelegenheit vertraute Personen berichten.
Enge Beziehungen
Traditionell übernehmen bei der CVC Leute aus den eigenen Reihen Führungspositionen. Viele der geschäftsführenden Partner arbeiten seit mehr als zehn Jahren bei CVC, so auch der designierte CEO Lucas, der seit 1996 dabei ist.
Wenn CVC erfahrene Kräfte von aussen einstellt, holt es Top-Experten in ihren jeweiligen Bereichen, wie etwa Dibelius, der als ehemaliger Deutschland-Chef der Goldman Sachs wohl einer der am besten vernetzten Banker im Land ist.
CVC baut nicht auf eine zentralisierte Struktur, sondern lässt die lokalen Dealmaker unabhängig Investitionsmöglichkeiten erarbeiten, die dann vom Investitionsausschuss rigoros ausgesiebt werden.
Einmal pro Woche kommt die 11-köpfige Gruppe für Europa und die USA zusammen, um sich intensiv mit einer Reihe von Vorschlägen zu befassen. Um den Schaulauf zu bestehen, benötigt ein Deal die Zustimmung von neun der elf Mitglieder. Viele Deals kommen viermal vor das Gremium, bevor sie genehmigt werden, wie zu hören ist. Die Diskussionen sind offenbar robust: Ein Mitglied des Kreises beschreibt es so: Man geht ohne Freunde in das Meeting hinein, und kommt mit noch weniger wieder heraus.
Screening-Prozess
Doch der brutale Screening-Prozess ist eine Erklärung dafür, dass die Verlustquote von CVC unter 1 Prozent geblieben ist. Im vergangenen Jahr unterzeichnete CVC mit rund 400 Zielunternehmen Vertraulichkeitsvereinbarungen, der erste Schritt zu einer möglichen Investition. Zum Deal kam es nur in 19 Fällen.
CVC hebt sich von anderen Unternehmen durch die Vergütung seiner Dealmaker ab, was bei einem Börsengang des Unternehmens auf den Prüfstand kommen wird. Performancezahlungen, die als Carried Interest bekannt sind, sind der lukrativste Teil der Arbeit in der Private-Equity-Branche und der Grund dafür, dass die Branche so viele Millionäre hervorbringt.
Bei CVC kassieren die Deal-Teams den Grossteil der Gewinne, die aus den von ihnen abgewickelten Transaktionen resultieren. Dieser Ansatz gilt seit langem als Erfolgsrezept, um Spitzenkräfte anzuziehen und zu halten, die schon früh in ihrer Karriere Millionen verdienen können, wenn sie in erfolgreichen Deal-Teams landen.
Manager, die Unternehmen unter dem Dach von CVC geführt haben, sagen, dass die schnelle Entscheidungsfindung und das Fachwissen ein wichtiger Erfolgsfaktor ist. Ein Beispiel dafür ist die Übernahme von Breitling durch CVC im Jahr 2017. CVC rekrutierte den Branchenveteranen Georges Kern vom Luxuskonzern Richemont als Geschäftsführer. Kern überarbeitete das Marketing, konzentrierte sich auf die meistverkauften Modelle und gestaltete das Einzelhandelsnetz neu.
Ende 2021 verkaufte CVC eine Minderheitsbeteiligung an die Partners Group, eine Investition, die Breitling mit rund 3 Milliarden Schweizer Franken bewertete. Das war mehr als das Dreifache des Wertes zum Zeitpunkt der anfänglichen Beteiligung von CVC.
Weltweites Renommee dank Formel-1-Deal
Das Geschäft, das den Ruf von CVC bei den Anlegern festigte und dazu beitrug, dass das Unternehmen die Finanzkrise mit einer makellosen Rendite überstand, war der Kauf des Formel-1-Rennsportgeschäfts im Jahr 2006.
Als CVC das Unternehmen etwas mehr als ein Jahrzehnt später an Liberty Media verkaufte, erzielte die Buyout-Firma eine Rendite von 500 Prozent für die Anleger. Dieser Erfolg brachte CVC in der Branche weltweites Renommee.
Bei den Investoren von CVC handelt es sich in der Regel um öffentliche Pensionsfonds, Staatsfonds und vermögende Privatpersonen. In den letzten Jahren haben vor allem Pensionsfonds begonnen, die Ethik der Unternehmen, in die sie ihr Geld investieren, genauer unter die Lupe zu nehmen.
In dem Bestreben, von seinem männlich dominierten Haifischbecken-Image wegzukommen, hat CVC Anfang des Jahres Merary Soto-Saunders zur ersten Chefin für Diversity und Inklusion ernannt. Trotz der Verbesserungen in den unteren Rängen hat sie noch einiges zu tun: Derzeit ist unter den 34 Managing Partners der CVC nur eine einzige Frau.
(Bloomberg)