Der Zinserhöhungszyklus in den USA schreitet kontinuierlich voran. Am Mittwoch erhöhte die US-Notenbank Federal Reserve wegen des Wirtschaftsbooms die Leitzinsen auf die neue Spanne von 2,0 bis 2,25 Prozent. Es ist der dritte Zinsschritt in diesem Jahr und der achte seit Beginn der Erhöhungen im Jahr 2015.
Ganz anders die Situation in der Schweiz. Trotz der sehr guten Konjunkturlage in der Schweiz weicht die Schweizerische Nationalbank nicht von ihren Zinsen von minus 0,75 Prozent ab. Eine Lockerung an der Zinsfront würde den Schweizer Franken potenziell attraktiver machen für Investoren - ein Szenario, das die SNB scheut wie der Teufel das Weihwasser.
Laut den Einschätzungen von Christoph Schenk werden die Schweizer noch fast zwei Jahre mit den Negativzinsen leben müssen. "Die SNB-Leitzinsen werden erst Mitte 2020 bei null sein", sagt der Anlagechef der Zürcher Kantonalbank im cash-Börsen-Talk. Dabei werde die SNB, die in ihrer Geldpolitik nicht frei sei, die Europäische Zentralbank (EZB) Schritt für Schritt kopieren. "Die EZB wird wohl ab September 2019 bis Mitte 2020 die Zinsen erhöhen, dies in drei Schritten zu je 0,25 Prozent. "Und die SNB wird zeitgleich nachziehen", so Schenk.
Franken wird etwas schwächer
Einige Ökonomen spekulieren indes, dass die SNB erwäge, die Negativzinsen bis 2021 zu belassen. Dies deshalb, weil die Schweizer Notenbank zuletzt ihre Inflationsprognosen für die nächsten Jahre etwas nach unten angepasst hatte.
Der Franken gilt bei Investoren als sicherer Hafen in unruhigen Zeiten. Die Schweizer Währung hatte in den vergangenen Wochen zu Euro und Dollar wieder an Wert gewonnen, zum Euro erreichte er einen Stand von bis 1,1156. Grund dafür waren Sorgen wegen der hohen Verschuldung Italiens und Ängste vor einem Überschwappen der Währungskrise in der Türkei auf Europa. Auch der Handelsstreit zwischen den USA und China beunruhigt die Anleger. Derzeit notiert das Währungspaar Euro/Franken wieder fast bei 1,14.
Schenk geht davon aus, dass sich der Franken zur europäischen Gemeinschaftswährung in den nächsten Monaten weiter abschwächt und bei 1,16 und 1,18 handeln wird. Er verweist dabei auf den abgeschwächten Druck aus Italien und die gut laufende Wirtschaft in der Eurozone. "Diese Fundamentaldaten kann man nicht einfach wegwischen", sagt Schenk im Börsen-Talk.
Bis Mitte 2019 positiv für den Schweizer Aktienmarkt
Die guten Konjunkturdaten weltweit sind auch der Grund, weshalb Schenk weiter positiv eingestellt ist für den Verlauf der Aktienmärkte. Die US-Wirtschaft wuchs im Frühjahr so stark wie seit fast vier Jahren nicht mehr. Die US-Börsen quittieren die Wirtschaftsentwicklung mit neuen Rekorden.
Auch der Swiss Market Index spürte in den letzten Tagen wieder etwas Aufschwung und konnte sich von der Marke von 9000 Punkten, an welcher der Index seit Wochen und Monaten klebt, wieder etwas nach oben anheben. In der Jahresrechnung liegt der Schweizer Leitindex aber noch immer 3 Prozent im Minus, verglichen mit einem Plus von 7 Prozent des US-Leitindex Dow Jones oder gar 18 Prozent der US-Technologiebörse Nasdaq.
"Die Anleger in der Schweiz sind etwas gefangen zwischen guten Fundamentaldaten und dem Handelsstreit zwischen den USA und China", sagt Schenk. Letzteres drücke ein wenig auf die Anlegerstimmung, denn die Schweiz sei halt eine typische Exportnation. "Dennoch sind wir positiv für den Schweizer Markt bis Mitte 2019, bis dahin sollten wir uns keine Sorgen machen", sagt Schenk. Die Firmen hätten die Kosten im Griff, die Wirtschaft laufe gut - und falls der Handelskonflikt eskalieren sollte, werden laut Schenk viele Investoren am Schweizer Markt investieren wegen des defensiven Charakters des hiesigen Aktienmarktes.
Die drei defensiven Schwergewichte des Swiss Market Index - Novartis, Roche, Nestlé - sind für Schenk denn auch die Anlagefavoriten für die nächsten Monate. Und es gibt für ihn keinen Grund, an Dividendenstrategien etwas zu rütteln. "Versicherer, Swisscom und die grossen Drei des SMI, alles sollte man laufen lassen."
Im cash-Börsen-Talk erläuert Christoph Schenk auch, weshalb er die Negativzinsen ein "Riesenärgernis" findet und weshalb er die Aktie von Novartis eher derjenigen von Roche vorzieht.