Die Schweizerische Nationalbank schürte damit die Hoffnung, dass andere Zentralbanken bald nachziehen könnten. «Bereits im Juni 2022 war sie – damals mit einer Leitzinsanhebung – überraschend vorangeprescht», erklärte Bantleon-Chefvolkswirt Daniel Hartmann. «Mithin avanciert die SNB immer stärker zum Vorreiter im globalen Zinszyklus.» Auch im Jahr 2015, als sie den Mindestkurs zum Euro aufhob, überrumpelte sie die Märkte.
Auch bei der US-Notenbank (Fed) und der Europäischen Zentralbank (EZB) stehen die Zeichen auf Zinssenkung. Doch während sich bei der EZB zuletzt die Hinweise auf eine Lockerung im Juni mehren, hält sich die Fed mit Blick auf den Zeitpunkt einer möglichen Senkung weiterhin bedeckt: Die Inflation sei noch zu hoch, sagte Fed-Chef Jerome Powell nach dem jüngsten Zinsbeschluss am Mittwoch.
Doch könnte es bei nachlassendem Inflationsdruck auch in den USA im Juni zu einer Senkung kommen, so die Einschätzung vieler Ökonomen. Auch die britische Notenbank hält angesichts einer hartnäckig hohen Inflation an ihrer straffen Linie fest.
Nur in Japan marschieren die Währungshüter nach einer jahrelangen Negativzinspolitik in die andere Richtung. Sie hoben den Leitzins jüngst an und erwägen Medienberichten zufolge eine weitere Straffung im Juli oder Oktober.
«SNB ist die erste Zentralbank, die den Sieg über die Inflation verkündet»
Dass die Teuerung wieder im Griff ist, schreibt die SNB auch ihrer straffen Geldpolitik zu. «Die Lockerung der Geldpolitik wurde möglich, weil die Bekämpfung der Inflation über die letzten zweieinhalb Jahre wirksam war», erklärten die Währungshüter. Die Teuerung liege seit einigen Monaten wieder unter zwei Prozent und in dem Bereich, den die SNB mit Preisstabilität gleichsetze.
Und die Inflation dürfte der Zentralbank zufolge auch über die nächsten Jahre in diesem Bereich bleiben. «Die SNB ist die erste Zentralbank, die den Sieg über die Inflation verkündet», erklärte Karsten Junius, Chefökonom der Bank J.Safra Sarasin.
Es ist die erste Leitzinssenkung in der Schweiz seit 2015. Zuvor hatte die SNB ihren Schlüsselsatz im Zeitraum Juni 2022 bis Juni 2023 um 250 Basispunkte angehoben.
«Mit unserem Entscheid berücksichtigen wir den verminderten Inflationsdruck und die im letzten Jahr erfolgte reale Aufwertung des Frankens», sagte SNB-Präsident Thomas Jordan. «Die Zinssenkung unterstützt auch die wirtschaftliche Entwicklung.»
Von Reuters vor der vierteljährlichen geldpolitischen Lagebeurteilung der SNB befragte Ökonomen hatten mehrheitlich einen unveränderten Schlüsselzins prognostiziert. «Wow, die SNB weiss zu überraschen», kommentierte VP-Bank-Chefökonom Thomas Gitzel. «Nachdem nun die SNB mit einer Zinssenkung reagierte, ist nicht auszuschliessen, dass noch weitere geldpolitische Lockerungen folgen.»
Auch Philip Burckhardt von Lombard Odier IM erwartet noch weitere Zinssenkungen in diesem Jahr. «Dies ist auch ein ideales Abschiedsgeschenk von Thomas Jordan, der damit die Stossrichtung für seinen Nachfolger schon klar vorgeben kann,» sagte Burckhardt.
Der im Herbst scheidende Notenbankchef Jordan betonte, die Zinssenkung sei kein Abschiedsgeschenk. «Wir treffen immer die richtigen Entscheidungen.» Die Notenbank werde die Inflationsentwicklung weiter genau im Blick behalten. «Wenn nötig werden wir die Geldpolitik erneut anpassen, um sicherzustellen, dass die Inflation mittelfristig im Bereich der Preisstabilität bleibt», sagte Jordan.
Die Schweizer Jahresteuerung ist eine der niedrigsten unter den grossen Volkswirtschaften und liegt bereits seit Mitte 2023 wieder im Zielbereich der SNB von null bis zwei Prozent. Die Zentralbank hat die für ihre Zinsentscheidung massgebliche Inflationsprognose nochmals kräftig gesenkt: Sie rechnet dieses Jahr noch mit 1,4 Prozent Teuerung, 2025 dann mit 1,2 Prozent und 2026 mit 1,1 Prozent. Dagegen geht die Notenbank dieses Jahr von einer Verlangsamung des Wirtschaftswachstums auf rund 1,0 Prozent aus.
Die SNB entscheidet in der Regel viermal jährlich über die Zinsen: Die nächste sogenannte geldpolitische Lagebeurteilung ist für 20. Juni anberaumt.
(Reuters/cash)
2 Kommentare
Eh ja, logisch. Die SNB druckt von allen Zentralbanken am wenigsten neues Geld. Darum sind sie die besten. Jetzt stellt euch vor es gibt ein Geld, welches niemand vermehren kann. Niemand! Man könnte wieder sparen. Wörter wie cashflow oder Rendite sind überflüssig. Man müsste sich keine Sorgen um die AHV machen, denn das Geld hat immer den gleichen Wert.
Güter würden günstiger, denn nur wer effizient ist, verkauft. Wer billig ist, der scheitert ebenfalls.
*träumen aus*
Jordans Vermächtnis!