Herr Galler, Donald Trump hält für die Finanzmärkte immer wieder Überraschungen bereit. Wie gehen Sie damit um?

Unsicherheiten gehören zu unserem Beruf. Derzeit steht die Zollpolitik im Fokus. Weil wir auch nicht genau wissen, was die Zukunft bringt, arbeiten wir mit drei Szenarien.

Welche sind das?

Das erste Szenario ist, dass Trump die Zölle wie 2018 für Verhandlungen nutzt, es aber am Ende des Tages gar nicht zu wirklich hohen Zöllen kommt. 2018 stiegen die effektiven Zölle lediglich von 1,4 auf 2,8 Prozent. Dieses Szenario ist am Markt am stärksten verbreitet. In unserem zweiten Szenario sind die Zölle höher und dauerhaft. Trump könnte die Zölle als nachhaltige Einnahmequelle für den Staat nutzen.

Was wären die Folgen?

Die Inflation würde steigen. Die Preise reagieren auf höhere Zölle schnell, das haben wir partiell 2018 gesehen, und da waren die eingeführten Zölle nicht einmal besonders hoch. Gerät die Preisstabilität in Gefahr, würde die US-Notenbank die Zinssenkungen beenden. Ein Umfeld mit höheren Renditen sorgt auf den Märkten für eine andere Dynamik, vergleichbar mit 2022.

Das klingt nach Korrektur.

Es käme zu einem Favoritenwechsel, Wachstumstitel würden unter Druck geraten, Value-Werte und klassische Inflationswetten wie Infrastruktur und Immobilien wären dann gefragt. Würden die Zolleinnahmen für Steuersenkungen genutzt, würden auch kleinere US-Titel profitieren. In so einem Szenario gehen wir weg von den Mega Caps, mehr in die zweite Reihe.

Ich nehme an, das dritte Szenario ist das düsterste. Wie sieht es aus?

Wenn die Zölle wie angedroht maximal umgesetzt würden, also 60 Prozent Zoll auf chinesische Produkte und 20 Prozent für den Rest der Welt. Das wäre der höchste Zoll seit den 1930er-Jahren. So ein Niveau würde das Wachstum deutlich bremsen. In einem zweiten Schritt müsste die Notenbank die Zinsen sogar senken. Das ist zwar das unwahrscheinlichste Szenario, aber Investoren sind gut beraten, ihr Depot auf alle drei Szenarien einzustellen. Im dritten Szenario sind Qualitätsaktien und lang laufende Staatsanleihen die beste Wahl.

Wie käme ein Waffenstillstand in der Ukraine an der Börse an?

Ein Waffenstillstand könnte durchaus positive Impulse setzen. Europa ist jahrelang hinterhergehinkt. Die jüngsten Konjunkturzahlen sind gar nicht so schlecht. Es gibt ein Reallohnwachstum und enorme Überschussersparnisse. Sieht man die Dinge nur ein wenig optimistischer, könnte sich die Situation in Europa schnell verbessern. 

Dieser Artikel ist zuerst in der Handelszeitung erschienen.