Halbe Sachen macht Georges Kern nicht. Wenn er anrichtet, dann gross, dann richtig. Das war bei IWC so, das ist bei Breitling so. Und das wird, so viel ist seit dieser Woche klar, bei Universal Genève so sein.
Elf Monate ist es nun her, dass Kern bekannt gemacht hat, dass er mit Breitling die einst bedeutsame Marke Universal gekauft habe. Und dass er «den am meisten erwarteten Relaunch der letzten fünfzig Jahre» plane. Seither herrschte Funkstille.
Nun aber wird klarer, wohin die Reise geht. Diese Woche hat Universal eine aufwendig gestaltete Internetseite live geschaltet. Sie feiert die Geschichte von Universal, zelebriert die wichtigen Uhrenmodelle, die Meilensteine in der Uhrmacherkunst. Hinzu kommen – natürlich – Social-Media-Kanäle und eine ungefähre Timeline bis zum kompletten Relaunch, der für den Spätherbst 2026 geplant ist.
«Eine Marke mit einer derart reichen Geschichte wieder aufzubauen, geht nicht von heute auf morgen», sagte Kern bereits vor Jahresfrist. Es sei «akribische, hinwendungsvolle Arbeit, die in den kommenden Jahren vor uns liegt», ergänzte er.
Renaissance mit dem Blick in den Rückspiegel
Kerns nächster Schritt bis zur Renaissance startet dann übernächste Woche. Mit einer exklusiven Reise von Genf nach Kopenhagen. Aus Anlass des siebzigsten Geburtstags einer der wichtigsten Universal-Referenzen, der Polerouter. Zusammen mit der skandinavischen Fluggesellschaft SAS, deren Piloten mit einer Polerouter am Handgelenk über den Nordpol von Kopenhagen nach Los Angeles flogen. Der zweitägige Event startet in Genf im Auktionshaus Phillips und feiert dann am Flughafen in der dänischen Hauptstadt den historisch bedeutsamen Flug. Es bringt Universal-Sammler und einige ausgesuchte Journalistinnen zusammen.
Die Polerouter, dies nebenbei, wurde – genau wie die Royal Oak von Audemars Piguet und die Nautilus von Patek Philippe – von Gérald Genta gestaltet; sie war Gentas erster grosser Wurf.
Mit Sammlern hat Kern für den Relaunch ohnehin schon eng zusammengearbeitet. Für den kommerziellen Erfolg des Universal-Neustarts ist diese bestens vernetzte Community zwar nicht matchentscheidend, die neue Marke muss weit über sie hinaus wachsen. Klar aber ist: Gefallen die neuen Uhren, die da kommen werden, den Fans der alten Universal-Uhren nicht, entstehen Hindernisse, die Kern natürlich vermeiden möchte. Er will die Sammler und Meinungsmacherinnen in der Uhrencommunity auf seiner Seite wissen.
Es braucht auch eine kommerzielle Wiederbelebung
Breitling, im Mehrheitsbesitz der Partners Group, hat für Universal 65 Millionen Franken bezahlt. Dies für ein Unternehmen, das im letzten vollständigen Geschäftsjahr unter dem bisherigen Besitzer – es endete per Ende März 2023 – einen Umsatz von 23’000 Franken erwirtschaftet hat. Unter dem Strich stand ein Verlust von 259’000 Franken. Kern hat also nicht nur mit dem Relaunch der Marke viel zu tun, sondern muss sich auch als Unternehmer ranhalten.
Universal Genève, früher als «Couturier de la montre» gepriesen – der Slogan könnte ebenfalls wiederbelebt werden –, wird als Marke höher positioniert sein als Breitling. Kern dürfte auf fünfstellige Preise zielen, in der Bandbreite von 15’000 bis 30’000 Franken. In diesem Segment ist der Wettbewerb etwas weniger hart als zwischen 5000 und 10’000 Franken, wo Breitling hauptsächlich nach Kunden und Kundinnen fischt.
Klar ist: Kerns Ambition ist, Universal wieder dorthin zu bringen, wo die Marke einst war: an der Spitze der Schweizer Uhrmacherkunst. Universal wurde in einem Atemzug mit Rolex oder Heuer genannt. Und sie wurde einst von einem gewissen Henri Stern – einem Spross der Besitzerfamilie von Patek Philippe – in den USA distribuiert.
Dieser Artikel ist zuerst in der Online-Ausgabe von «Bilanz» erschienen.