Die Bundesregierung will Deutschland zu einem der grössten globalen Einkäufer von Wasserstoff machen, doch die in dieser Woche verabschiedete Importstrategie stösst bei Industrieverbänden auf Kritik. Der Plan übersehe die Frage, wie das deutsche Kernnetz mit Pipelines aus anderen Teilen Europas verbunden werden soll.

Letzte Woche monierte der Europäische Rechnungshof, die Ambitionen der EU in Bezug auf grünen Wasserstoff seien eher von politischem Willen als soliden Analysen getrieben. Die Bundesregierung will Kohle zunächst durch Erdgas und dann durch Wasserstoff ersetzen, um die Emissionen schnell zu senken. Es bestehen aber ernsthafte Zweifel, ob Wasserstoff erforderlichen Menge und zu erschwinglichen Kosten verfügbar sein wird.

Berlin setzt mit seiner Strategie vor allem auf Lieferungen aus Europa und Afrika und hofft, dass diese Ankündigung allein schon ausreicht, um Anreize für Unternehmen zu schaffen. Denn sie sollen die Wasserstoffproduktion und Pipelineprojekte wie H2Med - die Verbindung aus Spanien - finanzieren.

«Die Importstrategie soll dazu beitragen, die Investitionssicherheit für die Wasserstoffproduktion in Partnerländern sowie den Aufbau notwendiger Importinfrastruktur zu erhöhen», heisst es in dem am Mittwoch vom Kabinett verabschiedeten Strategiepapier.

Der Bedarf ist eindeutig. Deutschland wird als grösste Volkswirtschaft Europas laut dem Strategiepapier bis 2030 etwa 70 Prozent seines Bedarfs von bis zu 130 Terawattstunden durch Importe decken müssen.

Doch die Schätzungen sind für die Anleger kein ausreichender Grund, Geld auf den Tisch zu legen. Die Strategie gebe «keinen Hinweis auf eine verlässlich wachsende Nachfrage in Deutschland», sagt Timm Kehler, Chef des Branchenverbands Zukunft Gas, in einer Erklärung. «Die internationalen Lieferanten von Wasserstoff warten auf klare Signale und Impulse, Investitionen in die kapitalintensive Wasserstoffproduktion auszulösen.»

Plan erforderlich

Das Bundeswirtschaftsministerium listet eine Vielzahl von Finanzierungsinstrumenten auf - globale Auktionen, eine Reihe von Subventionen, die 15-jährigen Klimaschutzverträge mit energieintensiven Industrien oder Zuschläge von der Europäischen Wasserstoffbank. Was fehlt, ist ein detaillierter Plan, wie der Wasserstoff nach Deutschland kommen soll.

Deutschland wird zunächst vor allem auf Pipelineversorgung aus den direkten Nachbarländern an der Ost- und Nordsee wie Norwegen, Dänemark oder Großbritannien angewiesen sein. Darüber hinaus werden Vorbereitungen für den Transport von Ammoniak getroffen.

In dieser Woche haben die nationalen Netzbetreiber den Antrag für das Wasserstoff-Kernnetz im Wert von 20 Milliarden Euro eingereicht. Laut Peter Frank, Direktor der Denkfabrik Agora Industrie, gibt es aber keine Einigung über den Anschluss an das europäische Netz.

Während Industrieverbände die Strategie grundsätzlich begrüssen, fordert die Wirtschaftsvereinigung Stahl eine «ausreichende Finanzierung von Importinstrumenten». Die deutschen Stahlproduzenten werden besonders auf Wasserstoffimporte angewiesen sein, um ihr emissionsintensives Geschäft umzustellen. Thyssenkrupp war im vergangenen Jahr für fast 3 Prozent der deutschen CO2-Emissionen verantwortlich und gab an, dass die erste Direktreduktionsanlage etwa 400 Tonnen Wasserstoff pro Tag benötigen werde.

Anderen Ländern fehle der deutsche Elan beim Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur, sagte Yvonne Ruf, Partnerin bei der Unternehmensberatung Roland Berger. «Die fundamentale Frage, wie sich der Wasserstoffpreis und damit auch die Abnahme entwickelt, führt weltweit bei Investitionen noch immer zu sehr viel Zurückhaltung», so Ruf.

(Bloomberg)