Es sind fast unglaubliche Zahlen: Die fünf amerikanischen Technologie-Riesen Facebook, Amazon, Apple, Netflix und Alphabet (Googles Mutter-Konzern) sind zusammen fast dreimal so viel wert wie alle 20 Firmen aus dem Schweizer Leitindex SMI. Sie sind an der Börse auch wertvoller als der britische Leitindex FTSE 100 oder alle Aktien aus dem Hongkonger Hang Seng.

Grund für diese Wertansammlung ist die steile Börsenentwicklung dieser so genannten FAANG-Aktien (siehe Tabelle weiter unten). Den grössten Wertzuwachs im laufenden Jahr erfuhr der Streaming-Anbieter Netflix mit einer Performance von 104 Prozent. Und Apple könnte bald die erste Firma weltweit werden, die mit mehr als einer Billion Dollar bewertet wird.

Oder etwa doch nicht? Fondsmanager John Clunie von Jupiter Asset Management hat mehrere Short-Positionen auf Technologie-Aktien aufgebaut. Er wettet also darauf, dass diese an Wert verlieren werden. "Einige FAANG-Aktien sind überbewertet und riskant. In Marktkrisen könnten diese bis zu 70 Prozent einbrechen", sagt er im Video-Interview mit cash.

...dann stolpert der gesamte Markt

Ein solches Szenario könnte die Aktienmärkte weltweit erschüttern. Denn der Technologiesektor ist für rund 25 Prozent der Performance des S&P 500 verantwortlich. Wie dessen Verlauf aussehen würde ohne die Berücksichtigung der FAANG-Aktien, hat der britische "Economist" ausgerechnet. Nicht wenige Beobachter glauben deshalb: Wenn der Technologiesektor stolpert, stolpert auch der Aktiensektor.

Bei seiner Analyse schaut Fondsmanager Clunie nicht nur auf Fundamentaldaten und die Aktienbewertung, sondern auch auf die anderen Investoren und was diese wohl als nächstes tun werden. Tatsächlich ist bei den FAANG-Aktien ein Herdentrieb erkennbar. Laut einer Umfrage von Bank of America Merrill Lynch waren Tech-Aktien aus den USA und China (Baidu, Alibaba, Tencent) im Juni zum fünften Mal in Folge die beliebtesten Titel der Fondsmanager.

Nicht erstaunlich deshalb, dass im Zusammenhang mit den Technologie-Aktien immer wieder die Rede ist von einer möglichen Blase. Gleichzeitig werden Parallelen gezogen zu früheren Phasen hoher Aktienpreise, zum Beispiel die Dotcom-Blase Ende der 1990er Jahre oder die Zeit vor Ausbruch der Finanzkrise. Dazu Short-Spezialist Clunie: "In früheren Zeiten begannen die Märkte zu drehen und die beliebtesten Aktien stiegen noch etwa sechs Monate weiter an."

Der anschliessende Absturz war dafür umso heftiger. Als die Aktienmärkte im Jahr 2000 crashten, verlor der ehemalige Überflieger Cisco innert zwei Jahren 90 Prozent seines Börsenwerts. "Ich weiss nicht, ob die 'Glamour-Aktien' auch dieses Mal wieder am Ende des Zyklus einbrechen werden, aber darauf sollte man ein Auge werfen", so Clunie.

Hohe Kurse, hohe Bewertungen

Für Bedenken sorgen die mittlerweile sehr hohen Bewertungen. Amazon und Netflix beispielsweise weisen laut Bloomberg Kurs-Gewinn-Verhältnisse von über 200 auf. Das widerspiegelt nicht zuletzt das Auseinanderdriften von Aktienkurs und Gewinnentwicklung. Doch im Unterschied zur Dotcom-Blase sind die FAANG-Unternehmen alle profitabel.

TitelKapitalisierung, in Mrd. CHFPerformance YTD, in %Perf. 52 W, in %
Apple907,7+9,9+29,6
Amazon818,1+44,7+77,5
Alphabet722,5+6,3+21,8
Facebook559,9+10,0+30,8
Netflix168,8+103,9+166,0

Quellen: cash.ch, Bloomberg (Stand 02.07.18)

Alphabet etwa meldete im April ein Gewinnwachstum von 73 Prozent auf 9,4 Milliarden Dollar, nachdem boomende Werbeeinahmen und geringere Steuern das Geschäft weiter antrieben. Das starke Gewinnwachstum ist es denn auch, was die meisten Investoren weiterhin optimistisch macht. So auch Neil Goddin von Kames Capital. Er schrieb jüngst in einem Kommentar, er beurteile FAANG solange optimistisch, bis Anzeichen für eine Verlangsamung des Wachstums sichtbar würden.

Das könnte ausgerechnet von Ex-Geschäftsmann Donald Trump ausgelöst werden. Zuletzt kam es vielerorts zu einem Kursknick, als der US-Präsident die Zollvereinbarungen mit mehreren Staaten zur Diskussion stellten. Ein solcher Handelskrieg trübt den Ausblick für die Tech-Riesen, weil sie - zum Beispiel im Fall von Apple - ihre Produkte nicht mehr so günstig im Ausland herstellen könnten.

Anders als vom drohenden Handelsstreit haben die Technologiefirmen von Trumps Massnahmen aber auch profitiert. Die Steuerreform hat es günstiger gemacht, Kapital aus dem Ausland zurück in die USA zu bringen. Dieses Geld kommt teilweise auch den Aktionären zugute. So hat Apple jüngst die Dividende um 16 Prozent erhöht und ein Aktienkrückkaufprogramm von im Umfang von 100 Milliarden Dollar angekündigt.

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Ein Blick in die Schweiz zeigt im Kleinen, was sich im Grossen abspielen könnte. Die Tech-Titel Sensirion, Temenos oder Logitech gehören noch immer zu den Überfliegern, während der Smartphone-Zulieferer AMS seit Monaten nach unten durchgereicht wird.

Fondsmanager James Clunie im Video-Interview: