Nachdem die US-Notenbank am Mittwoch vergangener Woche die Leitzinsen unverändert belassen hatte, gerieten die Renditen an den Obligationenmärkten ins Rutschen. Denn bei vielen Marktteilnehmern setzte sich die Überzeugung durch, dass das Zinshoch erreicht sei. Auch die Swap-Sätze in der Schweiz bildeten sich in den letzten Tagen deutlich zurück (siehe dazu cash-Artikel hier).

Damit liegen die Swapzinsen, die für die Bestimmung der Zinssätze für die Festhypotheken relevant sind, in allen Laufzeiten teils deutlich unter dem Leitzins der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Was wiederum dazu führte, dass einige Marktteilnehmer Leitzinssenkungen der SNB nun  bereits für den nächsten Juni erwarten  

Diese "Kehrtwende" bei den Markterwartungen in der Schweiz ist für Thomas Stucki, Anlagechef der St. Galler Kantonalbank, nicht nachvollziehbar. Im Gegenteil: «Die erste  Zinssenkung der SNB sehe ich erst 2025», schreibt Stucki, der früher Anlagechef der SNB war, in einem Kommentar am Montag.

Er verweist auf die Inflationszahlen, die in der Schweiz in den kommenden Monaten wieder anziehen dürften auf ein Niveau von 2 Prozent. Dies deshalb, weil sich höhere Mieten und die neuen Strompreise bemerkbar machen werden. 

Die Teuerung in der Schweiz betrug im Oktober unverändert 1,7 Prozent. Sie bewegt sich weiterhin im moderaten Bereich und im Rahmen der von der SNB angepeilten Bandbreite von 0 bis 2 Prozent. Davor hatte sich die Teuerung über Monate von über 3 Prozent deutlich zurückgebildet, wobei sie im Juni erstmals seit Januar 2022 wieder unter die 2-Prozent-Marke gefallen war.

«Nicht überraschend warnt die SNB vor weiteren Zinserhöhungen»

Stucki weist in seiner Argumentation weiter darauf hin, dass die  SNB in ihrer Inflationsprognose beim aktuellen Leitzins von 1.75 Prozent in den nächsten zwei Jahren nur marginal unter 2 Prozent sinke, so Stucki weiter. «Nicht überraschend warnt die SNB deshalb vor weiteren Zinserhöhungen.» Auch von einer Rezession, welche Zinssenkungen plausibel machen würde, sei die Schweiz noch meilenweit entfernt.

Auch das Argument, dass die SNB bei einer Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) nachziehen müsse, um eine Frankenaufwertung zu verhindern, lässt Stucki nicht gelten. Es sei erstens alles andere als sicher, dass die EZB die Zinsen in der Eurozone schnell senke - dies vor allem aufgrund der noch immer hohen Inflation von 4,3 Prozent in der Eurozone.

Zweitens habe die SNB die Zinsen weniger stark erhöht als die EZB oder die Fed, so Stucki. «Die Zinsdifferenz zu Europa ist deutlich grösser als im historischen Mittel, was den Spielraum der SNB erhöht. Zuletzt haben Zinsen und Zinsveränderungen auf die Wechselkurse nur einen kurzfristigen Effekt.»

Auch im Jahr 2025, wenn nach Einschätzung von Thomas Stucki die SNB die Leitzinsen wieder senken könnte, sei das Zinssenkungspotenzial angesichts einer Inflationsrate, die sich im besten Fall im mittleren Bereich des SNB-Bandes bewegt, noch immer beschränkt.

Daniel Hügli
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