Während der Legislaturperiode, die diesen Herbst endet, hat sich der Schweizerische Bauernverband (SBV) bei mehreren wichtigen Themen durchsetzen können, wie etwa dem präventiven Abschuss von Wölfen oder der von Klimamassnahmen bereinigten Agrarpolitik AP22+. Aber einige Abstimmungen in den eidgenössischen Räten gewannen die Landwirtschaftsvertreter auch mit ungewöhnlich knappen Ergebnissen.
Andere Vorlagen wiederum wurden regelrecht abgeschmettert. Im vergangenen September verabschiedete der Nationalrat gegen den Willen des SBV den Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative. Dieser zielt darauf ab, 17 Prozent der Landesfläche als Schutzgebiete zu bestimmen.
Zuletzt lehnte der Nationalrat am 14. Dezember eine ganze Reihe von Vorstössen ab, die von Landwirtschaftskreisen eingereicht worden waren. Die Verpflichtung, mindestens 3,5 Prozent des Ackerlandes als Brachflächen zu nutzen, die der Biodiversität förderlich sind, wurde somit beibehalten. Dasselbe gilt für das Schleppschlauch-Obligatorium bei der Gülleausbringung, damit weniger Ammoniak freigesetzt wird.
Letztendlich wurde von sechs Anträgen nur einer mit 93 zu 90 Stimmen bei 7 Enthaltungen angenommen. Es handelte sich um den Antrag von Johanna Gapany (FDP/FR) mit dem Ziel, die Nährstoffverluste bis 2030 um 20 Prozent zu reduzieren.
Streitpunkt Nachhaltigkeit
All diese umstrittenen Abstimmungen zeigen, dass die Spannungen zwischen den Befürwortern einer nachhaltigen Landwirtschaft und den Anhängern einer konventionellen Landwirtschaft zunehmen. Jedes Mal, wenn der SBV nicht überzeugen konnte, biss er sich die Zähne am traditionellen Block der SP und der Grünen aus, der von den Grünliberalen und einigen Abweichlern aus der FDP und sogar der Mitte unterstützt wurde.
Kann man also von einer schwächelnden Bauernlobby in Bern sprechen? Der SBV gibt auf Anfrage zu, dass die Landwirtschaft weniger Vertreter im Parlament hat als früher, wie Sprecherin Sandra Helfenstein erklärt. Den Begriff "Bauernlobby" lehnt der Verband jedoch ab.
"Das ist ein Begriff, den Umweltorganisationen vor einigen Jahren in einer Hetzkampagne in die Welt gesetzt haben", moniert Helfenstein. "Die links-grünen Kreise machen Stimmung, indem sie die vielen positiven Errungenschaften und Entwicklungen in der Landwirtschaft leugnen". Der SBV verhält sich wie jede andere Interessengruppe auch. "Unsere Vertreter in Bern setzen sich für alle Bauernfamilien und für eine sichere Versorgung ein".
Grünliberale als Konkurrenz
Auf die Frage nach einer möglichen Bedrohung durch die GLP für die Agrarlobby bezeichnet Helfenstein die Politik dieser Partei als "widersprüchlich". "Auf der einen Seite legen sie die Messlatte für unsere Landwirtschaft immer höher, auf der anderen Seite setzen sie sich für mehr Freihandel ein, ohne sich um die Produktionsbedingungen der Lebensmittel zu kümmern."
Die Schweizer Landwirtschaft bewege sich immer im Einklang mit den Konsumenten. "Die Bevölkerung hat die Bauern bei den letzten drei Initiativen, die den Sektor betreffen, weitgehend unterstützt, nämlich bei den beiden Anti-Pestizid-Texten im Jahr 2021 und bei der Initiative gegen die Massentierhaltung im Jahr 2022", sagt Helfenstein.
"Die Hauptaufgabe der Landwirtschaft, ob biologisch oder konventionell, ist es, Lebensmittel zu produzieren, um die lokale Bevölkerung zu ernähren", sagt Markus Ritter, Präsident des SBV, ein. "Wir Bauern müssen von unserer Produktion leben können".
Kritik an angeblicher Blockade-Politik
Für Marcel Liner, Verantwortlicher für Agrarpolitik bei Pro Natura, ist die Agrarlobby eindeutig "in der Defensive". "Vor 15 Jahren haben wir gegen den SBV und den Bundesrat gekämpft. Seit sechs bis bis sieben Jahren hat sich das Kräfteverhältnis geändert: Wir kämpfen gegen die systematische Blockade des SBV gegenüber den Vorschlägen des Bundesrates", erklärt er.
"Der SBV, dessen Vorstand stark von der SVP dominiert wird, verteidigt den Agrar- und Lebensmittelsektor, der auf einer intensiven Landwirtschaft beruht. Ich nehme an, dass ihr Präsident Markus Ritter unter starkem Druck aus diesem Milieu steht", obwohl er selbst ein Biobauer sei, fährt Liner fort. Der Austausch mit dem SBV sei viel angespannter geworden.
Kilian Baumann (Grüne/BE), Präsident der Kleinbauernvereinigung, fühlt sich vom SBV überhaupt nicht unterstützt. "Ich vertrete eine Minderheit von Landwirten, die eine Krise des Klimas und der Biodiversität erkannt haben", sagt er.
Seiner Meinung nach ist auch der bevorstehende Generationenwechsel ein vernachlässigtes Problem. "Im Parlament kümmert sich kaum jemand um das Sterben der kleinen Betriebe", bedauert der Berner. In den nächsten 15 Jahren wird die Hälfte der Betriebsleiter in den Ruhestand gehen.
Es bleibt nun abzuwarten, ob es dem SBV gelingt, Nachwuchs zu finden, der den Dialog zwischen diesen beiden Flügeln wiederherstellen kann. Mehrere Schwergewichte wie Jacques Bourgeois (FDP/FR), Jean-Pierre Grin (SVP/VD) oder Andreas Aebi (SVP/BE) stehen vor dem Absprung.
(AWP)