Angesichts der neuen internationalen Bedrohungen wird der Deckel der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben durch das neue Finanzpaket in Deutschland gekippt. Die Länder sollen sich begrenzt verschulden dürfen. Daneben gibt es eine 500 Milliarden Euro schwere Kreditlinie für Investitionen in Infrastruktur, genannt Sondervermögen. Ein zweiter Blick zeigt, dass viele Fragen offen sind. Ein Überblick:

Ist der Deckel der Schuldenbremse weg?

Es gebe künftig für die Verteidigungsausgaben kein Limit, sagte CSU-Chef Markus Söder. Dazu wurde beschlossen, dass die Verteidigungsausgaben im Wehretat nur noch bis zu einem Prozent der Wirtschaftskraft bei der Schuldenbremse angerechnet werden. Darüber hinaus gibt es keine Begrenzung mehr für Kreditaufnahmen, falls dies angesichts der internationalen Lage nötig sein sollte.

Wie dies genau berechnet werden soll, ist noch unklar - zumal nur Ausgaben des Verteidigungsministeriums erwähnt wurden. Etwa für die Berechnung der Nato-Quote von Verteidigungsausgaben von zwei Prozent der Wirtschaftsleistung gelten andere Kriterien. Es gibt zudem auch eine europäische Schuldenregel im Stabilitätspakt - die aber gelockert werden könnte.

Denkbar ist, dass das Verteidigungsministerium nun jedes Jahr angibt, was es für neue Waffen und laufende Kosten braucht. Dann müssen Regierung und Haushälter frei von Verschuldungsgrenzen entscheiden, ob sie dies überzeugt.

Wer bekommt die 500 Milliarden?

Um Investitionen in die Infrastruktur zu finanzieren, soll es die Möglichkeit der Kreditaufnahme von 500 Milliarden Euro in den kommenden zehn Jahren ausserhalb der Schuldenbremse geben. 100 Milliarden davon sollen Ländern und Kommunen zugutekommen.

Unklar ist, wie der Bund den Ländern das Geld zur Verfügung stellt. Dies ginge über verschiedene Wege, etwa einen neuen Schlüssel bei der Verteilung der Umsatzsteuerpunkte zwischen Bund und Ländern. Dann hätte der Bund aber keine Kontrolle über die Verwendung des Geldes. Viel wahrscheinlicher ist deshalb eine Sonderzuweisung an die Länder, in der dann klare Verwendungsvorgaben und Kontrollmöglichkeiten des Bundes vereinbart werden.

Zum anderen müssten die Länder die Kommunen mit einbeziehen, bei denen die meisten öffentlichen Investitionen anfallen. Wie dies geschehen kann, ist unklar. Immerhin versprach NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst in der «Rheinischen Post», dass er das Geld schnell an Kommunen weitergeben wolle.

Wofür sind die 500 Milliarden?

In der schriftlichen Einigung von Union und SPD wird erwähnt, dass die Ausgaben insbesondere für Zivilschutz, Verkehr, Krankenhäuser, Energie, Bildung, Betreuung, Wissenschaft, Forschung, Entwicklung und Digitalisierung gehen sollen. Das lässt Spielraum für Interpretationen. Im neuen Bundestag soll ein Ausführungsgesetz mit Details beschlossen werden, für das eine einfache Mehrheit nötig ist. Das Ringen, in welche Bereiche das Geld genau fliesst, beginnt dann erneut.

Wie oft wird die Schuldenbremse reformiert?

Unklar war zunächst, wie oft die Schuldenbremse im Grundgesetz geändert werden soll - wofür jeweils eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat nötig ist. Im alten Bundestag soll die Schuldenbremse noch in der kommenden Woche auf jeden Fall so geändert werden, dass der Deckel für Verteidigungsausgaben fällt. Dies wäre mit den Grünen machbar. Union und SPD wären nicht auf die Linkspartei wie im neuen Bundestag angewiesen. In diesem Schritt könnte die Schuldenbremse auch dahingehend reformiert werden, dass sich die Länder wieder bis zu 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung verschulden dürfen.

SPD-Chef Lars Klingbeil kündigte an, dass man «nach Neukonstituierung des Bundestages bis Ende des Jahres 2025 die Schuldenbremse überarbeiten wird, um mehr Investitionen zu ermöglichen». In dem gemeinsamen Papier wird erwähnt, dass man dafür eine Expertenkommission einsetzen wolle, «die einen Vorschlag für eine Modernisierung der Schuldenbremse entwickelt, die dauerhaft zusätzliche Investitionen in die Stärkung unseres Landes ermöglicht. Auf dieser Grundlage wollen wir die Gesetzgebung Ende 2025 abschliessen.»

(Reuters/cash)