Anders als Politik und Gewerkschaften sind Investoren aus Deutschland offener für einen Zusammenschluss. Das Frankfurter Geldhaus ordnete unterdessen die Führungsspitze neu.
«Commerzbank ist für uns derzeit ein Investment, nicht mehr», sagte Unicredit-Chef Andrea Orcel in London. Es gebe derzeit kein Angebot an die anderen Commerzbank-Anteilseigner. Man sei ein grosser und strategischer Investor. Ein Zusammenschluss könnte jedoch Werte schaffen. «Wir denken, dass es für beide Seiten das Beste wäre», sagte Orcel. Er plädierte daher für Gespräche mit der deutschen Regierung. Allerdings stellte Orcel klar, dass Unicredit nur voranschreiten werde, wenn es Unterstützung gebe und die Konditionen passten. Die aufgebaute Beteiligung könne auch wieder abgestossen werden.
An der Börse sind die Commerzbank-Aktien seit den Übernahmeavancen deutlich gestiegen. Am Mittwoch verteuerten sie sich um 1,25 Prozent auf 15,35 Euro.
Der Bund hält noch zwölf Prozent an dem Frankfurter Geldhaus. Die Unicredit kontrolliert 21 Prozent und will mehr. Mit Union Investment plädierte ein grösserer deutscher Investor, Gespräche zu führen. «Eine Zusammenarbeit mit der Unicredit - in welcher Form auch immer - muss nicht zum Schaden der Commerzbank sein», sagte Fondsmanagerin Alexandra Annecke. «Deshalb erwarten wir die Bereitschaft zum ergebnisoffenen Dialog.» Union Investment hält 1,5 Prozent an der Commerzbank.
Finanzministerium - feindliche Übernahme hat Risiken
Ungewöhnlich deutlich warnte die Bundesregierung vor einer feindlichen Übernahme der Commerzbank. Damit würde ein grosses Risiko einhergehen, sagte Finanz-Staatssekretär Florian Toncar im Bundestag zu Journalisten. «Das sollte nicht das Ziel sein.» Finanzminister Christian Lindner kritisierte bei der Regierungsbefragung im Bundestag Unicredit für ihr Heranpirschen an die Commerzbank. Der Stil werfe viele Fragen auf und habe nicht das Vertrauen in Unicredit gestärkt, so der FDP-Chef. Der Ball liege jetzt aber beim Management der Commerzbank.
Diese stellte sich zur Wochenmitte personell neu auf: Finanzchefin Bettina Orlopp kann damit die Führung der Bank bereits in der kommenden Woche übernehmen. Der 59-jährige Vorstandschef Manfred Knof werde das Institut vorzeitig zum Monatsende verlassen, teilte das Geldhaus mit. Die 54-jährige Orlopp bekommt einen Fünf-Jahres-Vertrag. Von Orlopp verspricht sich die Commerzbank mehr Schlagkraft im Ringen um die Zukunft von Deutschlands zweitgrösster börsennotierter Bank. Der Aufsichtsrat betonte, Knof habe seinen Posten vor vier Jahren in einer schwierigen Phase übernommen, entschlossen gehandelt und die Bank zurück in die Erfolgsspur gebracht.
Innerhalb der Ampel-Regierung befürchtet vor allem die SPD einen Job-Kahlschlag, sollte die Unicredit die Übernahme durchbekommen. Verwiesen wird in der SPD auf Erfahrungen mit der Münchner HVB, nachdem diese von Unicredit gekauft wurde. Kanzler Olaf Scholz hat sich klar gegen einen Deal positioniert: «Unfreundliche Attacken, feindliche Übernahmen sind nicht das, was für Banken eine gute Sache ist», sagte der SPD-Politiker am Montag in New York. Laut SPD-Finanzpolitiker Michael Schrodi hat das FDP-geführte Finanzministerium ausgeschlossen, die Beteiligung an der Commerzbank noch einmal aufzustocken. Dies habe sie im Finanzausschuss deutlich gemacht. «Die Frage ist, ob man das auf Dauer ausschliessen kann», so Schrodi.
Laut Regierungssprecher Steffen Hebestreit plant die Ampel keine Abwehr des Übernahmeversuchs. Lindner bekräftigte, die Bundesregierung wolle nicht auf Dauer an der Commerzbank beteiligt sein. Ziel sei die Privatisierung. Vorerst werde dies aber nicht weiter vorangetrieben. «Gegenwärtig steht kein weiterer Schritt an.» Damit sei auch ein Signal an andere Investoren gesendet worden. «Die Bundesregierung unterstützt die Strategie der Eigenständigkeit der Commerzbank.» Grundsätzlich habe Deutschland ein Interesse an einem stabilen Bankensystem, die Kreditvergabe müsse gesichert sein. Auch der Banken-Standort Frankfurt solle stark bleiben.
Toncar sagte, er habe im Finanzausschuss die zeitlichen Abläufe geschildert, wie das zuletzt vom Bund veräusserte Paket an die Unicredit gegangen sei. Das höchste Angebot habe den Zuschlag bekommen. Die CSU warf der Regierung deswegen fehlende Professionalität vor. Die AfD sprach von einem Desaster, das Folge von Naivität sei.
Dass sich die Deutsche Bank als Branchenprimus in das Ringen um die Commerzbank einschaltet, ist unwahrscheinlich. Finanzchef James von Moltke machte bei einer Konferenz deutlich, dass die Deutsche Bank noch nicht bereit sei, an einer Konsolidierung der Branche in Europa teilzunehmen. Das Geldhaus müsse noch Arbeiten erledigen, bevor es dazu bereit sei.
(Reuters)