Die Bundesregierung in Berlin hatte in den Monaten vor dem Verkauf eines Commerzbank-Aktienpakets an Unicredit mehrmals Kontakt mit dem italienischen Geldhaus. Das geht aus einem Schreiben des FDP-geführten Bundesfinanzministeriums an den CDU-Bundestagsabgeordneten Matthias Hauer hervor, das der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch exklusiv vorlag.

Demnach hatten allerdings weder Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) noch Finanzminister Christian Lindner (FDP) Kontakt zur Unicredit. Auffällig ist unter anderem ein Telefonat am Abend des 10. September 2024 von Finanz-Staatssekretär Florian Toncar mit der Deutschland-Chefin der Unicredit, Marion Höllinger. Dabei sei es um Informationen über die «bestehende Beteiligung der UniCredit an der Commerzbank» gegangen.

Wenige Stunden später verkaufte der Bund ein Paket von 4,5 Prozent an die Unicredit, weil diese nach Darstellung der Regierung das höchste Angebot in einer Auktion abgegeben hatte. Unicredit sicherte so zusammen mit weiteren Aktien überraschend schnell eine Beteiligung von neun Prozent. Mittlerweile kontrollieren die Mailänder über Finanzinstrumente weitere Anteile und streben eine Übernahme der Commerzbank ab, die in Berlin auf Skepsis stösst, vor allem wegen des Vorgehens der Unicredit.

Toncar hatte bereits 4. September 2024 mit Höllinger telefoniert. Jörg Kukies, früherer Investmentbanker und jetzt Staatssekretär im Kanzleramt, traf dem dreiseitigen Schreiben des Finanzministeriums mit Datum vom Dienstag dieser Woche zufolge Mitte Mai am Rande einer Konferenz in Paris den Unicredit-Verwaltungsratpräsidenten Pier Carlo Padoan. Kontakte gab es auch vom Kanzleramt und Auswärtigen Amt zum Unicredit-Chefvolkswirt Erik Nielsen. Höllinger ist zudem seit Januar 2024 Mitglied im Verwaltungsrat der staatlichen Förderbank KfW, in dem auch mehrere Vertreter der Bundesregierung sind.

CDU-Finanzpolitiker Hauer sagte Reuters, es habe einen «regen Austausch» zwischen Bundesregierung und Unicredit gegeben. «Dass die Bundesregierung die Commerzbank trotz jahrelanger Vorbereitungen des Verkaufs der Bundesanteile und im Wissen über ein Interesse der Unicredit leichtfertig einer möglichen feindlichen Übernahme ausgeliefert hat, wirft viele weitere Fragen auf und kein gutes Licht auf das Agieren der Bundesregierung.» Das Chaos bei der Commerzbank habe die Regierung verursacht.

«Die Commerzbank war mit ihrer Strategie bislang auf einem guten Weg, bis die Bundesregierung einen Verkaufsprozess gestartet hat, der ihr völlig entglitten ist.» Es müsse aufgeklärt werden, warum beim Verkauf der Commerzbank-Aktien des Bundes mit UniCredit nur ein einziger strategischer Investor zum Zug gekommen sei, obwohl eine breite Streuung das Ziel des Verkaufs gewesen sei.

(Reuters)