"Ein Grund zur Freude ist das aber nicht", sagte Marcus Kuhlmann, Leiter der Medizintechnik im Industrieverband Spectaris am Donnerstag. "Die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit und damit die Existenz vieler kleinerer und mittelständischer Medizintechnikhersteller ist derzeit definitiv gefährdet."

Lieferkettenstörungen, die EU-Medizinprodukteverordnung und steigende Material-, Energie- und Logistikkosten belasteten das Geschäft zunehmend. Für das kommende Jahr rechnet der Verband mit einem Wachstum, das noch "schwächer ausfallen wird als 2022". Spectaris veröffentlichte Zahlen und Ausblick vor der Medizintechnik-Leitmesse Medica, die am Montag (14. November) in Düsseldorf beginnt.

Die Branche erwirtschaft zwei Drittel ihrer Umsätze im Ausland. Im ersten Halbjahr sanken die Exporte nach Asien um 3,7 Prozent, vor allem wegen der Corona-Lockdowns in China. Die Ausfuhren nach Nordamerika stiegen um 8,5 Prozent. Für das Gesamtjahr rechnet der Branchenverband im Exportgeschäft mit vier Prozent Wachstum, im Inland mit nominal drei Prozent. Die Zahl der Beschäftigten dürfte um drei Prozent auf 159'000 stiegen.

Laut Ifo-Konjunkturumfrage rechnen die meisten Betriebe der Branche mit einer Verschlechterung der Geschäftslage in den kommenden sechs Monaten. 90 Prozent berichteten von Produktionsbehinderung durch Materialknappheit, 40 Prozent durch Fachkräftemangel. Der Fachverband Medizintechnik im Industrieverband Spectaris vertritt rund 130 vorwiegend mittelständische Mitgliedsunternehmen.

Von der Politik forderte Kuhlmann eine Dämpfung der Energiekosten, Finanzhilfen für den Mittelstand und "dringende Anpassungen" der EU-Medizinprodukteverordnung. Die forschende Medizintechnik-Industrie müsse Versorgungs- und Gesundheitsdaten nutzen dürfen. Und "die Unternehmen benötigen schnellere Genehmigungen von Ausfuhren sowie raschere Bewilligungen von Förderanträgen, etwa im Bereich Energieeffizienz", sagte Kuhlmann. Angesichts der weltweit alternden Bevölkerung, der Zunahme chronischer Erkrankungen und des medizinischen Fortschritts blieben die Wachstumsperspektiven grundsätzlich positiv.

(AWP)