Aktienmärkte haben ein kurzes Gedächtnis, so scheint es: Noch um Weihnachten herrschte Panik, zwischenzeitlich fiel der Swiss Market Index (SMI) auf 8138 Punkte. Anleger befürchteten eine Abschwächung der Weltwirtschaft. Für Verunsicherung sorgte konkret der Handelsstreit zwischen USA und China, das Hin und Her um den Brexit und schlechte Wachstumszahlen aus China.
Inzwischen hat die Tristesse aber einer neuen Euphorie Platz gemacht. Seit Jahresbeginn steigen die Börsen weltweit unentwegt. Auch der aufgrund seines defensiven Charakters sonst eher zurückhaltende SMI macht da mit. Der Leitindex gewinnt seit dem 1. Januar 15 Prozent dazu und erklimmt am heutigen Mittwoch im Tagesverlauf ein neues Allzeithoch bei 9704 Punkten. Hier der beeindruckende Anstieg als Grafik:
Kursentwicklung des SMI in den letzten 52 Wochen, Quelle: cash.ch
Der Stimmungswechsel in diesem Jahr ist zu einem nicht unerheblichen Teil auf den Kurswechsel der US-Notenbank Fed zurückzuführen, die wiederholt durchblicken liess, die Zinsen vorerst nicht mehr anzutasten. Auch die EZB hält ihre Füsse bis mindestens 2020 still. Tiefe Zinsen sind gut für die Aktienmärkte, da dadurch Anlagealternativen wie Obligationen oder Sparkonten unattraktiv bleiben.
Auch die überraschend guten Wachstumszahlen aus China im ersten Quartal und die Annäherung zwischen USA und China im Handelsstreit haben die Ängste der Anleger bezüglich eines plötzlichen Einbruchs der globalen Wirtschaft kleiner werden lassen. Hinzu kommt ein weiterer wichtiger Faktor, der zur laufenden Börsenhausse beigetragen hat: Die Aktienmärkte haben im Vorjahr stark Federn gelassen, der Aufschwung startete daher von einem relativ tiefen Niveau aus.
Unternehmenszahlen überraschen positiv
Und die gute Börsenstimmung könnte noch etwas anhalten: "10'000 Punkte sind leicht zu machen", sagt Belvalor-Anlagechef Peter Bänziger auf cash-Anfrage, angesprochen auf die weiteren Aussichten des SMI. Die Unternehmensresultate im ersten Quartal seien mehrheitlich überraschend positiv ausgefallen, die vorangehende Schwarzmalerei der Investoren habe sich nicht bestätigt. Hinzu würden rekordhohe Dividendenausschüttungen kommen, die wieder investiert werden müssen und ein Euro, der sich zum Franken erholt und damit der Schweizer Exportindustrie hilft. "Das alles verleiht dem SMI weiteres Potenzial".
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Auf Einzeltitelebene haben am Mittwoch die Credit Suisse mit einem überraschend soliden Ergebnis und Novartis mit einem Anheben der Gewinnprognose die Anleger überzeugen können. Vergangene Woche lieferte bereits Nestlé einen guten Zahlenkranz, die Aktie erreichte ein neues Rekordhoch (cash berichtete).
Bänziger gefällt derzeit vor allem die Novartis-Aktie, da der Pharmakonzern neben den guten Resultaten eine Kurskorrektur hinter sich habe und in diesem Jahr mit plus 7 Prozent an der Börse dem Gesamtmarkt noch immer hinterher hinkt. Auch die Versicherer seien aufgrund der hohen Dividendenrendite weiter attraktiv, ihr Rückschlagpotenzial relativ tief.
Beste Dividendenzahler unter den kotierten Versicherungswerten sind gegenwärtig Zurich (5,8 Prozent Dividendenrendite), Swiss Re (5,8 Prozent), Helvetia (3,5 Prozent) und Swiss Life (3,5 Prozent). Die beiden erstgenannten haben in diesem Jahr ihre Dividende bereits an die Aktionäre ausgeschüttet, bei Helvetia (7. Mai) und Swiss Life (3. Mai) wird es in den nächsten zwei Wochen soweit sein.
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Doch auch wenn die Börse ihren guten Lauf tatsächlich noch etwas fortsetzen sollte: Auf Einzeltitelebene sind Rückschläge durchaus realistisch. Gerade bei Werten, die in diesem Jahr bereits eine "gewaltige" Performance hingelegt haben, wird gemäss Bänziger die Luft nach oben dünner. Sein Ratschlag lautet daher: "Bei Aktien mit starken Anstiegen würde ich Gewinne mitnehmen und auf eine Korrektur warten."
Sehr stark performt haben in diesem Jahr bereits der Zementkonzern LafargeHolcim (+30 Prozent), der Personalvermittler Adecco (+28 Prozent) und die Grossbank Credit Suisse (+26 Prozent). Im breiteren Schweizer Markt haben Titel wie Santhera (+132 Prozent), Interroll (+54 Prozent), Polyphor (+53 Prozent) oder Temenos (+43 Prozent) inzwischen luftige Höhen erreicht.