Hintergrund für die weiteren Kursverluste des Dollars gegenüber Franken, Euro und Pfund im Juli ist, dass die Vermögensverwalter ihre Wetten auf einen rückläufigen Dollar auf ein Rekordniveau erhöht haben. Es wird spekuliert, dass eine Verlangsamung der US-Inflation das Ende der 16-monatigen Straffungspolitik der Federal Reserve beschleunigen werde. Institutionelle Anleger – darunter Pensionsfonds, Versicherer und Investmentfonds – erhöhten ihre Netto-Leerverkaufsposition im Greenback in der Woche bis zum 18. Juli um 18 Prozent auf 568'721 Kontrakte, wie aus von Bloomberg aggregierten Daten zu acht Währungspaaren der Commodity Futures Trading Commission hervorgeht.
Der Bloomberg Dollar Spot Index rutschte am 12. Juli so stark ab wie seit sechs Monaten nicht mehr, als Daten der US-Regierung zeigten, dass sich die Inflation im Juni stärker verlangsamte als von Ökonomen prognostiziert. Die Fed dürfte diese Woche ihren Leitzins um 25 Basispunkte anheben, könnte aber Anfang nächsten Jahres mit der Senkung ihres Leitzinses beginnen. Dies deuten die Overnight-Index-Swaps an.
Die ING Bank schreiben zum Ausblick in dieser Woche und den Positionierungsdaten, dass Anleger in den geldpolitischen Sitzungen der Fed, der EZB und der BoJ diese Woche mit relativ grossen Dollar-Short-Positionen einsteigen. Die ING-Strategen schliessen aber kurzfristig eine weitere Korrekturrally nicht aus. "Wir begrüssen zwar einen schwächeren Dollar später in diesem Jahr, aber die jüngste Korrekturrally des Dollars könnte diese Woche anhalten, wenn die Fed an ihrer Straffungsneigung festhält."
Hält der Höhenflug des Euro an?
Der sogenannte nominale effektive Wechselkurs der Gemeinschaftswährung, der sie mit den Währungen der Handelspartner des Euroraums vergleicht, war gemäss der Nachrichtenagentur Bloomberg noch nie so hoch. Gegenüber dem Yuan liegt er zudem nahe dem höchsten Stand seit drei Jahren, was möglicherweise die Attraktivität der Exporte aus der Region verringert.
Die Stärke des Euro gebe der EZB "absolut“ Anlass zur Sorge, sagte Mark Dragten, Leiter der diskretionären Devisenabteilung bei Insight Investment. "Europa verkauft viele Produkte nach China“, sagte er. "Man muss sich über die Nachfrage Gedanken machen, wenn sich die chinesische Wirtschaft verlangsamt.“ Obwohl die EZB neben dem nominalen effektiven Zinssatz eine Reihe weiterer Währungsmassnahmen in Betracht zieht, beginnen die Gewinne der Gemeinschaftswährung unsicher zu erscheinen.
Der Euro notiert in der Nähe eines 17-Monats-Hochs gegenüber dem Dollar und ist um mehr als 18 Prozent gestiegen, seit er im September unter die Parität zum Dollar gefallen ist, als die EZB den aggressivsten geldpolitischen Straffungszyklus in ihrer Geschichte durchführte. Die europäische Währung ist auch gegenüber dem japanischen Yen gestiegen und hat auch einen Anstieg gegenüber dem englischen Pfund verzeichnet. Technische Signale deuten darauf hin, dass die Währung überkauft ist.
Beim Neun-Wochen-Relative-Stärke-Index des Euro kam es zu einer rückläufigen Trendwende, während der Commodity Channel Index – der die aktuellen Preise im Verhältnis zu historischen Niveaus misst – zu fallen begann, was auf bevorstehende Verluste hindeutet. "Der Euro-Dollar hat hier oben nichts zu suchen, und das weiss er“, sagte Brad Bechtel, Stratege bei Jefferies.
Sollte EZB-Präsidentin Christine Lagarde in ihrer aggressiven Rhetorik zur Inflationsbekämpfung beim Treffen der EZB-Währungshüter am Donnerstag nachlassen, könnte der Euro den gleichen Weg gehen wie das britische Pfund. Der Siegeszug des britischen Pfunds geriet ins Wanken, als der Anstieg der britischen Inflationsdaten letzte Woche überraschend langsam ausfielen.
1 Kommentar
Somit existiert eine Obergrenze für die Notenbankbilanz, aber wir wissen nicht, wo sie ist? - "Wenn ich sage, es gebe keine Limite, dann trifft das einerseits zu. Doch an einem bestimmten Punkt, wenn die Lage der Regierung prekär genug ist, treten sehr schlimme Nebenwirkungen wie Hyperinflation auf. Ich sage schon seit einiger Zeit, dass ich mir Sorgen mache um Japan."
Wo liegen die Gefahren für Japan? - "Der Staat hat ein jährliches Defizit von etwa 5% und einen Schuldenstand von 230% des Bruttoinlandprodukts. Jetzt braucht es nur noch ein kleines Problem – zum Beispiel schnelleres Wirtschaftswachstum: Wenn dann die Zinsen steigen, nimmt der Schuldendienst sprunghaft zu. Dieser Nachteil wäre erdrückend gegenüber dem Vorteil eines höheren nominalen Wirtschaftswachstums. Solche Probleme sind also nicht nur hypothetisch, die Besorgnis ist nicht unberechtigt."
Wie nahe ist Japan diesem Szenario? - "Das sind nichtlineare Prozesse. Die Wirtschaft ist keine Maschine, sondern ein komplexes, anpassungsfähiges System. In fast allen solchen Systemen gibt es Phasensprünge – Eis wird zu Wasser und dann zu Dampf. Verschiedene Ursachen können das System über einen bestimmten Punkt, eine Grenze stossen. Für Inflationsdruck ist nicht nur die Auslastung der Wirtschaft wichtig, sondern auch das Wachstum der Schulden. Die Zentralbanken verwenden jedoch Modelle, die im Wesentlichen linear sind. In ihrer Welt gibt es keine Phasensprünge."
William White: «Notenbanken können nicht zurück»
Wir befinden uns auf völlig unbekanntem Territorium», sagt der ehemalige Chefökonom der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel. Wohin die unkonventionelle Geldpolitik führt, wisse niemand.
Philippe Béguelin
Publiziert: 30.12.2016, 09:30