Welche Gemeinsamkeit haben Zentralbanken und Mieter? Es ist das Trilemma. Beim geldpolitischen Trilemma muss die Zentralbank von zwei von drei Optionen wählen - freie Kapitalströme, fixe Wechselkurse oder monetäre Unabhängigkeit. Das Erreichen aller drei Ziele gleichzeitig ist unmöglich.
Mieter müssen sich unterdessen zwischen den Wohnkosten, Infrastruktur und Freizeitangeboten entscheiden. Gemäss einer kürzlich veröffentlichten Studie der Grossbank UBS beeinflussen diese drei Hauptkomponenten die Wohnattraktivität massgeblich. Jedoch ist es gemäss der Grossbank in der Schweiz fast unmöglich eine Gemeinde zu finden, die von allem das Beste bietet.
Die Wohnkosten als Einschränkung
Die Schweiz zählt 2131 Gemeinden. Gemäss dem Wohnattraktivitätsindex der UBS sind mit 1019 Gemeinden fast die Hälfte in mindestens einer der drei Kategorien «überdurchschnittlich» und für eine vierköpfige Familie gleichzeitig finanziell tragbar. In den Augen der UBS liegt die Limite der Mietkosten bei 30 Prozent des Einkommens.
Die Stadt Zürich gehört beispielsweise nicht zu dieser Gruppe von Gemeinden. Zwar dürfte die Grossstadt in den Kategorien «Infrastruktur» und «Freizeit» überdurchschnittlich punkten, aber in der dritten Kategorie fällt die Limmatstadt krachend durch: Für keine der drei aufgeführten Einkommensklassen (niedrig, mittel, hoch) sind die Mieten tragbar.
Die UBS kategorisiert nach drei Haushaltstypen. Das heisst, jede Einkommensklasse wird dem passenden Wohnsegment gegenübergestellt. Tiefe Einkommensklassen werden mit kleinen Wohnungen mit einer Fläche von etwa 95 Quadratmeter verglichen, mittlere Einkommen mit dem mittleren Wohnsegment und die hohe Einkommensklasse mit dem gehobenen Wohnsegment von über 130 Quadratmetern.
Zwar können die oberen Einkommenssegmente jederzeit «kleiner» leben, das ändert die Tatsache der sehr teuren Mieten in der Stadt Zürich oder in anderen Grosszentren jedoch nicht.
Die attraktivsten Gemeinden
Viele Gemeinden decken zwei von drei Punkten ab. 205 Gemeinden bieten überdurchschnittliche Infrastruktur und Freizeitangebote. 102 Gemeinden bieten Freizeitangebote zu tiefen Wohnkosten und 66 Gemeinden bieten eine überdurchschnittliche Infrastruktur zu tiefen Kosten.
Doch nur elf Gemeinden bieten alles: Yverdon-les-Bains (VD), La Tour-de-Peilz (VD), Vevey (VD), Montreux (VD), Murten (FR) Fribourg (FR), Nidau (BE), Chur (GR), Rorschach (SG), Locarno (TI), Aarau (AG).
Zurecht denkt sich der Leser an dieser Stelle: Was bringt mir diese Information, wenn das beste Preis-Leistungsverhältnis in beispielsweise Murten zu finden ist, wenn ich im Grossraum Zürich wohne und arbeite? Denn ein Umzug steht ausser Frage.
Die UBS macht in ihrem Bericht deshalb kein nationales Ranking. Denn gemäss ihren Angaben ziehen Menschen in der Schweiz in der Regel nicht nach weit entfernten Orten um - drei Viertel bleiben in einem Radius von etwa 10 Kilometern. Auch bewegt sich der Grossteil der erwerbstätigen Bevölkerung innerhalb der Grenzen der gleichen Arbeitsmarktgrossregion, so die Analysten.
Die Wohnregionen der Schweiz teilt die UBS deshalb analog der 13 Arbeitsmarktgrossregionen des Bundesamt für Statistik ein und listet pro Gebiet die attraktivsten Wohnmöglichkeiten auf. Die finanziellen Rahmenbedingungen einer Familie haben nur im Wirtschaftsraum Genf-Lausanne und der Zentralschweiz einen erheblichen Einfluss auf die Tragbarkeit einer Wohnung - im Rest der Schweiz spielt sie eine untergeordnete Rolle.
In der Region Zürich fallen aufgrund einer Verkleinerung des Einkommens nur bis zu 5 Prozent der Gemeinden weg (Kilchberg, Rüschlikon und Zürich). In Genf-Lausanne kommen für einkommensschwache Familien beispielsweise deutlich weniger, nämlich rund 30 Prozent der Gemeinden noch in Frage.
Mittelzentren für Familien
Für Familien sind grundsätzlich Mittelzentren die attraktivste Wohnmöglichkeit. Im Wirtschaftsraum Zürich machen sie die Hälfte der Top-10 aus: Aarau, Schaffhausen, Baden, Rapperswil-Jona oder Uster.
Doch auch in den anderen Grossregionen schneiden sie sehr gut ab. Luzern, Neuenburg, Sitten, Solothurn, Biel und St. Gallen sind weitere Beispiele.
Besonders für Familien, die zwischen den drei Faktoren Kompromisse eingehen müssen und das Einkommen ein zentraler Faktor ist, ist dies eine erfreuliche Nachricht. Denn die Komponente «Infrastruktur» hat den grösseren Einfluss auf die Mietkosten und Familien sind von einer guten Infrastruktur abhängig.
Doch ist die Lage des Wohnortes eine sehr persönliche Angelegenheit. Familien, die ihre Bedürfnisse und Vorlieben kennen, können zwischen den drei Faktoren abwägen und den Umzug in eine nicht allzu weit entfernte Gemeinde mit dem besten Gesamtpaket in Erwägung ziehen. Damit ist das Trilemma auch wieder relativiert.
2 Kommentare
Der Beitrag blendet zwei wesentliche Faktoren aus:
1. Das Angebot an Arbeitsplätzen; so mag der Freizeitwert im Jura ja hoch sein und die Mieten tief, es fehlen aber schlicht die Arbeitsplätze - es sei denn, der öffentliche Verkehr ist sehr gut ausgebaut und die Leute sind bereit, lange Pendlerwege auf sich zu nehmen.
2. Die Steuern: Wenn man von der Tragbarkeit der Mietkosten redet, sollte man auch die Höhe der Gemeinde- und Kantonssteuern in die Rechnung mitberücksichtigen. Beispiel Zug: Leute mit tiefen Einkommen ziehen aufgrund hohen Mietkosten weg, Leute mit hohen Einkommen können sich aber hohe Mieten, oder gar ein Eigenheim leisten da sie auf der Steuerseite besser als an anderen Steuerdomizilen wegkommen.
Etwas stark vereinfachend. Die Verfügbarkeit von entsprechenden und ansprechenden Wohnobjekten dürfte auch eine grosse Rolle spielen.
Ich habe mein Haus gekauft, nicht wegen der Infrastruktur oder dem Freizeitangebot, sondern schlichtweg weil mir das Haus architektonisch gefallen hat (und immer noch gefällt) und preislich tragbar war. Trotz danach langem Arbeitsweg und mässiger Infrastruktur in einer ländlichen Gemeinde.