Derzeit herrscht Unsicherheit an den Aktienmärkten, wie es weitergeht. Der Handelskrieg zwischen den USA und China belastet die Kurse. Zudem zeigen Konjunkturdaten eher nach unten in eine Rezession.
Wegen der Unsicherheiten an der Börse könnten die Kurse in nächster Zeit öfter die Richtung wechseln. Für etwas spielerischer veranlagte Investoren ein guter Zeitpunkt für Hebelprodukte. Denn mit diesen Produkten kann nicht nur auf steigende, sondern auch auf fallende Kurse gesetzt werden. Was es damit genau auf sich hat, hier in einem kurzen Einmaleins der Hebelprodukte.
«Derivate sind das Kokain des Kapitalismus», schrieb die WOZ in einem Artikel während der Finanzkrise im Jahr 2008. Derivate werden oft verteufelt, doch so schlimm sind sie gar nicht – sofern sie richtig eingesetzt werden. Entstanden sind sie nämlich als Absicherungsinstrumente für den Handel mit Gütern. Schon 2000 Jahre vor Christus fanden solche Geschäfte statt.
Heute sind Derivate ein Billionenmarkt. Es können Versicherungen auf Wertverluste nicht nur von Agrargütern, sondern auch von Aktien und einer Vielzahl anderer Finanzinstrumente gekauft werden. Es gibt zudem nicht nur Versicherungen auf Wertverluste, sondern es können auch Derivate gekauft werden, mit denen man vom Kursanstieg eines Basiswerts (eines Agrarguts oder irgendeines anderen Finanzinstruments) profitieren kann. Im Grunde ist es heute realisierbar, mit Derivaten auf alle möglichen Kursveränderungen zu setzen. Am meisten Bedeutung für Privatanleger haben Warrants und strukturierte Produkte.
Put und Call
Ein Warrant enthält das Recht, einen Basiswert entweder zu verkaufen (Put) oder zu kaufen (Call). Mit einer Put-Option können Anleger auf fallende Preise spekulieren, mit einem Call auf steigende.
Der Put ist ein Vertrag, in dem der Käufer das Recht bekommt, einen Basiswert (meist eine Aktie) an einem Termin in der Zukunft zu einem im Voraus bestimmten Preis zu verkaufen. Wenn der Marktpreis des Basiswerts unter den im Voraus bestimmten Preis fällt, lohnt es sich, das Recht zu nutzen und zum höheren, im Put definierten Preis zu verkaufen. Put-Käufer spekulieren also auf fallende Preise. Oder sie besitzen den Basiswert und versichern sich mit dem Put gegen einen Preiszerfall.
Umgekehrtes gilt für einen Call: Ein Käufer erhält das Recht, einen Basiswert zu einem Zeitpunkt in der Zukunft zu einem im Voraus bestimmten Preis zu kaufen – was dann lukrativ ist, wenn der Preis gestiegen ist. Ist der Preis nicht gestiegen, muss der Käufer sein Recht nicht ausüben, verliert aber natürlich den Betrag, den er in den Call investiert hat.
Eher etwas für erfahrenere Anleger
Warrants sind hoch spekulative Finanzinstrumente. Ihre Preisschwankungen können enorm sein; ihre Preise können sich teilweise fünfmal schneller verändern als diejenigen ihrer Basiswerte. Fällt also der Basiswert um 10 Prozent, kann ein Call 50 Prozent seines Wertes oder mehr verlieren. Genauso schnell geht es nach oben. Aufgrund ihres Potenzials und ihrer Komplexität sind Warrants eher etwas für erfahrene Anleger.
Wichtige Begriffe für Anleger, die mit Warrants hantieren
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Call- und Put-Warrants sind in stark steigenden respektive fallenden Märkten die richtige Wahl. Geht der Markt aber seitwärts oder nur schwach aufwärts bzw. abwärts, dann sind es die falschen Anlageinstrumente. Calls und Puts verlieren über die Zeit an Wert. Sie sind ja eine Wette darauf, dass der Kurs einer Aktie oder eines anderen börsengehandelten Instruments innerhalb einer bestimmten Zeitspanne einen bestimmten Wert über- oder unterschreitet. Je näher das Ablaufdatum des Warrants, desto unwahrscheinlicher wird es, dass die Wette noch aufgeht. Verändert sich der Kurs des Basiswerts nicht, verliert der Warrant also über die Zeit an Wert.
Der Mini ohne Zeitwertverlust
Es gibt aber auch strukturierte Produkte mit Hebel, die keinen Zeitwert verlieren, etwa Minifutures und Knock-out-Produkte. Sie sind darum besser für schwach steigende oder fallende Märkte geeignet, wobei sie andere Probleme in sich bergen. Wenn der Kurs von Basiswerten (beispielsweise Aktien) in die falsche, vom Anleger nicht erwartete Richtung geht, dann verfallen sie beim Erreichen eines bestimmten Kurses (des Knock-outs) wertlos. Zudem entsteht bei Minifutures ein unangenehmes Phänomen: Setzen Anleger mit einem Minifuture auf steigende Kurse, dann sinkt der Hebel des Produkts umso mehr, je höher der Basiswert steigt. Sinkt der Basiswert, steigt der Hebel. Diese Produkte beschleunigen also für Anleger das Geldverlieren und verlangsamen das Geldverdienen.
Die oben beschriebenen Hebelprodukte sind die meistgekauften in der Kategorie strukturierte Produkte. Vor allem in Seitwärtsmärkten sind für Privatanleger aber oft Renditeoptimierungsprodukte ratsamer. Dazu gehören etwa Reverse Convertibles und Diskontzertifikate. Sie sind als Paket von meist zwei Transaktionen zu verstehen: einerseits dem Kauf eines Basiswerts, beispielsweise einer Aktie, und anderseits dem Schreiben oder dem Leerverkauf einer Option. Mithilfe des Verkaufspreises der Option wird die Rendite des Basiswerts optimiert, indem er zum Beispiel als Puffer eingesetzt wird, der Verluste im Basiswert absorbiert, etwa bei Diskontzertifikaten.
Natürlich könnten Privatanleger die Transaktionen, die einem Renditeoptimierungsprodukt zugrunde liegen, auch selber vornehmen. Allerdings ist das komplex. Mit dem Kauf eines Renditeoptimierungsprodukts übernimmt das die Bank.
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Dieser Artikel erschien zuerst in der "Handelszeitung" unter dem Titel "Das müssen Anleger über Derivate wissen".