Der SNB-Leitzins werde um 0,5 Prozentpunkte auf 0,5 Prozent gesenkt. Von Reuters im Vorfeld der vierteljährlichen geldpolitischen Lagebeurteilung der SNB befragte Ökonomen hatten überwiegend eine erneute Senkung des Schlüsselzinses um 0,25 Prozentpunkte prognostiziert.

BRIAN MANDT, LUZERNER KANTONALBANK

Rechtzeitig vor Weihnachten beschenkte die SNB Schweizer Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer mit einer kräftigen Zinssenkung. Damit verbilligen sich die Finanzierungsbedingungen, vor allem für kurzfristige Kredite. Das stützt die Investitionstätigkeit von Unternehmen und privaten Haushalten. Martin Schlegel & Co senkten den Leitzins von einem Prozent auf 0,5 Prozent. Damit fiel der Zinsschritt kräftiger aus als von uns erwartet. Gleichzeitig passten die Währungshüter den Inflationsausblick für 2025 deutlich von 0,6 Prozent auf 0,3 Prozent an. Die Inflationsprojektionen für 2026 und 2027 wurden jedoch nach oben revidiert. Der pielraum, dass die SNB den Leitzins noch weiter senkt, ist damit enger geworden. Zumal die SNB für 2025 mit einer Beschleunigung der Wirtschaft rechnet.

PHILIPP BURCKHARDT, LOMBARD ODIER IM

Einmal mehr überrascht die SNB. Zwar war eine grössere Zinssenkung als «nur» 0,25 Prozent im Markt eingepreist, aber unter den Analysten erwartete eine überwiegende Mehrheit den kleineren Schritt mit 0,25 Prozent. Dass die SNB heute mit 0,5 Prozent vorgelegt hat, signalisiert eine gewisse Dringlichkeit und ist auf eine Kombination von Faktoren zurückzuführen. Vor allem ist hier die Inflation zu erwähnen, welche unter der SNB Prognose und deren Zielwert liegt. Wir erwarten für das kommende Jahr auch weitere deflationäre Faktoren, wie sinkende Energiepreise oder ein tieferer Referenzzinssatz, welcher sich im neuen Jahr auf die Mieten auswirken sollte. Ebenfalls möglich ist, dass die SNB ein klares Signal bezüglich der Währung senden wollte, nämlich, dass weiterhin keine Aufwertung toleriert wird, um möglicher Spekulation schon früh den Riegel vorzuschieben. Ein Leitzins bei 0,5 Prozent erachten wir als leicht expansiv. Dies im Kontrast zur EZB wie auch der Fed, die beide noch im restriktiven Bereich liegen. Damit erhöht sich auch die Wahrscheinlichkeit, dass die SNB das geldpolitische Instrument der Devisenmarktinterventionen wieder vermehrt nutzen wird.

PHILIPP MERKT, ANLAGECHEF POSTFINANCE

Nach drei Zinssenkungen um jeweils 25 Basispunkte überrascht der deutliche Zinsschritt doch ein wenig. Er zeigt aber auch, dass die SNB in der Aufwertungstendenz des Schweizer Frankens und deren Folgen ein erhebliches Risiko sieht.

KARSTEN JUNIUS, CHEFÖKONOM J. SAFRA SARASIN

Schlegel signalisiert deutlich, dass er ebenso entschlossen ist, die zu niedrige Inflation zu bekämpfen wie sein Vorgänger. Die Senkung des Leitzinses um 50 Basispunkte ist die richtige Entscheidung, da die Inflationsrisiken nach unten gerichtet sind und die Wirtschaft unter ihrem Potenzial wächst, während die wichtigsten Exportgüter der Schweiz mit strukturellen und zyklischen Problemen zu kämpfen haben. Wir erwarten zwei weitere Senkungen um 25 Basispunkte bei den nächsten beiden Sitzungen auf ein Niveau von 0 Prozent im Juni. Insbesondere deutet nichts in der Erklärung darauf hin, dass die SNB in ​​den kommenden Monaten beabsichtigt, am Devisenmarkt zu intervenieren. Wir halten den Schweizer Franken auch für ungefähr fair bewertet und erwarten einen Kurs von 0,92 EUR-CHF Ende nächsten Jahres.

ROBERTO MANDORINO, ANLAGECHEF SCHWEIZ, J.P. MORGAN

Die unerwartete Zinssenkung der SNB um 50 Basispunkte hat dazu geführt, dass die Märkte für die erste Hälfte des Jahres 2025 eine Rückkehr zur Nullzinspolitik einpreisen. Die Entscheidung wurde durch zunehmende deflationäre Tendenzen in der Schweiz und eine weitere Kontraktion der Wirtschaftstätigkeit im November ausgelöst. Es ist offensichtlich, dass die Entscheidungsträger sich stärker auf Wachstumsrisiken konzentrieren und sowohl strukturelle als auch konjunkturelle Herausforderungen angehen.

Wir betrachten den Franken weiterhin als einen sicheren Hafen, insbesondere angesichts der fehlenden Verbesserung des europäischen Wachstums. Dies hält uns relativ positiv gegenüber dem Franken im Vergleich zum Euro, aber der negative Carry im Vergleich zu den Vereinigten Staaten (wo die Zinsen voraussichtlich länger hoch bleiben werden) ist derzeit zu bedeutend, um Short-Positionen im Dollar zum Franken zu rechtfertigen.

Wir würden es vorziehen, klarere Beweise für globale Zinssenkungen zu sehen, bevor wir eine konstruktivere Haltung einnehmen, und glauben, dass der Schweizer Franken eine nützliche Finanzierungswährung für globale Investoren sein kann.

SANTOSH BRIVIO, MIGROS BANK

Wie zuletzt immer mehr erwartet, senkt die Schweizerische Nationalbank (SNB) den Leitzins um gleich 50 Basispunkte. «Sie erlag damit der Versuchung, mit einem grossen Zinsschritt, ein Zeichen gegen die schwierige Lage an der Konjunktur- und Währungsfront zu setzen. Die Wirkung wird aber überschaubar bleiben.

Wir bleiben dabei, dass der konjunkturelle Gegenwind und die Frankenstärke auf strukturelle Faktoren zurückzuführen sind, die weitgehend ausserhalb des geldpolitischen Einflussbereichs liegen. Hingegen sind die unerwünschten Nebenwirkungen eines negativen Leitzinses unvermeidlich. Anlagenotstand, Bestrafung der Kleinsparer, Druck auf die Vorsorge oder ein weiteres Aufheizen des Immobilienmarktes – vieles davon wirkt auch mehr als zwei Jahre nach Ende des letzten Negativzinsregimes unangenehm nach

Der Schweizer Leitzins dürfte im nächsten Jahr noch um 25 Basispunkte gesenkt werden. In unserem Basis-Szenario gehen wir davon aus, dass mit dem heutigen grossen Lockerungsschritt der Zinssenkungszyklus nach einer letzten kleinen Senkung abgeschlossen sein wird und der Leitzins für längere Zeit bei 0,25 Prozent verharrt, denn wir erwarten zwar ein schwaches, angesichts des europäischen Umfeldes aber solides Schweizer Wirtschaftswachstum und gleichzeitig eine Inflation innerhalb des SNB-Zielbandes.

THOMAS GITZEL, CHEFÖKONOM VP BANK

Während die Fed und die Europäische Zentralbank (EZB) noch immer mit vergleichsweise hohen Inflationsraten konfrontiert sind, ist in der Schweiz das Umgekehrte der Fall: Die Teuerungsraten liegen auf sehr tiefem Niveau mit sinkender Tendenz. Die SNB kann also die Zinsen senken, ohne sich Sorgen über neuen Inflationsdruck machen zu müssen. 

Die eidgenössischen Währungshüter haben jedoch Magengrummeln hinsichtlich eines weiteren deutlichen Rückgangs der Teuerungsraten. Grund für die niedrigen Inflationsraten ist einmal mehr der starke Franken, der die Preise importierter Preise drückt. Die SNB wird aus diesem Grund nicht umhinkommen, den Leitzins auch im kommenden Jahr weiter zu senken. Es ist deshalb durchaus realistisch, dass der Leitzins zum Jahresende 2025 bei 0 % liegen wird.

Sollte der designierte US-Präsident Donald Trump Strafzölle verhängen, würde dies gerade die exportabhängige europäische Wirtschaft hart treffen. Dies würde den Schweizer Franken in seiner Funktion als sicherer Hafen weiter stärken.

DANIEL HARTMANN, BANTLEON

Es war klar, dass die SNB im Rahmen der heutigen Notenbanksitzung die Leitzinsen weiter senkt. Offen war nur die Frage, ob um 25 oder 50 Basispunkte. Die Währungshüter haben sich für einen grossen Schritt und damit eine Reduzierung des SNB-Leitzinses von 1,00 Prozent auf 0,50 Prozent entschieden. Der Inflationsausblick hat den Notenbankern letztendlich keine andere Wahl gelassen.

Mit Blick voraus sind zusätzliche Zinssenkungen denn auch sehr wahrscheinlich. Wir rechnen nunmehr mit einer Absenkung des SNB-Leitzinses auf 0,00 Prozent bis Mitte 2025. Dies könnte in einem Schritt bereits im März 2025 oder in zwei Schritten à 25 Basispunkte geschehen (März: auf 0,25 Prozent, Juni auf 0,00 Prozent).

MABROUK CHETOUANE, NATIXIS

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat die Märkte überrascht, indem sie den Leitzins um 50 Basispunkte auf 0,5 Prozent gesenkt hat, was den niedrigsten Stand seit zehn Jahren markiert. Obwohl die Aufwertung des Schweizer Frankens teilweise durch externe Faktoren verursacht wurde, möchte die SNB diese Entwicklung stoppen.

Die negativen Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit und die Inflation sind ein zentrales Anliegen der Währungsinstitution. Mit dieser Massnahme signalisiert die SNB, dass sie den erwarteten Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank (EZB) und der US-Notenbank (Fed) zuvorkommen möchte. Allerdings wird der Spielraum für weitere Zinssenkungen immer kleiner, und die bisherigen Zinssenkungen werfen die Frage auf, welche weiteren Instrumente der SNB noch zur Verfügung stehen.

KATJA MÜLLER, LBBW

Der neue SNB-Chef Martin Schlegel setzt mit der beherzten Zinssenkung um gleich 50 Basispunkte bereits zu Beginn seiner Amtszeit ein Ausrufezeichen. Der Schweizer Franken wertete in einer ersten Reaktion gegenüber dem Euro spürbar ab. Die SNB verwies in ihrer Begründung auf den nochmals deutlich niedrigeren Inflationsdruck. Die bedingten Inflationsprognosen wurden abermals nach unten genommen.

Der explizite Hinweis auf mögliche weitere Zinssenkungen in den nächsten Quartalen ist in der aktuellen Lagebeurteilung allerdings nicht mehr enthalten. Vielmehr wollen die Währungshüter die Lage weiter «genau beobachten». Die niedrige Inflation in Verbindung mit der verhaltenen Konjunkturentwicklung und dem starken Schweizer Franken lassen Spielraum für eine weitere Reduktion des Leitzinses. Beim nächsten Zinsentscheid im März wird nach unserer Einschätzung eine weitere Senkung des Leitzinses folgen, allerdings nur um 25 Basispunkte.

NADIA GHARBI, PICTET WEALTH MANAGEMENT

Insgesamt ändert der grosse Zinsschritt heute unsere Einschätzung nicht. Wir gehen weiterhin davon aus, dass die SNB ihre Geldpolitik weiter lockern wird und der Leitzins im Juni (statt wie zuvor erwartet im September) auf 0,0 Prozent sinken wird. Die Risiken bleiben in Richtung niedrigerer Zinsen geneigt, sodass negative Zinsen nicht ausgeschlossen werden können.

Zinssenkungen bleiben das primäre geldpolitische Instrument der SNB. Allerdings schließen wir nicht aus, dass die SNB am Devisenmarkt interveniert, um einer ungerechtfertigten Aufwertung des CHF entgegenzuwirken, jedoch nicht in systematischer Weise.

FREDY HASENMAILE, CHEFÖKONOM RAIFFEISEN SCHWEIZ

Mit der vierten Leitzinssenkung in Folge bewegt sich auch der darüber gesteuerte Tagesgeldsatz SARON weiter nach unten. Damit verringert sich der Zinsvorteil der längerfristigen Festhypotheken gegenüber SARON-Hypotheken. Da an den Zinsmärkten aktuell auf Jahressicht ein SNB-Leitzins nahe Null und damit weitere Senkungen eingepreist sind, haben die Finanzierungskonditionen für längerfristige Festhypotheken bereits im Vorfeld des SNB-Entscheids neue zyklische Tiefstwerte erreicht. Damit gibt es, ohne Negativzinsen, am langen Ende nicht mehr viel Abwärtspotenzial. Geht die SNB hingegen weniger weit als erwartet mit den Zinsen nach unten, dürften die Festhypotheken im nächsten Jahr sogar wieder etwas mehr kosten.

Das Ende der Negativzinsphase hat in den letzten beiden Jahren die Erschwinglichkeit von Wohneigentum verschlechtert und die Immobiliennachfrage reduziert. Der Aufwärtstrend bei den Immobilienpreisen hat sich damit abgeschwächt. Die zunehmende Knappheit an Wohnraum hat allerdings einen Preisrückgang verhindert. Aktuell lässt sich parallel zu den Zinssenkungen wieder eine Belebung der Nachfrage nach Wohneigentum feststellen. Mit den mittlerweile deutlich günstigeren Finanzierungskonditionen dürfte das Immobilienpreiswachstum auch wieder mehr Fahrt aufnehmen.

Mit einer längeren Zinsbindung fährt man aktuell aufgrund der gestiegenen Zinssenkungserwartungen für die SNB besser als mit einer SARON-Hypothek. Längerfristige Festhypotheken machen derzeit vor allem dann Sinn, wenn man von einer baldigen Konjunkturerholung und einem begrenzten Zinssenkungsbedarf für die Nationalbank und die anderen Notenbanken ausgeht. Auch wenn man eine fixe Kalkulationsgrundlage bevorzugt, bietet sich eine mehrjährige Festhypothek an. Kürzere Laufzeiten sind hingegen vorteilhafter, wenn man von einer ausgeprägten Konjunkturschwäche ausgeht, einhergehend mit nochmals stärker als erwarteten Zinssenkungen. In unserem Basisszenario sehen wir die Finanzierungskosten über die Laufzeiten hinweg allerdings nicht sehr weit voneinander abweichen.

(cash/Reuters)