Zehnjährige Staatsanleihen in den USA, Deutschland oder Japan rentieren so hoch wie seit zehn Jahren nicht mehr. In den USA beträgt die Rendite der zehnjährigen "T-Bonds" fast 5 Prozent. Das macht die Anleihen mittlerweile zu echten Konkurrenten für Aktien mit hohen Dividenden. Diese waren bei Anlegerinnen und Anlegern wegen des jahrelangen Tiefzinsniveaus eine äusserst willkommene Bond-Alternative.

Für die Bank Vontobel bleiben aber gerade die Schweizer Dividenden-Aktien attraktiv. Denn die Rendite der zehnjährigen Staatsanleihe der Eidgenossenschaft notiert derzeit bei 1,05 Prozent. Im gesamten Swiss Performance Index (SPI) wird die Dividendenrendite durchschnittlich rund 3,2 Prozent geschätzt. Die Differenz zwischen der Dividendenrendite der SPI-Aktien und der Rendite zehnjähriger Schweizer Staatsanleihen hat sich laut den Aktien-Analysten von Vontobel seit März sogar um weitere 30 Basispunkte vergrössert.

Der Anstieg der Dividendenausschüttungen der letzten Jahre dürfte sich fortsetzen. Vontobel rechnet für die Auszahlungen im Geschäftsjahr 2023 aufgrund der Cash-Flow-Prognosen mit einem neuen Rekord bei der Gesamtdividende der Unternehmen im SPI.

Bereits die im Jahr 2022 gezahlten Dividenden übertrafen die ursprünglichen Erwartungen und lieferten eine unerwartete positive Überraschung, heisst es in der Vontobel-Studie zu Schweizer Dividenden, die zweimal pro Jahr veröffentlicht wird. Ein weiterer Pluspunkt der hiesigen Aktien mit hohen Ausschüttungen sei die hohe Vorhersagbarkeit der Renditen bei so genannten Dividenden-Aristokraten.

Was ist ein Dividenden-Aristokrat?

Im angelsächsischen Bereich ist ein Dividenden-Aristokrat ein Unternehmen, das seine Dividenden seit mindestens 25 Jahren erhöhen konnte. Laut Vontobel-Definition sind Aristokraten Firmen, welche ihre Dividende pro Aktie in jedem der letzten zehn Jahre steigerte. In der Schweiz gehören laut Vontobel 15 Firmen zu diesem Club.

Darunter haben drei Firmen im Frühjahr 2023 ihre Ausschüttungen stärker erhöht als vom Markt erwartet. Dies sind der IT-Distributor Also, der Nahrungsmittelhersteller Orior und der Vermögensverwalter Partners Group.

Bei Partners Group wird die Steigerung der Dividenden über die Jahre besonders deutlich. Noch im Jahr 2012 zahlte der Private-Equity-Spezialist 6,25 Franken pro Aktie an die Firmeneigner. Im Jahr 2017 waren es bereits 19 Franken, 2022 dann 37 Franken. Nur zwei der 15 Aristokraten - Interroll und Temenos - hätten in diesem Jahr mit dem Umfang der Dividendenankündigung enttäuscht. Die Ausschüttungen lagen aber trotzdem über dem Niveau des Vorjahres.

Zwei der 15 Aristokraten - der Arbeitsvermittler Adecco und der Warenprüfkonzern SGS - haben laut Vontobel eine “progressivere” Dividendenpolitik versprochen, das heisst stabilere und steigende Ausschüttungen. In der Tabelle unten wird ersichtlich, dass der Versicherer Swiss Life derzeit nicht nur die höchste geschätzte Dividendenrendite für 2024 unter den 15 Aristokraten-Aktien hat (knapp 6 Prozent), sondern auch das stärkste Dividendenwachstum in den letzten zehn Jahren.

15 Schweizer Aktien und ihr Dividendenwachstum in den letzten Jahren (Quelle: Vontobel Equity Research)

15 Schweizer Aktien und ihr Dividendenwachstum in den letzten Jahren (Quelle: Vontobel Equity Research)

Quelle: ZVG

Ein fast gleich hohes Wachstum wie Swiss Life weisen Partners Group auf, gefolgt von Logitech, Interroll, Also und Sika. Die vier letztgenannten Aktien haben allerdings eine tiefe Rendite.

Das Beispiel des Technologiekonzerns OC Oerlikon zeigt laut Vontobel exemplarisch, wie sehr eine Dividendenrendite auf den ersten Blick täuschen kann. Die Rendite bei Oerlikon beträgt etwa 9,3 Prozent für 2023. Dies ist aber das Resultat eines Kurszerfalls der Aktie. Der Titel hat seit Jahresbeginn 37 Prozent seines Wertes verloren.

Letztlich könne eine schlechtere Geschäftsentwicklung auch zu einer Kürzung oder Aussetzung der Dividende führen, so Vontobel. "Von den Dividenden-Aristokraten sind aus unserer Sicht stabilere Dividenden zu erwarten”, sind die Analysten überzeugt.

Auch die beiden Pharmagiganten Novartis und Roche sind Vontobel-Berechnungen zufolge Schweizer Dividenden-Aristokraten. Roche hat sogar in den letzten 31 Jahren die Dividende kontinuierlich erhöht. Dennoch ist es für Roche noch ein weiter Weg zu den so genannten Dividenden-Königen.

Diese Unternehmen haben in den letzten mindestens 50 Jahren ununterbrochen ihre Dividenden erhöht. Es ist der wahre Elite-Klub der Dividendenzahler. In Europa findet sich kein Dividenden-König. In den USA sind es nebst anderen Johnson & Johnson, Procter & Gamble oder Coca Cola.

 

Daniel Hügli
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