Plus 78 Prozent ist die Bilanz 2023 bei Ypsomed, dem Medizinaltechnik-Unternehmen aus Burgdorf - das ist der fünftbeste Wert im Swiss Performance Index (SPI) in diesem Jahr. Damit erklimmt der Titel immer neue Rekordhöhen und lässt viele Aktionäre die Durststrecke zwischen 2017 und 2022 vergessen. Ypsomed verzeichnet nun ein starkes Wachstum bei seinen Pens und Autoinjektoren.

Die Bewertung ist mittlerweile wie der Aktienkurs erhöht: Das Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt für 2024 bei doch stolzen 41. "Schon einiges ist aber im Aktienkurs eingepreist. Ypsomed kommt aus einer Turnaround-Phase. Jetzt können sie die Früchte ernten", sagt Sibylle Bischofberger, Analystin bei der Bank Vontobel, gegenüber cash.ch. Die Enttäuschung über das Ende der Kooperation mit Eli Lilly hat sich gelegt.

Ypsomed wollte Ende 2022 mit Eli Lilly das Produkt Ypsopump in den USA vermarkten, doch Eli Lilly entschied sich schliesslich, sich auf das eigene Medikamentenportfolio zu fokussieren, womit die Partnerschaft mit Eli Lilly obsolet wurde. Ypsomed musste als Konsequenz Entwicklungskosten abschreiben.

Auch Urs Kunz, Analyst bei Research Partners, verortet den starken Kursanstieg von Ypsomed beim Injektoren-Wachstum. Im ersten Halbjahr stieg der Umsatz der fortgeführten Geschäftsbereiche um 24,1 Prozent auf 255,4 Millionen. Das Betriebsergebnis (EBIT) hat das Unternehmen auf 39,9 Millionen Franken nahezu verdoppelt. Der Reingewinn kletterte unterstützt von einer tiefen Steuerrate auf 36,6 Millionen sogar noch stärker nach oben.

“Die Ebit-Marge von 40 Prozent stimmt Investoren euphorisch”, so Kunz. Investoren hätten zudem grosses Vertrauen in die Teppichetage der Firma. Damit ist auch CEO Simon MIchel gemeint, der im Herbst für die FDP in den Nationalrat gewählt wurde. Er ist Sohn von Gründer und Hauptaktionär Willy Michel, der als Präsident von Yposmed amtiert.

Ypsomed ist ein Gewinner des Abnehm-Medikamente-Booms, da ein Liefervertrag für grosse Mengen an Autoinjektoren mit Novo Nordisk abgeschlossen wurde. Bei der Zulassung des Medikaments entsteht eine gewisse Abhängigkeit von Novo Nordisk, da das Medikament nur zusammen mit dem Autoinjektor verkauft werden kann. Bischofberger schätzt die Ebit-Marge der Autoinjektoren auf durchschnittlich 40 Prozent.

Es ist sicherlich ein Fähigkeitsausweis für Ypsomed, Novo Nordisk als Kunden zu gewinnen. Dies führt einerseits zu einem grösseren Investorenvertrauen, andererseits ist es grosse Eigenwerbung bei der Akquise weiterer grosser Namen im internationalen Pharmageschäft.

Fässer ohne Boden

“Die zweite Cashcow von Ypsomed sind die Pens, wo eine Ebit-Marge von über 30 Prozent erzielt wird”, so Bischofberger. Allerdings gibt es auch Schattenseiten: Bei den Insulinpumpen resultierte letztes Jahr ein Verlust von ungefähr 50 Millionen Franken. Seit 2016 fährt man dort Verluste ein, 2024 soll jetzt der Break-even erfolgen.

“Hauptaktionär Michel will das Pumpengeschäft neu aufbauen, nachdem er dieses 2003 an Roche verkauft hatte. Es ist ein Teil der Firmengeschichte”, sagt Bischofberger.  Die Markteinführung einer Insulinpumpe koste viel und sei schwierig für eine kleine Gesellschaft. Würde Ypsomed auf das Geschäft mit Insulinpumpen, Blutzucker-Messgeräten und Nadeln verzichten, hätte man nur noch Stars im Portfolio.

Immerhin gibt es jetzt Fortschritte bei den Verkäufen bei den Insulinpumpen, argumentiert Kunz. Der Analyst von Research Partners, der mit einem Kursziel von 330 Franken unterwegs ist, sagt, dass einiges eingepreist ist. Doch wenn die Pumpen Potenzial haben, wie es die Firma selbst sieht, könnte sehr wohl mehr drin liegen. Und: “Novo Nordisk ist noch nicht wirklich im Kursziel eskomptiert.”

Es kann sich langfristig also immer noch auszahlen, nach dem starken Kursanstieg auf Ypsomed zu setzen, - insbesondere wenn weitere grosse Partnerschaften abgeschlossen werden und das Pumpengeschäft endlich nicht bremst, sondern Rendite bringt. Aber der Titel bleibt ein mit Risiken behafteter Wachstumswert, der im Kursverlauf sehr volatil sein kann. 

ManuelBoeck
Manuel BoeckMehr erfahren