Während die weltweit grösste Kryptowährung Bitcoin seit Jahresbeginn 63 Prozent hinzugewonnen hat, ist das Kursplus beim Rivalen Ether mit 320 Prozent deutlich höher. Grund: Als Blockchain verfügt Etherum und damit die interne Kryptowährung Ether gegenüber Bitcoin über einen entscheidenden Vorteil. Über die Etherum-Blockchain können dezentralisierte Finanzprodukte - auch DeFi genannt - angeboten werden. Die Bitcoin-Blockchain unterstützt hingegen einzig die Kryptowährung, die eine Alternative zu klassischen Währungen ist. Bitcoin ist sozusagen das Konzept, Ethereum die praktische Anwendung.
Die Etherum-Plattform verfügt daher einen viel reelleren Mehrwert gegenüber Bitcoin. Es ist nicht nur ein interessantes Netzwerk für Entwickler, nicht nur eine Alternative zu den Fiat-Währungen, sondern könnte in der nahen Zukunft eine bedeutende Rolle im weltweiten Finanzsystem einnehmen.
Denn intelligente Verträge ermöglichen auf Etherum die Durchführung vertrauenswürdiger Transaktionen und Vereinbarungen zwischen verschiedenen Parteien. Diese digitalen Verträge sind durchaus mit klassischen Verträgen vergleichbar - beispielsweise mit einem Kaufvertrag oder dem Abschluss einer Versicherungspolice. Und selbst die Kreditvergabe und -aufnahme, der Handel mit festverzinslichen Wertpapieren oder Hochzinsanleihen ist möglich.
Stromverbrauch als gewichtiges Kriterium
Ebenso steht ein regelrechter "Game-Changer" bevor: Der Umstieg auf Ethereum 2.0. Laut Planung wird das Etherum-Netzwerk zukünftig - vermutlich 2022 - vom Proof-Of-Work (PoW) Konsensverfahren in das Proof-Of-Stake (PoS) Konsensverfahren übergehen, was bedeutende Vorteile für die Skalierbarkeit des Netzwerks mit sich bringen soll. Und die Skalierbarkeit ist notwendig, soll doch das Finanzsystem umgewälzt werden.
Beim klassischen PoW, das auch Bitcoin verwendet, ist die Belohnung, dass der Miner nach erfolgreicher Generierung eines neuen Blocks neue Coins für die Blockchain erzeugen darf. Bei Proof of Stake hingegen verdient sich derjenige, der einen neuen Block validiert, eine zuvor festgelegte Transaktionsgebühr.
Nach dem Umstieg wird das Ethereum-Netzwerk zukünftig in der Lage sein, intelligente Verträge über das PoS-Verfahren zu betreiben, wodurch energie- und zeitaufwändiges Mining gänzlich entfällt. Der Stromverbrauch der zugehörigen Blockchain könnte damit um bis zu 99 Prozent gesenkt werden. In einer Zeit, wo Nachhaltigkeit ein Anlagekriterium ist, kommt Bitcoin mit seiner Energiebilanz damit zwangsläufig ins Hintertreffen.
Ein wichtiger Schritt hin zum PoS ist am 5. August erfolgt. Mit dem sogenannten London-Hard-Fork-Upgrade wurde die Ethereum-Blockchain langfristig deflationärer gestaltet. Es wurde eine neue Gebührenstruktur eingeführt, so dass bei jeder Transaktion Ether verbrannt werden. Dies dürfte sich langfristig positiv auf den Ether-Kurs auswirken.
Institutionelle Investoren bevorzugen zunehmend Ether
Die Vorteile von Ether gegenüber Bitcoin haben auch institutionelle Investoren erkannt und zeigt sich auch bei den Kryptofonds. Während Ether-Fonds auch während des Kursrücksetzers beständig Zuflüsse aufwiesen, mussten Bitcoin-Fonds abflüsse verzeichnen.
Diese Dynamik wirft die berechtigte Frage auf, wann das sogenannte "flipping" stattfinden wird. Damit ist der Zeitpunkt gemeint, wenn Ether Bitcoin als weltweit grösste Kryptowährung ablösen wird.
Aktuell kommt Bitcoin auf eine Marktkapitalisierung von 886 Milliarden Dollar, Ether auf 364 Milliarden Dollar.