Die auf mehrere Jahre angelegte Umstrukturierung der Credit Suisse, die von einem neuen saudischen Finanzier mitfinanziert wird, ist ein wichtiger Schritt weg vom Versuch, sich mit den grössten Wall-Street-Akteuren zu messen. Dennoch äusserten Analysten und Anleger die Sorge, dass einige der wichtigsten Massnahmen noch eine Weile auf sich warten lassen werden. Einige bezweifelten, dass die Massnahmen weit genug gehen.

"Wir hatten auf radikalere Einschnitte gehofft", sagte Stefan Stalmann, ein Analyst von Autonomous Research. Kian Abouhossein von JPMorgan schloss sich dieser Meinung an und sagte, er habe "auf eine stärkere Schrumpfung der Investmentbank gehofft". Der Plan sei komplexer als vergleichbare Umbauten bei der Deutschen Bank und der UBS

Abuhossein senkt das Kursziel für Credit Suisse auf 5,50 von 6 Franken. Die Einstufung lautet weiterhin "Neutral". Die Aktien seien auf ihren "Boden" von etwa 4 Franken zurückgekehrt, schreInvestmentbankter. Die Gründe dafür seien eine Mischung aus einer relativ komplexen Umstrukturierung der Investmentbank, keiner klaren Prognose für von Eigenkapitalrendite und Gewinn der neuen Investmentbank nach der Umstrukturierung und vor allem einer Kapitalerhöhung mit hohem Verwässerungseffekt. Damit die Bank den Wert ihres Kerngeschäfts freisetzen könne, müsse sie ihre Strategie umsetzen und werde damit zu einer "Show me"- Aktie.

Grösster Tagesverlust seit jeher

Angesichts der Verwässerung des Aktienkapitals der Credit Suisse durch eine bevorstehende Kapitalerhöhung sowie der Aussicht auf nur "nominelle" Dividenden bis 2025 stürzten die Aktien um 19 Prozent ab und verzeichneten damit den grössten Tagesverlust aller Zeiten. Im frühen Freitagshandel steigt der Kurs allrerings um 2 Prozent und verbucht damit die stärksten Gewinne unter den 20 SMI-Titeln.

Dass etwas Dramatisches nötig war, zeigt sich am Ausmass des Absturzes der Bank. Einschliesslich des Quartalsverlusts von 4 Milliarden Franken macht der Abgang im laufenden Jahr die Gewinne des gesamten letzten Jahrzehnts zunichte. Der Börsenwert fiel im Oktober auf um die 10 Milliarden Franken, nachdem er vor weniger als fünf Jahren noch fast 50 Milliarden Franken betragen hatte.

Darum will sich das kriselnde Geldhaus wieder auf das Wealth Management und das Schweizer Bankgeschäft konzentrieren. Die komplexe Umstrukturierung, die von Chief Executive Officer Ulrich Körner und Verwaltungsratschef Axel Lehmann erarbeitet wurde, beinhaltet eine von der saudischen Bank SNB unterstützte Kapitalerhöhung in Höhe von 4 Milliarden Franken, einen Personalabbau von 17 Prozent und die Zerschlagung der Investmentbanking-Sparte.

Doch die Kosten für den Umbau sind hoch, und die traditionsreiche Bank verlangt ihren Aktionären eine lange Wartezeit für eine geringe Rendite ab.

Die Kapitalerhöhung, die etwa einem Drittel des Marktwerts der Credit Suisse entspricht, zeigt den Grad der Verzweiflung. Die Geschäftsleitung wollte die Ausgabe neuer Aktien eigentlich vermeiden, da die Anteilsscheine in der Nähe von Rekordtiefs handeln. Doch die Abflüsse von Wealth-Management-Kunden zwangen sie dazu.

Plan der Eigenkapitalrendite «dürftig»

Analysten äusserten sich enttäuscht über das Ziel, die Eigenkapitalrendite der Gruppe bis 2025 auf 6 Prozent zu steigern. Andrew Coombs von der Citigroup bezeichnete es als "dürftig". Die Deutsche Bank, die 2019 eine verblüffend ähnliche Umstrukturierung in Angriff genommen hatte, strebt für dieses Jahr mehr an.

Etwas gnädiger formuliert es die DZ Bank:  Die kommunizierten Umbaupläne seien deutlich tiefgreifender als erwartet ausgefallen, heisst es im Kommentar. Wichtige Schwächen der Bank seien erkannt. Doch stehe die CS vor einem deutlichen Rückgang der Profitabilität. Zudem sehen die DZ-Analysten auch grosse Umsetzungsrisiken beim Umbau. DZ Bank senkt das Kursziel für die CS von 4,20 auf 3,20 Franken und hält an einer Verkaufsempfehlung fest.

(cash/AWP/Bloomberg)