Lindt & Sprüngli ist mit der eigenen Dubai-Schokolade einmal mehr ein Marketing-Coup gelungen. Am Hauptsitz in Kilchberg ZH standen Schoggi-Liebhaber vor einigen Wochen Schlange, um eine der (bewusst) limitierten Tafeln zu ergattern.
Weniger beliebt sind Unternehmensanteile des Schokoladenkonzerns – zumindest beim eigenen Management. Daten der Schweizer Börse SIX zeigen: 2024 veräusserten Mitglieder von Geschäftsleitung (GL) und Verwaltungsrat (VR) Namensaktien und Partizipationsscheine (stimmrechtslose Aktien) im Wert von 122 Millionen Franken.
Was sind die Gründe für den Ausverkauf bei Lindt & Sprüngli? Glauben die Verantwortlichen nicht mehr an ihr eigenes Unternehmen?
Die Medienstelle geht auf die Vertrauensfrage nicht ein. Stattdessen werden die Transaktionen mit dem «Optionsprogramm für Mitarbeitende» erklärt, die Teil des Vergütungsmodells seien. «Aufgrund des kontinuierlich guten Kursverlaufs der Lindt-&-Sprüngli-Partizipationsscheine an der Börse ist es verständlich, dass Verwaltungsrat und Management von der Ausübung der Optionsrechte Gebrauch machen», schreibt ein Sprecher.
Diese Begründung ist nur teilweise nachvollziehbar. Zwar hat sich der Kurs der Lindt-Namensaktien und -Partizipationsscheine in den vergangenen Jahrzehnten tatsächlich herausragend entwickelt, deutlich besser als andere Titel der Lebensmittelindustrie. Seit drei Jahren ist die Performance jedoch überschaubar: Ende 2021 kostete ein Lindt-Partizipationsschein 12'630 Franken, Ende 2024 noch 10'070.
Wäre das Lindt-Management der Überzeugung, dass der Aktienkurs ihres Unternehmens in den kommenden Monaten und Jahren wieder deutlich steigen wird, hätten sie die zugeteilten Optionen ausüben und die erhaltenen Partizipationsscheine behalten können.
«Geringes Potenzial für Höherbewertung»
Aus dem Umfeld des Managements ist zu hören, dass die Lindt-Kader die Aktien teilweise verkaufen, um Steuern zu bezahlen – und um Risiken zu verteilen.
Andreas von Arx, Analyst bei der Baader Bank, kann das «aus Diversifikationssicht» nachvollziehen: «Die Aktien und Partizipationsscheine von Lindt sind eher teuer und haben im Vergleich zu anderen Titeln ein eher geringes Potenzial auf baldige Höherbewertung.»
Zum einen hätten es Lebensmittelkonzerne im derzeitigen Konsumentenumfeld generell nicht leicht, zum anderen drücke bei Lindt der hohe Kakaopreis auf das Geschäft. Von Arx: «Angesichts dessen finde ich es verständlich, wenn Insider ihr Vermögen diversifizieren.»
Bereits im Vorjahr verkauften die Spitzenkader von Lindt Partizipationsscheine im Wert von 87 Millionen Franken. Damals ging fast die Hälfte der Transaktionen auf das Konto von Verwaltungsratspräsident Ernst Tanner (78), wie der Geschäftsbericht 2023 zeigt.
Der Schokoladenkönig, der das Unternehmen seit Jahrzehnten prägt, liess damals auf Nachfrage von Blick verlauten, dass es für seine Verkäufe zwei Gründe gebe: erstens die Rückzahlung bestehender Hypotheken, zweitens Investitionen in Immobilien.
Nicht nur Tanner hat verkauft
Trotz dieser Verkäufe verfügte Tanner Ende 2023 noch immer über deutlich mehr Namensaktien und Partizipationsscheine als alle anderen Mitglieder von GL und VR zusammen. Der Schluss liegt deshalb nahe, dass der Patron auch im abgelaufenen Jahr für einen Grossteil der Verkäufe verantwortlich war. Ob das tatsächlich zutrifft, wird der Geschäftsbericht 2024 zeigen, der in zwei Monaten publiziert wird.
Was hingegen jetzt schon feststeht: Tanner war für den Ausverkauf nicht allein verantwortlich. 21 der 122 Millionen Franken teuren Werte wurden gemäss SIX-Statistik von «nicht exekutiven Verwaltungsratsmitgliedern» abgegeben, was Tanner als einzigen «exekutiven Verwaltungsrat» genauso ausschliesst wie die «Mitglieder der Geschäftsleitung».
Dieser Artikel erschien zuerst im Blick unter dem Titel: "Lindt-Chefs verkaufen für 122 Mio Franken eigene Firmenanteile"
1 Kommentar
Herr Tanner braucht Liquidität weil er bekanntlich viel Geld beim Sigmaskandal / Betrug durch Bensko verloren hat.