Diese Massnahmen sollen die Schweizer Löhne bei einem allfälligen Inkrafttreten der ausgehandelten Verträge mit der EU schützen. Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu:
Worum geht es?
Insbesondere die Gewerkschaften befürchteten mit der allfälligen Erweiterung der bilateralen Abkommen mit der EU einen erhöhten Druck auf die Schweizer Löhne. Um dem entgegenzuwirken, führten die Sozialpartner und die Kantone unter der Leitung des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) seit Dezember 2022 Gespräche über Massnahmen zur inländischen Absicherung des Lohnschutzniveaus.
Wer nahm an den Gesprächen teil?
Die Gespräche wurden mit den Dachverbänden der Sozialpartner geführt. Das sind arbeitgeberseitig der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV) und der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) und arbeitnehmerseitig der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) und Travail Suisse. Von den Kantonen nahmen Vertretende der Konferenz der Kantonsregierungen (KDK) sowie der Konferenz kantonaler Volkswirtschaftsdirektorinnen und -direktoren (VDK) teil.
Was ergaben die Gespräche?
Die Sozialpartner und die Kantone einigten sich im Februar in einer «gemeinsamen Verständigung» auf Massnahmen zum Lohnschutz. Der Bundesrat schlug in der Folge darauf basierend 13 Massnahmen vor. Nun hat er dieses Paket beschlossen - und eine weitere Massnahme hinzugefügt.
In welchen Bereichen greifen die Massnahmen?
Die Massnahmen der gemeinsamen Verständigung teilte der Bundesrat in drei Kategorien auf: Massnahmen, um Zugeständnisse zu kompensieren; Massnahmen, um die Dienstleistungssperre zu sichern; und Massnahmen zum Schutz des Schweizer Spesenniveaus.
Welche Zugeständnisse müssen kompensiert werden?
Bei den Verhandlungen hat die Schweiz eingewilligt, die Voranmeldefrist für grenzüberschreitende Dienstleistungserbringer von acht Kalendertagen auf vier Arbeitstage zu reduzieren. Weiter kann eine Kaution nur noch verlangt werden, wenn beim letzten Einsatz ein Verstoss festgestellt wurde. In diesem Bereich seien insgesamt acht Massnahmen vorgesehen, schreibt der Bundesrat. Sie sollen bezwecken, dass die Meldungen von Dienstleistungserbringern aus dem EU-Raum schneller an die Kontrollorgane gelangen, sie sollen die Kontrollen zur Einhaltung der Lohn- und Arbeitsbedingungen erleichtern und die Prävention zur Verhinderung von Missbräuchen stärken.
Wie soll die Dienstleistungssperre gesichert werden?
Dafür beschloss der Bundesrat zwei Massnahmen: die Beibehaltung der bisherigen Regelung zur Dienstleistungssperre im Entsendegesetz und die Teilnahme am Binnenmarktinformationssystem der EU. Allgemein hält der Bundesrat fest, dass die Sperren ein wichtiges Element im Vollzug des Entsendegesetzes seien. Im Jahr 2023 sei es über 600 Mal angewendet worden. Es bestehe die Befürchtung, dass dieses Element seitens der EU unter Druck geraten könnte.
Welche Massnahmen werden im Bereich der Spesen getroffen?
Der Schweiz wurde bei der Spesenregelung von der EU in den Verhandlungen keine Ausnahme gewährt. Das bedeutet, dass das Prinzip «gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort» lediglich für den Lohn, aber nicht für die Spesen gilt. Als Massnahme dagegen sollen die Schweizer Spesen im Schweizer Recht sichergestellt werden.
Welche weiteren Massnahmen gibt es?
Der Bundesrat verfolgt mit zwei Massnahmen das Ziel, die sozialpartnerschaftlichen Strukturen beim Lohnschutz zu sichern, wie er schreibt. Dafür sollen die bereits heute als allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträge gesichert und ein verbesserter Rechtsschutz für inländische Betriebe, die einem allgemeinverbindlich erklärten GAV unterstellt werden sollen, geschaffen werden.
Was ist die neue Massnahme des Bundesrats?
Er schlägt einen verbesserten Kündigungsschutz für gewählte Arbeitnehmervertreterinnen und -vertreter, für Mitglieder eines Organs einer Personalvorsorgeeinrichtung und für Mitglieder nationaler Branchenvorstände vor, die im Rahmen eines allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsvertrages tätig sind.
Wie geht es weiter?
Die beschlossenen Massnahmen fliessen in die Vernehmlassungsvorlage zum Paket Schweiz-EU ein. Diese wird vor der Sommerpause 2025 erwartet.
Ab wann sollen die neuen Regeln gültig sein?
Laut dem Bundesrat wurde mit der EU vereinbart, dass das Verhandlungsergebnis beim Lohnschutz und die Übernahme des EU-Entsenderechts drei Jahre nach Inkrafttreten des angepassten Freizügigkeitsabkommens umgesetzt werden. Die Aktualisierung des Abkommens bedingt die Zustimmung des Bundesrats, der eidgenössischen Räte und allenfalls des Schweizer Stimmvolks. Auch auf EU-Seite müssen die Gesetzesgeber dem Vertrag zustimmen.
(AWP/cash)