Der Verband der Automobilindustrie (VDA) etwa rechnet für dieses Jahr mit einem Einbruch der Neuzulassungen von E-Autos um 14 Prozent auf 451'000 Fahrzeuge. Es wäre der erste Rückgang, seit das Kraftfahrtbundesamt 2012 erstmals Elektroautos zählte. Hauptgrund sei der plötzliche Wegfall der staatlichen Kaufprämie, erklärte VDA-Chefvolkswirt Manuel Kallweit am Dienstag in Berlin. «Gleichzeitig sind wir in gesamtwirtschaftlich schwierigem Fahrwasser.»

Die höheren Zinsen verteuern die Finanzierung von Neuwagen, Leasingraten steigen. In der Folge halten sich die Verbraucher mit Neuanschaffungen zurück. Und wenn sie ein Auto kaufen, dann meist einen Verbrenner, der derzeit noch deutlich günstiger zu haben ist als ein vergleichbares E-Auto. Mit Rabatten versuchen viele Hersteller, die Nachfrage anzukurbeln - auch aus regulatorischen Gründen: Um die CO2-Grenzwerte für ihre Flotten einzuhalten, sind sie auf den Verkauf der Elektroautos angewiesen. Bis 2030 wollen die europäischen Hersteller überwiegend E-Autos verkaufen, denn ab 2035 soll in der Europäischen Union kein Neuwagen mit Benzin- oder Dieselmotor mehr auf den Markt kommen. Der VDA erwartet für die Produktion von E-Autos in Deutschland 25 Prozent Zuwachs.

Auch in den USA tun sich Autoverkäufer schwer, klimafreundliche E-Autos loszuwerden. Das Wachstum habe sich abgeschwächt, das sorge für Unsicherheit, hiess es beim grössten US-Autokonzern General Motors. Im vergangenen Jahr waren nur rund 76'000 der 2,6 Millionen in den USA verkauften Wagen von GM reine Stromer. Produktionspläne wurden wie auch beim Konkurrenten Ford gestutzt. «Wir wissen, dass der E-Automarkt nicht linear wachsen wird», sagte GM-Finanzchef Paul Jacobson. Der US-Marktführer könne flexibel zwischen Verbrenner- und Batterieantrieb in der Produktion wechseln. GM überraschte dank robuster Nachfrage nach konventionellen Autos mit einer optimistischen Prognose zum operativen Gewinn, der zwischen zwölf und 14 Milliarden Dollar im Gesamtjahr liegen soll. «Die Verbrenner-Maschine läuft wieder rund», erklärten die Analysten vom Investmentberater Evercore ISI.

Skepsis an der Börse

In der vergangenen Woche hatte Tesla-Chef Elon Musk die Anleger mit einem trüben Ausblick auf den US-Markt für E-Autos verschreckt. Es sei klar, dass der Hochlauf von Fahrzeugen mit Elektromotor langsamer gehe als früher erwartet, erklärt Tim Piechowski, Portfoliomanager bei ACR Alpine Capital Research. Lange Ladezeiten und schwindende Reichweite bei kaltem Wetter seien etwa Faktoren, die Verbraucher abschreckten.

Wegen trüber Aussichten lässt am Kapitalmarkt das Interesse an der Elektromobilität nach. Renault legte deshalb den Plan, seine E-Autosparte Ampere an die Börse zu bringen, auf Eis. Volkswagen bekräftigte unterdessen, Investoren seien an seiner Batteriesparte PowerCo interessiert, einen Börsengang schiebt der Wolfsburger Konzern aber weiter auf die lange Bank.

Startups kommen nicht mehr an frisches Geld. So gingen Lordstown Motors, Proterra und Volta Trucks bereits pleite. Arrival aus Grossbritannien flog kürzlich von der US-Börse Nasdaq. Die Volvo-Tochter Polestar baut 450 oder 15 Prozent ihrer Arbeitsplätze ab wegen des schwierigen Marktes. Die Abkühlung bekommen auch Zulieferer zu spüren - so sprudelte der Gewinn der grossen Batteriehersteller aus China CATL und BYD schon letztes Jahr nicht mehr so stark wie zuvor. Der grösste Lieferant des Batterierohstoffs Lithium, Albemarle, baut wegen sinkender Preise vier Prozent seiner Arbeitsplätze ab und reduziert Investitionen. VDA-Experte Kallweit bleibt dennoch zuversichtlich: Nach dem Rückgang in diesem Jahr werde es 2025 wieder aufwärts gehen.

(Reuters)