Die britische Wirtschaft ist im Sommer kaum noch gewachsen. Das Bruttoinlandsprodukt legte von Juli bis September um 0,1 Prozent im Vergleich zum Vorquartal zu, wie das Statistikamt ONS am Freitag mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten mit einem Plus von 0,2 Prozent gerechnet, nachdem es im Frühjahr noch zu einem Wachstum von 0,5 Prozent gereicht hatte. Zum Vergleich: Die deutsche Wirtschaft schaffte im Sommer ein Plus von 0,2 Prozent, die der Euro-Zone insgesamt sogar von 0,4 Prozent.
«Die Verbesserung des Wirtschaftswachstums steht im Mittelpunkt all meiner Bemühungen, und deshalb bin ich mit diesen Zahlen nicht zufrieden», reagierte Finanzministerin Rachel Reeves auf die Entwicklung.
«Jetzt werden wir durch Investitionen und Reformen für Wachstum sorgen, um mehr Arbeitsplätze zu schaffen und den Menschen mehr Geld in die Taschen zu spülen.» Premierminister Keir Starmer strebt ein jährliches Wachstum von 2,5 Prozent an – ein Tempo, das Grossbritannien seit der Finanzkrise 2008 nicht mehr regelmässig erreicht hat.
Im September allein schrumpfte die britische Wirtschaft um 0,1 Prozent zum Vormonat. Während die Dienstleister stagnierten, ging es für Industrie und Bau sogar bergab.
Die britische Zentralbank hat vergangene Woche ihre Wachstumsprognose für das laufende Jahr gesenkt, und zwar von 1,25 auf 1,0 Prozent. Die Bank of England prognostiziert zugleich ein besseres Abschneiden im kommenden Jahr. Sie hat vergangene Woche angesichts der nachlassenden Inflation ihren Leitzins zum zweiten Mal in diesem Jahr gesenkt - auf aktuell 4,75 Prozent.
Ein mögliches Konjunkturrisiko sind die vom designierten US-Präsidenten Donald Trump signalisierten hohen Importzölle. Der britische Notenbankchef Andrew Bailey sagte, man werde die Entwicklung «sehr genau beobachten». Trump hat einen allgemeinen Einfuhrzoll von zehn Prozent auf alle Waren aus dem Ausland angekündigt. Die Denkfabrik National Institute of Economic and Social Research schätzt, dass sich das britische Wirtschaftswachstum in diesem Fall halbieren könnte.
(Reuters)