An den Börsen wird der Start ins zweite Halbjahr von der politischen Unsicherheit in Frankreich überschattet. Wegen der womöglich mit einem Rechtsruck verbundenen Parlamentswahl in Frankreich gerät das Land am Kapitalmarkt verstärkt in den Fokus. Die Risikoprämie für französische Staatsanleihen stieg vor der ersten Runde der Parlamentswahlen am Sonntag auf den höchsten Stand seit der Eurokrise 2012.

Der Pariser Aktienmarkt sackte in der zu Ende gehenden Woche um rund zwei Prozent ab. Auch im Rest Europas hielten sich die Anleger überwiegend an der Seitenlinie. Dem Dax gelang noch ein Wochenplus von 0,6 Prozent bei einem Stand von 18.270 Punkten am Freitagnachmittag, obwohl manche Börsianer vor einer Schuldenkrise im Nachbarland Frankreich zittern. Meinungsumfragen deuten darauf hin, dass die extreme Rechte die meisten Sitze gewinnen wird. Eine Krise droht nach Einschätzung von Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen aber wohl allenfalls bei einem – eher unwahrscheinlichen – Sieg des Linksbündnisses, da der Staatshaushalt bei Umsetzung der Wahlversprechen noch mehr in Schieflage geraten werde. Doch egal wie die Wahl in Frankreich ausfällt, sie werde die Schwächen der Währungsunion deutlicher machen. Das endgültige Ergebnis wird erst nach einer Stichwahl am 7. Juli feststehen.

Aber auch der Schweizer Markt, gemessen am Swiss Markt Index (SMI) gibt am Freitag nach. Mit 11’993 Punkten oder einem Verlust von 0,09 Prozent geht der Leitindex aus dem Handel. Nach einem freundlichen Vormittag verliert er im Nachmittagshandel sämtliche Kursgewinne. 

Uneinheitliche Performance der SMI-Titel

So schlossen die Genussscheine des Konkurrenten Roche (-0,4 Prozent) schwächer, obwohl der Pharmakonzern über positive Zulassungsempfehlungen für zwei seiner Medikamente in der EU berichten konnte. Abgaben gab es auch bei Nestlé (-0,5 Prozent). Gesucht waren hingegen erneut die Aktien des Pharmakonzerns Novartis (+0,8 Prozent).

Gewinne gab es zudem für die Titel des PC-Zubehörherstellers Logitech (+0,6 Prozent) und für die Titel des Chipindustrie-Zulieferers VAT (+0,1 Prozent). Aufwärts ging es aber auch für die Titel des Schokoladeherstellers Lindt&Sprüngli (+0,6 Prozent) sowie für die Aktien des Pharmazulieferers Lonza (+0,7 Prozent).

Bei den Finanztiteln schlossen die Aktien der Grossbank UBS (+0,3 Prozent) leicht fester, während die Titel der Privatbank Julius Bär (-1,1 Prozent), die weiterhin auf der Suche nach einem CEO ist, deutlich nachgaben. Bei den Blue Chips legten die Aktien des Privatmarktspezialisten Partners Group (+1,5 Prozent) am deutlichsten zu.

Die deutlichsten Verluste im SLI verzeichneten die Aktien des Aromen- und Duftstoffherstellers Givaudan (-2,1 Prozent). Die Analysten der Bank of America bestätigten am Freitag zwar ihre Einstufung «Neutral», räumten aber der Aktie des Konkurrenten Symrise mehr Aufwärtspotenzial ein.

Die Aktien des Zahnimplantateherstellers Straumann (-2,1 Prozent) wurden von einer Kurszielsenkung durch das Aktienresearch der UBS belastet. Die Experten der Schweizer Grossbank rechnen zwar auch in den kommenden Jahren mit einem raschen Wachstum des Basler Dentalunternehmens, dies sei aber in der aktuellen Bewertung angemessen berücksichtigt, hiess es.

Ebenfalls deutlich im Minus schlossen die Aktien von Swatch (-1,9 Prozent). Nach Goldman Sachs und UBS am Vortag senkte nun auch HSBC das Kursziel für die Titel des Uhrenkonzerns, die Experten der britischen Grossbank beliessen die Einstufung auf «Hold». Ebenfalls schwächer schlossen die Titel des Konkurrenten Richemont (-1,2 Prozent).

Deutlichere Abschläge mussten auch die Titel des Sanitärkonzerns Geberit (-1,2 Prozent) oder des Bauchemiekonzerns Sika (-1,1 Prozent) hinnehmen. Die am Vortag sehr schwachen Titel des Verpackungsspezialisten SIG (-0,4 Prozent) setzten ihren Abwärtstrend am Freitag etwas verlangsamt fort.
 

EU-Gegner Ungarn am Drücker und Wahlen in Grossbritannien

Unstimmigkeiten innerhalb Europas seien aber auch mit der anstehenden ungarischen Ratspräsidentschaft nicht unwahrscheinlich, sagt Helaba-Strategin Claudia Windt. Das Land verfolgt unter Staatschef Victor Orban eine gegen die EU gerichete Politik und übernimmt ab Montag turnusgemäss das Amt von Belgien. Rechtgerichtete Parteien, die bei den Europa-Wahlen gut abgeschnitten hatten, drängten auf mehr Einfluss. Das bedeute aber nicht das Ausrufen einer neuen europäischen Schuldenkrise, betont Windt. «Insofern sollte sich die Skepsis der Anleger in den kommenden beiden Wochen wieder etwas legen.»

Bei den Parlamentswahlen in Grossbritannien am Donnerstag zeichnet sich Experten zufolge ein Sieg der oppositionellen Labour-Partei ab. Dramatische Veränderungen in der Politik sind allerdings nicht zu erwarten. «Labour gibt sich politisch und wirtschaftspolitisch gemässigt und pragmatisch», sagt Helaba-Stratege Christian Apelt. «Die Konsequenzen für Konjunktur und Finanzmärkte dürften sich daher in Grenzen halten.»

Auch in den USA rückt das Thema Wahlen zunehmend in den Fokus. Die Chancen des Demokraten Joe Biden auf eine Wiederwahl sind nach dem TV-Duell mit dem republikanischen Herausforderer Donald Trump Beobachtern zufolge stark gesunken. «Damit dürfte ein Kandidatenwechsel für die Demokraten die einzig verbliebene Möglichkeit sein, sich aktiv bessere Chancen für den Wahlgang am 5. November zu erarbeiten», sagt Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank Donner & Reuschel. «Wichtig wäre allerdings, dass sie sich für den Posten des Vizepräsidenten einen ausgewiesenen Wirtschaftsexperten auswählen würden.»

Inflation in der Euro-Zone im Abwärtstrend und US-Jobsdaten

Wichtig für den Markt werden in der neuen Woche vor allem Konjunkturdaten sein. Auf die vorläufigen deutschen Inflationszahlen für Juni am Montag folgen tags darauf die für die Eurozone. «Die Inflationsdaten dürften in Deutschland trotz der Fussball-Europameisterschaft leicht gesunken sein», sagt Robert Greil, Chefstratege von Merck Finck. Für einige wenige Teilkategorien, wie etwa bei Dienstleistungen wie Pauschalreisen, dürfte das jedoch nicht gelten. «Grundsätzlich bleibt der Inflationstrend in Deutschland aber wie im Euroraum insgesamt abwärtsgerichtet, was der EZB im weiteren Jahresverlauf weitereren Leitzinssenkungsspielraum geben sollte.»

Signale, wie es um die Zinsaussichten in den USA bestellt ist, dürfte vor allem der US-Arbeitsmarktbericht am Freitag liefern. Von Reuters befragte Ökonomen erwarten, dass sich der Stellenaufbau ausserhalb der Landwirtschaft im Juni verlangsamt hat: Mit 180'000 Jobs dürften weit weniger Jobs entstanden sein als im Vormonat. Ein niedriger Jobaufbau ist im Sinne der Notenbank, die mit einer straffen geldpolitischen Linie die Inflation drücken und den heiss gelaufenen Jobmarkt abkühlen möchte. Am Mittwoch steht der ISM-Dienstleistungsindex auf der Agenda, zudem werden die Mitschriften der vergangenen US-Zinssitzung veröffentlicht. Am Donnerstag bleiben die US-Börsen wegen des Feiertages Independence Day geschlossen. 

(Reuters/AWP)